Der Etikettenschwindel
Wenige Augenblicke entscheiden darüber, ob ein Artikel gelesen, eine Zeitung oder Zeitschrift gekauft oder ein Beitrag angesehen wird. In dieser kurzen Entscheidungsphase sieht der Mensch den Titel, vielleicht auch in Titel-, Beitrags- oder Vorschaubild. Und dieser Titel soll in Sekundenbruchteilen dazu animieren, den dazugehörigen Inhalt zu konsumieren, oder zumindest zu kaufen. Und zusätzlich hat er die Funktion, die Grundinformation in wenigen Sekundenbruchteilen zu vermitteln.
Die meisten Menschen haben allerdings weder Lust noch Zeit, ganze Artikel zu lesen, ganze Beiträge anzusehen. Sie holen ihre Information aus der Kombination aus Überschrift und Titelbild. Was ist allerdings, wenn diese beiden sichtbarsten Komponenten eines Beitrags nichts mit der Nachricht zu tun haben? Was ist, wenn die Aussage im Titel im krassen Gegensatz – Frau Baerbock würde von 360° sprechen – zu den im Artikel geschilderten Umständen steht? Ist es dann gelogen? Ist das dann eine Zeitungsente? Der Gesetzgeber sagt „Nein“. Der Medienkonsument sieht das naturgemäß – so es ihm überhaupt einmal auffällt – anders. Der Seher und Leser von Medienprodukten geht mehrheitlich davon aus, daß Titel und Beitragsbild mit dem Inhalt des Artikels zu 100% übereinstimmen. Und dieser Anspruch besteht zurecht.
Mit viel Geschick und wenig Anstand wird allerdings derzeit genau der Umstand, daß der durchschnittliche Medienkonsument mehr und mehr zum Überschriftenleser verkommt, ausgenützt. Man arbeitet mit irreführenden Titeln und genauso unpassenden Bildern. Man kreiert eine Scheininformation, die ein gewünschtes Narrativ stärkt, das durch Fakten konterkariert wird. Der absoluten Mehrheit der Medienkonsumenten fällt dies gar nicht auf. – Wie auch, schließlich liest man ja nur die Überschrift und bleibt unbehelligt von Daten und Fakten.
Besonders gefährlich ist diese Methode mancher Medien im Bereich Politik. Österreich hat ein Jahr mit drei Landtagswahlen. Zwei dieser Wahlen wurden bereits ausgetragen und immer wieder konnte man dieses „Phänomen“ der Abweichenden Informationen zwischen Titel und Beitrag feststellen. Durch solche Praktiken greift man auf unheilvolle Art in die Entscheidungsfindung der Wählerinnen und Wähler ein. Man manipuliert auf ziemlich hinterlistige Art und kann sogar noch die pseudomoralische Ausrede benutzen, daß man doch ohnehin „die ganze Wahrheit“ geschrieben hätte.
Die Lösung dieser Problematik ist so einfach, wie kompliziert: Die Bürgerinnen und Bürger sollten die Medien meiden, die solche Praktiken anwenden. Doch das herauszufinden, ist nicht leicht.
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