Mutmassungen, Angriff & Abwehr

(Sehr selektive) Zusammenfassung des Geschehens ohne Höflichkeiten

Ein Kommentar.

Sehr geehrte Damen und Herren, geschätzte Leserinnen und Leser!


Es gab Zeiten, da war der Sonntag ein friedlicher und geruhsamer Tag. Ein Tag der Familie, ein Tag mit Freunden. Das waren schöne Zeiten und es bleibt zu hoffen, daß sich die Menschen wieder einmal dieser Idylle hingeben können. – So sie das wollen.
Heute ist der Sonntag ja viel häufiger der Tag, an dem man Resümee zieht und die Skandale und Skandälchen der vergangenen sieben Tage Revue passieren läßt. Wir tun es nicht anders.

Nachdem vergangenes Wochenende der Wunderkanzler Kurz schon zum zweiten Mal sein Amt abgeben musste und wieder zum Altkanzler wurde, überschlugen sich die Nachrichten. Allerdings ist es nicht einfach und man verliert rasch den Überblick über das, was – so die Vorwürfe stimmen und die geleakten Chats richtig gedeutet sind – geschehen sein soll. Es ist uns zu anstrengend, hinter jedem einzelnen Satz den Zusatz „mutmaßlich“, „Es gilt die Unschuldsvermutung“, „scheinbar“, o.ä. Zu ergänzen, weshalb wir dies hier eingangs gleich klarstellen: Es ist ein Verdacht. Und dieser Verdacht ist definitiv nicht abwegig!
Scheinbar hat sich der Altkanzler seinen parteiinternen Kampf an die Macht auf all seinen Ebenen mit Steuergeld aus dem Finanzministerium finanzieren lassen. Wir erinnern uns hier an die eindeutige Nachricht des Kurz-Spezis Thomas Schmid: „… kann jetzt Geld scheißen“
Dieses vom damaligen Außenminister Kurz gesch******e Geld wurde für besonders interessante Strategien eingesetzt. Man arbeitete mit Inseraten, die in rauen Mengen über den Boulevard ausgeschüttet, Wohlwollen in den Redaktionsstuben auslösen sollten. Hier ging es um unzählige Millionen, die ihren Effekt durchaus erfüllten, wenn man sich die Berichterstattung diverser Medienhäuser so ansah (und ansieht). Dafür mußte man in der so bedachten Redaktionsstube eben auch einmal damit rechnen, daß ein Anruf aus dem Umfeld des Kanzlers kam, wenn man über einen Bericht weniger erfreut war, oder wenn man einen speziellen Wunsch zur Berichterstattung hatte. Dieses System zog sich seit damals durch. Dieses Inseratepolitik ist sinnbildlich für das System Kurz und beinhaltet auch einen „sanften“ Durchgriff in die redaktionelle Gestaltung und Ausrichtung eines Mediums.
Dann waren da auch noch die Umfragen… Und die Chefin und Inhaberin des so gerne beauftragten und oft bemühten Meinungsforschungsinstituts, Frau B. soll Umfrageergebnisse nach den jeweiligen strategischen Bedürfnissen der (selbsternannten) Prätorianer „angepaßt“ haben. Dafür wurde sie mit Scheinaufträgen ohne tatsächlichen Wert und Nutzen aus dem Finanzamt belohnt (oder entlohnt?). Auch das Medienhaus der Fellner-Brüder hatte jeden Donnerstag eine aktuelle Umfrage aus eben diesem Meinungsforschungsinstitut, das dann oft ausgiebig mit ÖVP-Parteigängern besprochen wurde. Da auch unser kleines Medium Woche für Woche Umfragen macht, waren wir auch Woche für Woche über die Ergebnisse, die eine ÖVP in den Himmel hob, verwundert. Aber sei ’s wie ’s sei… Unsere Umfragen sind sicher nicht perfekt und leifern sicher auch kein punktgenaues Abbild der politischen Stimmungslage, aber was da ab und zu abgeliefert wurde, war einfach nicht mehr nachvollziehbar.

Wieder ein Beispiel für das System Kurz…
Am schlimmsten wäre es für Kurz gewesen, wenn jemand Anderer etwas Gutes, Erfolgreiches auf die Füße stellt und so dem Land und seinen Leuten einen Vorteil verschafft, ohne daß Kurz seine Finger im Spiel hätte. Das wurde, wie es sich in den Chats zwischen den ganzen Prätorianern und dem Wunderkanzler (a.D.) darstellt, brutalst torpediert. Der Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung für Schulkinder wurde abgedreht. Zu groß wäre dieser Erfolg für die innerparteiliche Konkurrenz von Sebastian Kurz gewesen.

Diese Chats, das mit ihnen verbundene Sittenbild und die zu erwartende strafrechtliche Komponente beschäftigen Staatsanwälte und Richter. Für die Hausdurchsuchungen im Finanzministerium, im Bundeskanzleramt, in der ÖVP-Parteizentrale und im Medienhaus der Fellners gab es offensichtlich genügend Gründe, sodaß ein unabhängiger Richter sie anordnete.
Es ist eben nicht so, wie von diversen ÖVP-Vertretern behauptet, ein Anschlag von „linken Zellen“ der Staatsanwaltschaften gegen die liebe und rechtschaffene ÖVP. Die Vorwürfe gegen diese ÖVP und manche seiner Vertreter haben Substanz. Da ist schon ‚was dran! Kein Staatsanwalt, kein Richter würde eine so drastische Maßnahme, wie Hausdurchsuchungen gegen diese mächtige und einflußreiche Clique anordnen. Die Rache wäre sonst zu groß.

