EuGH – Der Rechtsweg und der Holzweg

Blick durch Europa und die Welt

Vor fast einer Woche platzte eine APA-Aussendung über ein EuGH-Urteil in die ohnehin aufgeladene Diskussion zur Migrations- und Asylkrise. Der Inhalt des Urteils bleibt für einen Gutteil der Bürger im EU-Raum nicht nachvollziehbar und wird teilweise mit blankem Entsetzen aufgenommen.
Vereinfacht geht es darum ob sich Staaten der uneingeladenen Nichtstaatsbürger, die gegen die Regeln des Gastgeberlandes verstoßen, auch wieder entledigen darf: Und was im kleinen Bereich völlig klar wäre, wird nun zur juristischen Groteske. Selbstverständlich würde ein Mensch, der plötzlich, unangekündigt und uneingeladen einen ungebetenen Gast in seinem Haus hätte, denselben vor die Tür setzen, wenn sich dieser – trotz Vollversorgung – nicht an Regeln hält. Wenn dieser Gast bspw. stiehlt, andere Hausbewohner bedroht oder gar angreift, wird der Eigentümer und unfreiwillige Gastgeber die „Notbremse“ ziehen und den Störenfried rauswerfen.

Anders sieht man das beim EuGH. Wer sich „leichter“ Straftaten schuldig macht, darf nach dem Urteil des EuGH den Asylstatus nicht verlieren und darf nicht abgeschoben werden. Und selbst bei „schweren“ Straftaten muß der Asylant eine Bedrohung für die Allgemeinheit darstellen, damit er abgeschoben werden kann. Was nun eine „kleine“ Straftat ist, wird durch die Strafandrohung geregelt. Gemeinhin spricht man von der Grenze der fünf Jahre. Taten, die mit weniger Haft bedroht sind, gelten als „leicht“, alle anderen als „schwer“. So würde eine Person, die bspw. wiederholt leichte Körperverletzungen begeht, nie in die Gefahr einer Abschiebung kommen. Wer 54.000 oder gar 73.000 kinderpornographische Dateien hortet, eventuell verbreitet, ist als Asylberechtigter zu keinem Moment in Gefahr, abgeschoben zu werden. Drogenhändler, Ladendiebe, … Keine Gefahr der Abschiebung. Aber auch Vergewaltiger, Mörder und Totschläger haben kein allzu großes Risiko, es sei denn, ihnen wird klipp und klar nachgewiesen, daß ihre kriminellen Handlungen eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen. Und das wird dann doch wieder etwas schwieriger.
Gänzlich übersehen bei der sich nun in der Sommerhitze verlangsamenden Diskussion um schwere oder leichte Straftaten, oder um Bedrohungen für die Allgemeinheit wird, daß sich ein Gericht in seiner mehr als kreativen Auslegung der europäischen Menschenrechte direkt in hoheitliche Agenden der Mitgliedsstaaten einmischt. Den Belgiern, Spaniern, Dänen oder Österreichern wird auf diesem Wege untersagt, selbst zu bestimmen, wer denn in ihren Ländern bleiben darf und wer nicht. Und es wird den Bürgern zugemutet, daß sie weiterhin undankbare „Gäste“ finanzieren, ihnen Obdach, Nahrung und ein „Taschengeld“ geben, obwohl sie nach dem Gerechtigkeitsempfinden der Bürger längst außer Landes geschafft sein sollten.
Es ist nicht verwunderlich, daß sich nicht nur in Österreich die Stimmen mehren, die eine Unterwerfung unter die so grotesk ausgelegte EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) in Frage stellen.

Der Originalwortlaut der APA-Presseaussendung:
———- ———-
APA0177 2023-07-06/11:26


EuGH-Urteil zu Aberkennung des Asylstatus nach schwerer Straftat

Utl.: Flüchtlingsstatus kann laut Urteil bei zwei Voraussetzungen aberkannt werden – Betroffener muss nach Verurteilung wegen schwerer Straftat zudem Gefahr für Allgemeinheit darstellen

Wien/Luxemburg/Brüssel (APA) – Der Europäische Gerichtshof hat am Donnerstag in Luxemburg drei Urteile zur Aberkennung des Flüchtlingsstatus nach Verurteilung wegen einer schweren Straftat erlassen. Die beiden Voraussetzungen dafür seien, dass der Betroffene neben der Verurteilung zudem eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit des betroffenen Mitgliedstaates darstelle. Österreich, Belgien und die Niederlande hatten dem Gerichtshof drei verschiedene Vorabentscheidungsersuchen vorgelegt.
In den drei Rechtsstreitigkeiten zwischen Drittstaatsangehörigen und nationalen Behörden ging es konkret um die Anfechtung von Entscheidungen über die Aberkennung oder die Ablehnung der Flüchtlingseigenschaft nach Verurteilung wegen einer schweren Straftat.
In der Rechtssache C-8/22 wurde der Gerichtshof vom belgischen Staatsrat gefragt, welcher Zusammenhang zwischen einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer besonders schweren Straftat und dem Vorliegen einer Gefahr für die Allgemeinheit besteht und in welchem Umfang dies zu prüfen sei. Laut EuGH kann ein Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft nur dann aberkennen, wenn die beiden im Unionsrecht vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt seien. Er sei jedoch nicht verpflichtet, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Besonders zu beachten sei hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Zu diesem Grundsatz und der notwendigen Abwägung der Interessen des Flüchtlings gegen diejenigen des Mitgliedstaats befragte das Bundesverwaltungsgericht Österreich den Gerichtshof in der Rechtssache C-663/21. Diese Abwägung hängt laut Gerichtshof von der zuständigen Behörde im Mitgliedstaat ab. Die Behörde sei dabei nicht verpflichtet, die Konsequenzen zu berücksichtigen, denen der Drittstaatsangehörige bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ausgesetzt wäre.
Der niederländische Staatsrat fragte die Luxemburger Richter in der Rechtssache C-402/22 nach den Kriterien einer „besonders schweren Straftat“. Laut Urteil sind das Straftaten, die die Rechtsordnung der Gesellschaft am stärksten beeinträchtigen.
Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten den Europäischen Gerichtshof zur Auslegung des Unionsrechts befragen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Die Entscheidung des EuGH bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.
———- ———-



Titel-/Vorschaubild: wikimedia / Luxofluxo / cc by-sa 4.0

Please follow and like us:

One thought on “EuGH – Der Rechtsweg und der Holzweg

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert