Eines der sicherlich größten Probleme in der Strukturierung der EU ist, daß die Gewaltenteilung Justiz – Legislative – Exekutive hinten und vorne nicht funktioniert. Und als besonders gravierendes Beispiel dafür, kann man das jüngst bekannt gewordene Urteil des EuGH, laut dem die bloße Tatsache, Frau zu sein und eine afghanische Staatsbürgerschaft zu haben, ausreicht, um im EU-Raum automatisch Schutzstatus zu erlangen. Auf völlig absurde Vorgänge, wie die wiederholten Urlaubsreisen von afghanischen Asylanten in ihrem Heimatland wird erst gar nicht eingegangen. Trotz unzähliger Kriege hat sich die afghanische Bevölkerung seit den 1980ern verdreifacht und das Land weist eine der weltweit höchsten Geburtenraten auf. Die durch dieses Fehlurteil von einem auf den anderen Tag plötzlich asylberechtigten 21 Millionen Afghaninnen schon in wenigen Jahren 25 Millionen, vielleicht 30 Millionen sein könnten, wird nicht in Betracht gezogen.
Und daß – wie eingangs erwähnt – ein Gericht in die gesetzlichen Bestimmungen der Mitgliedsländer eingreift, ohne demokratische Legitimierung zu haben, bleibt ebenso unbeachtet.
Dazu einen Beitrag der Abgeordneten zum Europaparlament Elisabeth Dieringer:
Fatales Fehlurteil: Pauschales Asylrecht für Afghaninnen
Vor wenigen Tagen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH), der vom österreichischen Verwaltungsgerichtshof bezüglich der Lage von Frauen in Afghanistan angefragt worden war, zu deren Gunsten entschieden. Es ging darum, ob afghanische Frauen im Sinne des europäischen Asylrechts allein deshalb Verfolgte sind, weil ihre Lage in Afghanistan generell schlecht ist und zentrale Rechte verletzt werden. Die Antwort der EU-Richter war ein klares Ja. Sie entschieden, dass die Angabe von Geschlecht und Staatsangehörigkeit für afghanische Frauen ausreicht, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Weitere Aspekte individueller Verfolgung müssen sie somit nicht darlegen, der Asylgrund ist per se gegeben.
Die Entscheidung könnte weltfremder kaum sein. Weder wird sich dadurch die Lage von Frauen in Afghanistan verbessern noch können wir sie alle aufnehmen. Und was erst, wenn all die Afghaninnen, die nun nach Europa kommen können, im Rahmen des Familiennachzugs ihre Männer nachholen? Und noch etwas: Ist die Lage für Frauen in anderen Ländern nicht auch schlimm? Man denke nur an die weltweit etwa drei Millionen Mädchen, die jährlich von Genitalverstümmelung betroffen sind. All diese Probleme können wir nicht an uns ziehen. Oder wie es Peter Scholl-Latour ausdrückte: „Wer halb Kalkutta aufnimmt, hilft nicht etwa Kalkutta, sondern wird selbst zu Kalkutta“.
Den Wortlaut des Urteils finden Sie HIER.
Elisabeth Dieringer, MEP, ist Mitglied im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO), im Ausschuss für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM), sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Kultur und Politik (CULT).