
Mit scharfer Kritik reagieren die FPÖ-Europaabgeordneten Georg Mayer und Elisabeth Dieringer auf die zuletzt bekannt gewordene Entscheidung der EU-Kommission, die Plattform X (ehemals Twitter) mit einer Strafe von 120 Millionen Euro zu belegen. Für Mayer und Dieringer ist klar: „Der Digital Services Act wird zunehmend zum politischen Werkzeug, um unliebsame, insbesondere konservative Informationsplattformen unter Druck zu setzen – während gravierende Gesetzesverstöße anderer Anbieter systematisch ignoriert werden.“
Während die Kommission X wegen angeblicher Transparenzverstöße verfolgt, bleiben chinesische Online-Giganten wie Shein oder Alibaba trotz massiver Probleme weitgehend unbehelligt. Beide Plattformen seien seit Jahren dafür bekannt, dass über sie verbotene Waffen, gefährliche Produkte oder sogar pädophil konnotierte Sexpuppen vertrieben werden. „Wenn der DSA wirklich dem Schutz der Bürger dienen soll, dann wäre genau hier konsequentes Durchgreifen notwendig. Doch ausgerechnet diese Fälle werden von der Kommission nicht verfolgt – ein unglaubliches Doppelspiel“, so Mayer.
Besonders kritisch sehen Mayer und Dieringer den politischen Kontext der aktuellen Entscheidung: „Die Strafe gegen X kommt genau in einer Phase, in der die Plattform eine der wenigen verbliebenen Räume für offene, nicht-linke Debatten ist. Dass die Kommission ausgerechnet hier Härte zeigt, während sie bei chinesischen Plattformen die Augen zudrückt, zeigt klar: Der DSA wird selektiv angewendet.“ Dieringer ergänzt dazu: „Meinungsfreiheit heißt nicht, dass Plattformen ohne Regeln agieren dürfen – aber diese Regeln müssen transparent, verhältnismäßig und politisch neutral angewendet werden, sonst verlieren sie ihre Legitimität.“
Auch die heftigen Reaktionen aus den USA – einschließlich der Kritik von US-Vizepräsident JD Vance, der die EU beschuldigt, amerikanische Unternehmen wegen fehlender ‚Zensurbereitschaft‘ zu bestrafen – bestätigen für Mayer die politische Dimension: „Europa riskiert mit dieser ideologisch motivierten Regulierungswut nicht nur seine Glaubwürdigkeit, sondern auch transatlantische Beziehungen.“
Mayer fordert daher eine umfassende Überprüfung der Anwendung des DSA: „Der DSA muss für alle gleich gelten – und zwar dort, wo echte Gefahren bestehen. Statt freie Meinungsäußerung auf konservativen Plattformen zu bekämpfen, soll die Kommission endlich gegen jene Online-Händler vorgehen, die nachweislich illegale und hochgefährliche Produkte in die EU bringen.“
Dieringer betont abschließend die Bedeutung politischer Neutralität: „Gerade in Wahlkampfzeiten ist es entscheidend, dass digitale Regeln nicht den Eindruck erwecken, unliebsame Stimmen zu benachteiligen. Ein glaubwürdiger DSA schützt Nutzer vor Manipulation – und schützt zugleich die offene Debatte.“
„Solange Brüssel hier zweierlei Maß anlegt, bleibt der DSA ein politisches Einschüchterungsinstrument und kein Instrument zum Schutz der Bürger“, so Mayer und Dieringer gemeinsam.
Elisabeth Dieringer ist Mitglied im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO), Ausschuss für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM), sowie stv. Mitglied im Ausschuss für Kultur und Politik (CULT).
MEP Mag. Dr. Georg Mayer M.B.L.-HSG ist Mitglied im Ausschuss für Petitionen (PETI) und stv. Mitglied im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE).
Freiheit unter Vorbehalt – Wie Brüssel den mündigen Bürger abschafft
Was sich derzeit unter dem wohlklingenden Etikett des „Digital Services Act“ vollzieht, ist kein technisches Aufräumprojekt für das Internet, sondern ein politischer Angriff auf einen Grundpfeiler unserer freiheitlichen Ordnung: die Meinungsfreiheit. Die Europäische Union behauptet, sie wolle die Demokratie schützen. Tatsächlich aber behandelt sie ihre Bürger zunehmend wie unmündige Untertanen, denen man den Zugang zu „gefährlichen“ Gedanken besser erspart.
