Ein Plädoyer für mehr Ehrlichkeit und Sachlichkeit im Umgang mit Studentenverbindungen.
Keine zwei Wochen ist der Nationalratspräsident in Amt und Würden, und schon drehen die üblichen Verdächtigen vollkommen am Rad.
Schon seit der freiheitliche, nunmehrige Ex-Volksanwalt, Dr. Walter Rosenkranz als Kandidat für das Amt des Nationalratspräsidenten ins Gespräch kam, wurde mit allem, was zur Verfügung stand auf ihn drauf gedroschen. Natürlich nur in gesprochenen und verschriftlichten Worten… Daß sich der Jurist bislang nichts zu Schulden kommen ließ und allfällige Fehltritte (fernab von echten Problemstellungen) unumwunden zugab, bedauerte und sich entsprechend besser neu orientierte, tut da nichts zur Sache. Daß er ein abgeschlossenes Studium, eine Berufsausbildung samt Berufserfahrung hat (All das keine Selbstverständlichkeit in heutiger Zeit!), eine wertschätzende Art mit politischen Gegnern und Mitbewerbern umzugehen und wirklich viel wertvolle Erfahrung mitbringt, zählt nichts mehr! Denn Rosenkranz ist – Man getraut es sich kaum auszusprechen oder niederzuschreiben! – Burschenschafter!
Über das Thema der sogenannten „waffenstudentischen Korporationen“ wurde in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten viel gesagt, viel erzählt. Wenig Brauchbares, viel Unsinn. Und die größten Dummheiten und ausgewachsenen Unwahrheiten wurden von sogenannten (selbsternannten?) Experten verzapft. Ohne Wissen oder nur dem Funken eines Wunschs, sich Wissen und Erkenntnis zum Thema anzueignen, halten die bereits erwähnten Experten ihre Vorträge und lassen den Rest der (medialen) Welt an ihren substanz- wie wertlosen Ergüssen und Wortspenden teilhaben. Eine an Lächerlichkeit schwer zu überbietende Szenerie, die stets daran erinnert, wie es aussehen müßte, wenn ein militanter Veganer die Tätigkeit eines Fleischhauers erklären würde. Bloß würde da jeder Zuseher (inklusive der Veganer) die Parteilichkeit des Experten erkennen und die interviewenden Journalisten würden jede Aussage des „Experten“ auf die hier durchaus angebrachte Goldwaage legen. Anders bei den Burschenschaften. Hier darf ein Schwall an hysterischer Verlogenheit, gepaart mit einem hohen Maß völliger Ahnungslosigkeit, unwidersprochen über den Äther gehen. Und manch ein Journalist frägt dann gar noch nach: „Sollten die Burschenschaften denn nicht verboten werden?“ Im oft dummen Gesichtsausdruck des Fragenden kann man die Schlichtheit des gedanklichen Korsetts erkennen, die hinter dem medialen Auftritt steckt.
Wie Kraut und Rüben wird alles durcheinander geworfen: Burschenschaften, Corps, Landsmannschaften, Sängerschaften, usw… Alles wird faktenwidrig unter „die Burschenschaften“ zusammenfasst. So gut wie nie wird erwähnt, daß es sich um völlig normal und legal zugelassene Vereine handelt, deren primäres Ziel es ist, seine jungen Mitglieder ordentlich durch das Studium zu bringen, sie im Bereich der sonst überall so gefragten „Soft Skills“ trainiert, und ihnen auch ein Stück Lebensrealität mit auf den Weg gibt. Die Methoden dazu sind teilweise so alt, wie die Korporationen selber: Über 200 Jahre. Fordern und fördern. Das Einhalten von Verpflichtungen, bei sonstiger Inkaufnahme von Konsequenzen, gehört eben auch dazu. Vorträge halten, die eigenen Umgangsformen erlernen… Und dann kommt natürlich auch noch das Fechten dazu. Und um diesen Sport ranken sich die wildesten, wie auch dümmsten Mythen. Und die Gegner der Studentenverbindungen kotzen sich aus mit dummen Erklärungen und Einordnungen dazu.
