Wahlkampf, Facebook und Fake News

Geist und Ungeist im Netz

Ein Kommentar.

Bereits vor einer Woche erlaubten wir uns, das erleuchtende Zitat des früheren Wiener Bürgermeisters Michael Häupl ins Gedächtnis zu rufen:
Wahlkampf ist Zeit fokussierter Unintelligenz. Da passieren halt gelegentlich Dinge, die nicht gescheit sind…“
Und bereits vergangene Woche wiesen wir darauf hin, daß es nicht nur die Problematik des Mangels an Intelligenz, sondern auch das wahrscheinlich noch viel größere Problem des Mangels an Anstand, an Charakter gibt.

Wie der Express in einem bemerkenswerten Beitrag berichtete, bestätigte Mark Zuckerberg, der Vorstandsvorsitzende von Meta Platforms, daß es während des US-Präsidentschaftswahlkampfs 2020 zu Einflußnahmen auf sein Unternehmen Facebook kam. Im populären Podcast „The Joe Rogan Experience“ erklärte Mark Zuckerberg, daß die Informationen und Berichte über die Skandale rund um Robert Hunter Biden, den Sohn des damaligen Präsidentschaftskandidaten und nunmehrigen US-Präsidenten Joe Biden künstlich auf Facebook in ihrer Verbreitung behindert wurden. Diese Neuigkeit sorgte weltweit für großes Aufsehen und wurde bislang nur im deutschsprachigen Raum vergleichsweise wenig beachtet. Während sich Wallstreet Journal, New York Post, Newsweek, Fox News und andere namhafte Medien auf das Thema stürzten, blieb es bei uns vergleichsweise ruhig.

Robert Hunter Biden, Rechtsanwalt und vor allem Wirtschaftslobbyist, war 2013 nach einem positiven Drogentest aus der Marine-Reserve entlassen worden. Im Mai 2014 wurde der Verwaltungsrat des größten privaten Gasproduzenten der Ukraine Burisma Holding um den Sitz für Robert Hunter Biden erweitert. Sein Monatsbezug für diese Tätigkeit: US$ 50.000,–! Der Bürgerkrieg im Donbass und die russische Inbesitznahme der Krim, sowie eine weiter „Revolution am Maidan“ hatten die Ukraine massiv geschwächt. Über den Sohn des damaligen Vizepräsidenten Joe Biden versuchte man angeblich Einfluß zu nehmen. Viele ungeklärte und teilweise vertuschte Vorwürfe säumen den Weg von Biden sen. und jun.
2019 verlangte der damalige US-Präsident Trump vom neuen ukrainischen Präsidenten Selenskyj, Ermittlungen gegen den Sohn seines Konkurrenten im Präsidentschaftswahlkampf aufzunehmen. Selenskyj, der mit der Ankündigung, saubere und korruptionsfreie Politik zu machen, gewählt wurde, kam diesem Verlangen nicht nach. Unzählige Quellen berichteten unabhängig voneinander, daß sämtliche diplomatische Bemühungen, die Krise innerhalb der Ukraine und mit der russischen Föderation zu entschärfen, aus dem von Robert Hunter Biden etablierten Netzwerk torpediert wurden.
Da Robert Hunter Biden zum engsten Beraterkreis seines Vaters gehörte, wurde er im Wahlkampf auch Ziel von Nachforschungen. Das Ergebnis dieser Erhebungen hätte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Resultat der US-Präsidentschaftswahl grundlegend beeinflußt und der heutige Präsident würde höchstwahrscheinlich nicht Joe Biden heißen.

Dieses Konvolut an Informationen wurde auf Facebook gezielt an seiner Verbreitung gehindert. Zuckerberg rechtfertigt sich folgendermaßen: Das FBI sei an ihn herangetreten und habe vor Falschnachrichten in sozialen Medien gewarnt. Man warnte vor Kampagnen, wie sie angeblich 2016 beim US-Präsidentschaftswahlkampf stattgefunden hätten. Damals wurde vor russischer Einflußnahme auf die Wahl gewarnt. Zuckerberg war also vermeintlich vorgewarnt. Zudem meinte Zuckerberg: Auf Twitter sei es im Gegensatz zu Facebook unmöglich diverse kontroverse Informationen zu verbreiten. Dort würde man sie umgehend löschen. Bei Facebook hingegen werden die Inhalte von „kontroversen Informationen“ von dritter Seite, den sogenannten „unabhängigen Faktencheckern“ geprüft. Mark Zuckerberg blieb allerdings die Information schuldig, daß genau die von ihm genannten Faktenprüfer in einem Gerichtsverfahren bereits zugeben mußten, daß weniger unumstrittene Tatsachen, sondern vielmehr die eigenen ideologischen Ansichten Basis für die Resultate von „Faktenchecks“ sind. Problematisch.

Erschreckend, daß genau im selbsternannt aufgeklärten Westen in abscheulicher Weise die Praktiken angewandt werden, die man angeblichen Trollfabriken aus Rußland, China oder dem Erdbeerland vorwirft. Wer gezielt Informationen zurückhält, manipuliert einen Wahlkampf. Es bleibt zu hoffen, daß die Betreiber sozialer Medien aus diesem Skandal lernen und sich auch von den unzuverlässigen „Faktencheckern“ trennen.



Fotos:
Titel-/Vorschaubild: wikimedia /
Mark Zuckerberg F8 2019 Keynote / Anthony Quintano / cc by 2.0
Familie Biden umarmt sich: wikimedia /
210120-D-WD757-2097 / Chairman of the Joint Chiefs of Staff / cc by 2.0

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