Konservatives Staatsverständnis beruht auf Verantwortung, nicht auf Bevormundung. Der freiheitliche Rechtsstaat vertraut darauf, dass Bürger urteilsfähig sind – auch dann, wenn sie sich irren, provozieren oder widersprechen. Genau dieses Vertrauen fehlt der EU-Kommission. Stattdessen setzt sie auf Regulierung, Kontrolle und vorauseilende Bereinigung des öffentlichen Raums. Nicht der Rechtsbruch wird bekämpft, sondern das Risiko der Abweichung.
Der Digital Services Act zwingt Plattformen, Inhalte nicht nach Recht und Gesetz, sondern nach politisch definierten „Risiken“ zu filtern. Begriffe wie „Desinformation“ oder „Gefährdung des gesellschaftlichen Diskurses“ sind dabei so dehnbar, dass sie alles erfassen können, was nicht in den jeweiligen Zeitgeist passt. Wer Strafen fürchtet, löscht lieber zu viel als zu wenig. So entsteht keine freie Debatte, sondern ein genehmigter Meinungskorridor.
Besonders bedenklich ist, dass diese Eingriffe ohne richterliche Entscheidung erfolgen. Algorithmen und interne Moderationsteams übernehmen Aufgaben, die in einem Rechtsstaat unabhängigen Gerichten zustehen. Der Bürger darf sich im Nachhinein beschweren – wenn er den Weg durch digitale Beschwerdesysteme überhaupt findet. Freiheit auf Widerruf ist jedoch keine Freiheit.
Patriotismus bedeutet, die gewachsenen Prinzipien unserer politischen Ordnung zu verteidigen. Dazu gehört die Erkenntnis, dass eine Nation – und erst recht ein Staatenbund – nicht dadurch stark wird, dass er seinen Bürgern das Denken abnimmt. Eine Demokratie lebt vom Streit, nicht von der Kuratierung. Vom offenen Wort, nicht von administrativer Sprachpflege.
Wer heute glaubt, Meinungen regulieren zu müssen, um Stabilität zu sichern, wird morgen feststellen, dass er das Vertrauen verspielt hat, auf dem jede stabile Ordnung beruht. Europas Stärke lag nie in der Kontrolle, sondern in der Freiheit. Es wird Zeit, sich daran zu erinnern – bevor sie nur noch unter Vorbehalt gilt.
Juristisch begründete Gegenrede gegen die europäische Zensurarchitektur
1. Vorfrage: Zensur liegt nicht erst beim Verbot, sondern bei der Vorverlagerung
Die Europäische Union weist den Vorwurf der Zensur regelmäßig mit dem Hinweis zurück, es gebe „keine staatliche Vorabkontrolle“. Dieses Argument ist rechtlich verkürzt und dogmatisch unhaltbar.
Zensur beginnt nicht erst beim ausdrücklichen Verbot einer Meinung, sondern bereits dort, wo staatlicher Druck eine vorauseilende Inhaltsunterdrückung erzwingt.
Der Digital Services Act institutionalisiert genau diesen Mechanismus: Plattformen werden durch Haftungsrisiken, Bußgeldandrohungen und unbestimmte Rechtsbegriffe faktisch gezwungen, Inhalte präventiv zu entfernen. Dies stellt eine funktionale Vorzensur dar – ausgelagert, aber staatlich veranlasst.
> Grundrechte sind nicht disponibel durch Outsourcing.
2. Unbestimmte Rechtsbegriffe verletzen das Bestimmtheitsgebot
Begriffe wie
„Desinformation“
„systemische Risiken“
„Beeinträchtigung des gesellschaftlichen Diskurses“
„angemessene Risikominderungsmaßnahmen“
genügen nicht dem Bestimmtheitsgebot, das sowohl im Unionsrecht als auch in den Verfassungsordnungen der Mitgliedstaaten verankert ist.