In Wahrheit ist alles so unspektakulär wie einfach. Aber daraus kann man dann keine wilde Geschichte basteln, mit der man politischen Gegnern ans Bein pinkeln kann. Also wird ein Monster kreiert, mit dem man kleinen Kindern Angst macht. Das Monster der Burschenschaften. Und man bastelt wilde Narrative rund um dieses Monster. Beispielsweise das Narrativ der wilden Antisemiten. Es ist durchaus wahr, daß es bei vielen Studentenverbindungen in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts (Also vor gut 150 Jahren!) üblich war, Juden auszuschließen. Schlimm genug! Aber es waren eben nicht nur die Burschenschaften! Es waren die Gesangsvereine, die Ruder- und Fußballvereine, Clubs für Bergwanderungen und Brieftaubenzüchter… Das Gift des Antisemitismus war in der gesamten Gesellschaft und keine Spezialität der Burschenschaften oder Studentenverbindungen. Ende des 19. Jahrhunderts war die „Wissenschaft“ der Rassenlehre gerade auf ihrem Weg zum Höhepunkt. Auf allen angesehenen Universitäten Europas und der Welt fanden sich gescheiterte Mediziner und Biologen, die mit Linealen, Maßbändern, Zirkeln und Notitzblocks bewaffnet Menschen aus aller Herren Länder vermaßen und aus Nasenlänge, Stirnbreite und Ohrläppchenform gesetzmäßige Zusammenhäng zu charakterlichen Veranlagungen und geistige Leistungsfähigkeiten herzustellen versuchten. Das war Wissenschaft. Und man gehorchte der Wissenschaft…
Ein weiterer stets wiederholter und deswegen nicht wahrer gewordener Vorwurf ist die grotesk konstruierte Nähe zum Nationalsozialismus. Auch hier sind die Fakten viel unspektakulärer als die Wuchteln. Wären die Burschenschaften, die Korporationen ansatzweise interessant für die Nationalsozialisten gewesen, hätte man sie nicht verboten und zur Selbstauflösung genötigt. Es gab sogar schon vor der Machtergreifung 1933 Order der HJ-Führer, Angehörige von Studentenverbindungen, egal ob Corpsstudenten, Burschenschafter, etc. aus der HJ auszuschließen. Man machte mit übler Propaganda „Jagd“ auf Korporierte. Und auf der anderen Seite gab es auch genügend Angehörige von Studentenverbindungen, die sich begeistert dem Nationalsozialismus hingaben. So wie überall, bei allen möglichen Vereinen und Verbänden, die sich selbst auflösten, um dann in den NS-Verbänden aufzugehen. Burschenschafter waren bei den Tätern und bei den Opfern. Dies ohne auffälliger Gewichtung auf der einen oder anderen Seiten.
Im Grunde ist es langweilig, was seit Jahren und Jahrzehnten in provozierender und teils sicher verleumderischer Absicht von Grünen und anderen Vertretern des linken Mainstreams verzapft wird. Denn offensichtlich hat es ja nicht funktioniert. Die Burschenschaften gibt es immer noch. Burschenschafter gibt es immer noch. Und die meisten Burschenschafter haben aus der Geschichte ihrer Bünde ihrer Verbände gelernt. Sicher nicht alle, aber eben die meisten. Und man ist kritischer geworden. Und man hat sich über die Jahrzehnte ein dickes Fell wachsen lassen. Man hält die Anwürfe und üblen Verleumdungen augenrollend aus. Ob es schlau ist, die voller Hysterie durchs Land gekreischten Schauergeschichten der „Burschenschafts-Experten“ einfach zu ignorieren, steht wieder auf einem anderen Blatt.
Vielleicht genügt es, wenn das „Publikum“ der geifernden Märchenerzähler die Vernunft und den Verstand aufbringt, der den so lautstarken Anti-Burschenschaftssirenen fehlt.
Mehr dazu zum Lesen gibt es in anderen Beiträgen zum Thema Studentenverbindungen und Mensur.
Fotos:
NR-Präsident Dr. Walter Rosenkranz © Parlamentsdirektion / Ulrike Wieser
Ausgezeichneter Beitrag. Als Mitglied des Coburger Convents bekomme ich seit vielen Jahren hautnah zu spüren, wie dumm, aggressiv und verbrecherisch gegen einen ganzen Verband vorgegangen wird, der per se unpolitisch ist. Es werden Autos demoliert, sogar angezündet (in denen auch jemand hätte schlafen können), Menschen überfallen und von hinten niedergeschlagen Emails gehackt und deren Inhalte veröffentlicht (was auch auf Plakaten zugegeben und gefeiert wird) – all das unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit. Es muss wohl nicht betont werden, dass diese demokratischen Grundrechte diese Handlungen in keiner Weise beinhalten.
Diese Vorgehensweise gegen wirklich friedliche Versammlungen erinnert mich stark an die Anfänge der Nationalsozialisten, die mit ‚Knobelbechern‘ Menschen zusammengetreten und Bierglas auf ihren Köpfen zerschlagen haben, deren Meinung ihnen nicht gepasst hat. Die Politik verharmlost einen Buttersäure-Anschlag als ‚Lausbubenstreich‘ und einen medialen Aufschrei oder gar eine Forderung nach einem Durchgreifen gegen die Straftaten sucht man vergeblich. Alles, was von ‚Links‘ kommt ist anscheinend von vornherein in Ordnung und die Angriffe treffen ja irgendwie auch schon die Richtigen.
Man stelle sich das einmal umgekehrt vor. Ein friedliches Treffen ohne politische Motivation – vielleicht eine CSD-Feier – würde von Neonazis massiv angegriffen. Verbal, Einzelne körperlich, Fahrzeuge würden beschädigt und angezündet, Hackerangriffe, eben das ganze Programm, nur eben von der anderen Seite. Wie würde die Politik und wie würden die Medien wohl damit umgehen?
Offenbar haben wir aus unserer unwürdigen Geschichte überhaupt nichts gelernt. Denn eine Verkehrung ins Gegenteil dreht die Haken am Kreuz nur in die andere Richtung und ist daher nicht besser.
Ein reflektierter Umgang mit der Geschichte müsste in jedem Fall dazu führen, dass jeder Angriff auf die demokratischen Grundrechte gleichermaßen geahndet und jede Straftat in gleicher Weise verfolgt wird.
Leider entfernen wir uns davon aktuell mehr, als das wir dieses Ziel verfolgen.
‚Biergläser‘ muss es natürlich heißen.