Doch nun springen wir wieder zurück zum Anfang, zum nunmehrigen Altkanzler, der neuerdings, seit Donnerstag, als frisch gebackener Abgeordneter und Klubobmann im Nationalrat sitzt. Schon seit Dienstag zogen sich die Sitzungen unserer Volksvertreter und immer wieder ging es – egal welches Thema zu diskutieren war – um die augenscheinlichen Machenschaften der türkisen Prätorianer samt ihres Anführers. Zu sehr haben die ausgehobenen und öffentlich gewordenen Chatnachrichten unter den Damen und Herren der Kurz-Clique alle möglichen Lebensbereichen berührt. Es sind zu viele Dinge, über die man da stolpert…
Den dreistesten Vertretern der ÖVP ist es allerdings trotzdem nicht zu blöd, vollständige Chatnachrichten, die einen kompletten Dialog, einen eindeutigen Austausch von Fragen und Antworten, als „vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen“ zu bezeichnen. Und man fragt sich, welcher zusätzliche Zusammenhang denn da noch fehlt? Haben die Sender und Empfänger vielleicht zusätzlich noch telefoniert, während sie sich Nachrichten schrieben? Oder saßen sie gemeinsam am Tisch während ihres verschriftlichten Chats?
Nein, meine Damen und Herren, das ist Unfug!
Auch der Vergleich mit Straches Ibiza-Abenteuer hinkt massiv! Strache mußte extra mit einer osteuropäischen Blondine und jeder Menge Feuerwasser gefügig gemacht werden, bevor er, nachdem er wieder und wieder in die Gesprächsrichtung gedrängt wurde, sein Herz zur politischen Mördergrube machte und seine Gedanken über die Möglichkeiten aussprach. Allerdings war Strache besoffen wie fünf Russen, als er direkte Korruptionsangebote wiederholt ausschlug. Die aufgetauchten Chats der Kurz-Entourage lassen zwar auf eine nicht besonders erfolgreiche Ausbildung in der deutschen Sprache schließen, weisen aber nicht auf Berauschung hin…

Und noch einmal zurück zu den Tagen der Nationalratssitzungen:
Dem neuen Kanzler Schallenberg wird ja bekanntlich großes diplomatisches Gespür nachgesagt. Nun ist es auch leidlich informierten Beobachtern der Politik bekannt, daß eine jede Geste beobachtet wird, jedes noch so beiläufige Tun bewertet und gedeutet wird. Was wollte uns das Genie der Diplomatie eigentlich sagen, als er die von der neos-Chefin überreichten 106 Seiten des Hausdurchsuchungsbefehls einfach auf den Boden warf?
Egal ob SPÖ, FPÖ, neos oder sogar Grüne, niemand war besonders erfreut über die Vorgänge, die zu diesem Wechsel an der Spitze der Regierung führten und jede der genannten Parteien zeigte dies meist eindrucksvoll. Und als es auch noch Mißtrauensanträge hagelte, war so manchem Regierungsmitglied, vor allem dem Finanzminister Blümel nicht wohl.

Die FPÖ beantragte eine Abstimmung zur Entsagung des Vertrauens für die gesamte Regierung.
Dazu kam ein weiterer Antrag von SPÖ und neos, dem Finanzminister Blümel alleine das Mißtrauen zu auszusprechen.
Hier waren dann die Grünen wieder brav auf der Spur ihres Koalitionspartners und wehrten jeden Antrag ab.
Zudem wurde ein neuer Untersuchungsausschuß eingerichtet, der sich die Aktionen der türkisen (und wahrscheinlich auch schwarzen) ÖVP sehr genau ansehen will.
Die Rechnung der ÖVP wird gerade geschrieben, und die wird wohl etwas höher ausfallen als gedacht… Die Rechnung der Grünen wird allerdings auch spätestens bei der nächsten NR-Wahl fällig. Es ist nicht anzunehmen, daß das Verständnis dafür so hoch ist, daß die Grünen, das System um Kurz weiter stützen.



Wir wünschen Ihnen noch einen angenehmen Sonntag!
Bleiben Sie uns gewogen!
Bitte unterstützen Sie die heimische Wirtschaft!


Fotos:
Titel-/Vorschaubild / BK Schallenberg © Parlamentsdirektion / Johannes Zinner
1. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka © Parlamentsdirektion / Johannes Zinner
Klubobmann Herbert Kickl © Parlamentsdirektion / Thomas Topf
Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger © Parlamentsdirektion / Thomas Topf
Abg. z. NR. Kai Jan Krainer © Parlamentsdirektion / Thomas Topf
BM Gernot Blümel © Parlamentsdirektion / Thomas Topf
Abstimmung Mißtrauensantrag gg. BM Blümel © Parlamentsdirektion / Thomas Topf


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