Ein Gesetz, das Grundrechte einschränkt, muss:
vorhersehbar sein
klar definieren, welches Verhalten sanktioniert wird
eine willkürfreie Anwendung ermöglichen
Der DSA erfüllt diese Anforderungen nicht. Er schafft Rechtsunsicherheit mit Absicht, da nur Unschärfe den gewünschten Anpassungsdruck erzeugt.
3. Verletzung der Meinungsfreiheit (Art. 11 GRCh, Art. 10 EMRK)
Die Meinungsfreiheit schützt ausdrücklich:
auch falsche
auch provozierende
auch unbequeme
auch mehrheitswidrige Meinungen
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat wiederholt klargestellt, dass demokratische Gesellschaften Dissens aushalten müssen, insbesondere politischen Dissens.
Der DSA kehrt dieses Prinzip um:
Nicht mehr der Staat muss rechtfertigen, warum er eine Meinung einschränkt – sondern die Plattform muss rechtfertigen, warum sie sie zulässt.
Das ist eine Beweislastumkehr zulasten der Freiheit.
4. Keine Rechtsstaatlichkeit ohne Richtervorbehalt
Zentraler rechtsstaatlicher Mangel:
Inhaltsentfernungen erfolgen ohne vorherige richterliche Entscheidung.
Stattdessen:
Meldemechanismen
automatisierte Prüfungen
interne Trust-&-Safety-Teams
politisch definierte Risikoanalysen
Der Bürger erfährt die Sanktion oft erst nach der Löschung, mit eingeschränkten oder faktisch wirkungslosen Rechtsmitteln.
Ein System, in dem Meinungsfreiheit erst nachträglich „reklamiert“ werden darf, ist kein freiheitliches, sondern ein verwaltungsautoritäres Modell.
5. Der „Krisenmechanismus“ hebelt Grundrechte strukturell aus
Besonders gravierend ist der Krisenreaktionsmechanismus des DSA. Er erlaubt der Kommission, bei selbstdefinierten „außergewöhnlichen Umständen“ weitreichende Maßnahmen zu verlangen.
Rechtsdogmatisch problematisch:
keine klare zeitliche Begrenzung
keine exakte Definition der Krise
keine parlamentarische Zustimmungspflicht
Damit wird der Ausnahmezustand entformalisiert und in das Verwaltungsrecht integriert.
Grundrechte werden nicht aufgehoben, sondern bedingt abrufbar gemacht.
6. Gleichheitsverstoß und selektive Anwendung
Die faktische Ungleichbehandlung von Plattformen (z. B. harte Maßnahmen gegen X, Nachsicht gegenüber chinesischen Plattformen) verletzt das unionsrechtliche Gleichbehandlungsgebot.
Wenn Manipulation das Problem ist, muss sie unabhängig von Herkunft, Geopolitik oder ökonomischer Macht bekämpft werden.
Selektive Durchsetzung entlarvt den DSA als politisches Steuerungsinstrument, nicht als neutrales Regelwerk.
7. Demokratie lebt von Risiko, nicht von Kuratierung
Die Grundannahme des DSA lautet:
Der Bürger ist überfordert, anfällig, manipulierbar – und muss geschützt werden.
Diese Annahme ist demokratiefeindlich.
Eine Demokratie setzt nicht informierte Perfektion voraus, sondern die Freiheit, Irrtümer zu machen, Meinungen zu revidieren und Konflikte offen auszutragen.
Ein Staat, der Diskurse „sicher“ machen will, macht sie steril.
Und eine sterile Öffentlichkeit ist kein Schutzraum, sondern ein Machtinstrument.
Der Digital Services Act ist kein Zensurgesetz im klassischen Sinn.
Er ist gefährlicher: ein Zensurermöglichungsgesetz.
Er ersetzt das offene Verbot durch strukturellen Druck, den Richter durch den Algorithmus und die Debatte durch die Risikobewertung.
Damit verschiebt er die Grenze zwischen Freiheit und Kontrolle dauerhaft – leise, technisch und scheinbar wohlmeinend.
Rechtsstaatlichkeit aber lebt nicht von guten Absichten, sondern von klaren Grenzen der Macht.