Nehmen, was zusteht?

Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 19

Nach mehreren Wochen der nicht immer seriös geführten Diskussion zum Thema der „Politikergehälter“ sollte auch der letzte politische Adabei seine Meinung dazu kundgetan haben. Und es steht außer Zweifel, daß es Wortspenden gab, die mehr als nur entbehrlich waren.
Die tatsächliche Umsetzung wird man sehen.
Nachvollziehbar und absolut gerechtfertigt ist der Unmut vieler Bürger über eine Auffettung von Politikergehältern, wenn gleichzeitig von genau diesen Politikern im Namen der Vernunft und Mäßigung der Zeigefinger erhoben wird, man möge bei den anstehenden Gehaltsverhandlungen doch zurückhaltend sein. Herr und Frau Österreicher reagierten auf diese Aussage mit einer bewundernswerten Zurückhaltung.
Nach kurzem medialen Druck kam dann das scheinbare Machtwort des Bundeskanzlers: Man wird auf die ca. 10% Gehaltserhöhung bei den Politikergehältern verzichten. Der Kanzler erschien bei seinen Erklärungen eher wie ein ertappter Schlawiner als wie ein von seiner Entscheidung überzeugter Regierungschef. Und man geht nunmehr landläufig davon aus, daß die Erhöhung der Gehälter sang-und klanglos durchgezogen worden wäre, wenn da nicht die medialen Proteste lautstark durchs Land gegangen wären. 
Voller fürs Publikum inszenierter Einsicht verzichtete man auf eine Erhöhung der Gehälter, die bei manchen Spitzenpolitikern mehr ausmachen würde, als viele Bürger bei einem Vollzeitjob im Monat verdienen. 
Doch der so großzügig präventiv verzichtende Kanzler hat die Rechnung ohne die Vielzahl von Wirten gemacht, in deren Namen er ebenfalls auf Geld verzichtete. Neben den ganzen Ministern, Klubobleuten, Landeshauptleuten und Landesräten gibt es nämlich auch jene Vertreter der gewählten Verwaltung, die nicht auf ein fünfstelliges Monatsgehalt blicken können, sondern bspw. als Bürgermeister von Kleinstädten, Marktgemeinden und Dörfern auch wichtige Arbeit leisten und bloß ein besseres Taschengeld dafür kassieren. 

In Salzburg und Oberösterreich regte sich bald Widerstand gegen die generöse Geste des Herrn Kanzler. Denn man hatte sich bereits in den Ländern darauf verständigt, nur den halben Gehaltssprung mitzumachen. Dies wäre eine vergleichsweise passable Lösung. 
Ein weiterer Punkt, der in der Zwischenzeit – vor allem in den ÖVP-regierten Ländern – hinter vorgehaltener Hand diskutiert wird, ist, daß es ohnehin eine Frechheit sei, daß diese Bundesregierung, die für den Hauptanteil der Teuerung in Österreich verantwortlich ist, nicht in den Ländern herumpfuschen soll, wo man versucht, diese vom Bund verursachten Härten zu entschärfen und den Bürgern die Last erträglicher zu machen.
Es ist eine eherne Parteidisziplin und Loyalität gegenüber dem Parteiobmann – keine besonders durch die ÖVP tradierte Tugend – die derzeit den Aufstand der Länder gegen diese Bundesregierung verhindert. 
Noch ein Punkt wird gerne diskutiert: Warum hat man sich einen so angenehmen Automatismus ausgemacht, laut dem man entsprechend der Inflationsrate die Gehälter angepaßt bekommt und erst zum Verzicht tätig sein muß. Jeder Gewerkschafter, der irgendwann einmal über Tage und Nächte hitzige Lohnverhandlungen führen mußte, wird vom Neid zerfressen.
Der letzte Punkt, den wir noch anführen wollen, ist die Überlegung, wie man überhaupt auf die Idee kommen kann, daß man in einem sogenannten Rechtsstaat mit westlicher Orientierung und Gewaltenteilung auf die Idee kommt, daß man die Gehälter von Legislative (Parlament, Landtage) und Exekutive (Bundes-, Landesregierungen) aneinander koppelt. Ein mehr als seltsamer Vorgang.
Und was sagt da die Justiz, die solche Annehmlichkeiten nicht für sich in Anspruch nehmen kann, dazu?


Bereits veröffentlichte Folgen:
Demokratie! Eine Liebeserklärung!
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 2
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 3
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 4
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 5

Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 6
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 7
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 8
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 9
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 10
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 11

Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 12
Demokratie! Eine Liebeserklärung! EXTRA
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 13
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 14
Demokratie! Eine Liebeserklärung! EXTRA

Weitere Folgen der Serie
Demokratie! Eine Liebeserklärung! finden Sie HIER.

Please follow and like us:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert