Die Gleichheit vor dem Gesetz

Vor einer Woche war die Aufregung um die historische Ignoranz signalisierenden Aussagen der Co-Vorsitzenden der bundesdeutschen SPD noch groß. Doch waren sich die Kenner der politischen und medialen Szenerie des deutschsprachigen Raums sicher, daß der Skandal nach einer Woche spätestens verflogen sei und man die Affäre langsam, heimlich, still und leise begraben könne. Man war sich sicher, daß Saskia Eskens Aussagen, in der sie die AfD ohne Begründung als Nazi-Partei bezeichnete, längst vergessen sind.
Wie sich nun herausstellt, ist dem nicht so. Viel zu groß waren die Grenzüberschreitungen der deutschen Sozialdemokratin. Sie zeugten entweder von einem schier kaum glaubwürdigen historischen Unwissen oder einer eiskalten Ignoranz gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus, wenn es darum geht, politische Mitbewerber schlecht dastehen zu lassen.
Denn auch aus dem linken Spektrum, dem man sicher viel nachsagen kann, aber keinerlei Sympathie für eine AfD, wurde Kritik laut. Nicht zu Unrecht, da diese Art der politischen Kommunikation nichts anderes bewirkt, als Gräben aufzureißen und allfällig weniger gebildeten Menschen ein weiches und harmloses Bild des historischen Nationalsozialismus zu bieten, welches einfach nicht den Tatsachen entspricht.
Wenn eine gestandene Politikerin, die sich auch noch gerne als Antifaschistin bezeichnet, zu einem solchen Thema Ausführungen macht, sollte der Normalbürger darauf hoffen dürfen, daß die Person ein wenig Ahnung von der Materie hat. Dem ist scheinbar nicht so, obgleich die Dame sich als Expertin aufführt. Denn, wie schon der ORF-Moderator Armin Wolf, der als interviewführender Moderator hautnah am Geschehen war, einwarf, plant die AfD eben nicht, politische Parteien zu verbieten und Konzentrationslager zu errichten. Sie plant eben nicht, den Rechtsstaat zu untergraben, die Demokratie auszuhebeln, autokratische Strukturen einzuziehen und die Verfassung zu brechen. Im Gegenteil. Schließlich will sie die Bürger bei mehr Entscheidungen mit bindenden Volksabstimmungen und Wahlen in die Entscheidungen einbinden. Und genau das ist das Gegenteil von Demokratiefeindlichkeit.
Gerne wird auch argumentiert, daß so gefährliche Organisationen und Parteien wie die historischen Nationalsozialisten sich hinter einer freundlichen Maske verbargen, bis sie selbige erst 1933 fallen ließen. Dem war ebenfalls nicht so! Die Vertreter des historischen Nationalsozialismus sagten von Anfang an, daß ein neuer Krieg eine wohl unausweichliche Option sei, daß die Aussiedlung oder Ausrottung von Angehörigen „minderwertiger Rassen“ unumgänglich sei und die parlamentarische Republik durch einen autokratischen Führerstaat zu ersetzen sei. Die Nationalsozialisten kündigten ihr Programm, so wie alle ideologisierten Gruppen, beinhart an.

Den Wunsch nach mehr Demokratie als Demokratiefeindlichkeit abzutun, ist grotesk.

Die AfD bspw. kündigt mehr Demokratie, mehr Volksentscheide, ein Partizipationsmodell bei politischen Entscheidungen nach Schweizer Vorbild an. Na da gibt es definitiv schlechtere Optionen…
Schon diese Beispiele zeigen klar, daß der Nazi-Vergleich der Frau Esken nicht nur inhaltlich falsch, sondern in der Intention höchstwahrscheinlich niederträchtig und schäbig war.
In Deutschland wurde sie für ihren Auftritt mehrfach nach § 130 StGB (Volksverhetzung) und in Österreich nach § 3 Verbotsgesetz angezeigt. In Deutschland erwartet man sich kaum, daß die so verantwortungslos handelnde Person zur Rechenschaft gezogen wird. In Österreich hingegen sieht die Sache ganz anders aus und man spekuliert, ob man nicht an der bundesdeutschen Genossin ein Exempel statuieren kann, um die Unabhängigkeit der österreichischen Justiz öffentlichkeitswirksam unter Beweis zu stellen. So hört man aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen, daß diese unangenehme juristische Sache für Saskia Esken keinesfalls eine „gmahte Wiesn“ ist. Denn es hat sich bis in die letzten Winkel des Landes längst durchgeschwiegen, daß ein weniger prominenter Bürger für solch eine Aussage zu 99,9% verurteilt werden würde. Die (laut unbestätigten Gerüchten) eher ÖVP-nahe Wiener Staatsanwaltschaft kann mit einem strafrechtlichen Streich gegen die Dame der SPÖ eins auswischen, indem sie den Ehrengast vom ersten Mai zum ungustiösen Kriminalfall macht.
Es wird auf jeden Fall spanend. Bekommt die Dame einen Promi- oder Politikerbonus? Steht man als Spitzenpolitiker über dem Gesetz, so daß man Opfer des Nationalsozialismus ohne Konsequenzen beleidigen kann? Man wird es sehen.


Titel-/Vorschaubild / Saskia Esken: wikimedia / Ekvidi / cc by-sa 4.0 / cropped

Please follow and like us:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert