Darf man das noch sagen?

Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 10

Ein wesentlicher Bestandteil eines Gemeinwesens und Gesellschaftsform, die den Namen „Demokratie“ verdient, ist die Meinungs- und Pressefreiheit. Daß sich Teile der Medienwelt zur angeblichen „vierten Gewalt“ hochstilisieren, ist allerdings keineswegs Teil dieser Freiheiten. Die Selbstermächtigung zur „vierten Gewalt“ ist vielmehr eine Anmaßung.

Die Presse- und Meinungsfreiheit stand und steht jedoch heutzutage wieder zur Debatte. Diese für den Meinungsaustausch, auf dem jede Entscheidung des Souveräns einer Demokratie basieren soll, wichtige Freiheit beinhaltet vor allem die Möglichkeit, Dinge zu schreiben und zu veröffentlichen, die Vertretern aus Exekutive und Legislative nicht gefallen. Die Justiz hat auf Grund ihres Ursinns gar keine geschmackliche Meinung zu haben. Sie entscheidet im Ernstfall darüber, ob ein Gesetz eingehalten wurde oder nicht, wer sich im Rahmen des Rechts bewegt, wer nicht, und ob die eine Person oder die andere im Streitfall recht hat. Der gesetzliche Rahmen und die Verpflichtung zur Überparteilichkeit lassen keinen Raum für die geschmacklichen Abstufungen des Ge- oder Mißfallens.
Anders eben bei Legislative, die (zumindest in Österreich) mehr oder weniger über Parteien beschickt werden und der Exekutive (im Sinne von Regierungen), die ebenfalls über politische Entscheidungen besetzt werden. Sie haben sich Kritik gefallen zu lassen, solange sie im gesetzlichen Rahmen stattfindet.

Wird die Justiz als Waffe gegen unliebsame Medien mißbraucht?

Umso problematischer ist ein Prozess gegen einen Medienmacher, dem Herausgeber des Online-Magazins report24.news, Florian Machl, der sich in harscher, doch keineswegs übertriebener oder unberechtigter Kritik am Bundespräsidenten Van der Bellen übte. Er warf dem Staatsoberhaupt vor, er sei eine Mann, „der die Verfassung mit Füßen tritt und die Spaltung der Gesellschaft zulässt“.
Nun hat der Bundespräsident tatsächlich Gesetzen mit seiner Unterschrift und ohne Verzögerung Rechtsgültigkeit verliehen, die später von „kleinen Bürgern“ vor dem Verfassungsgerichtshof bekämpft werden mußten und schlußendlich als verfassungswidrig aufgehoben werden mußten. Diese Vorgänge haben die Stimmung im Lande natürlich massiv erhitzt und der Bundespräsident ist in der Tat seiner wichtigen Aufgabe, die Bürger, die Verfassung vor schlechten Gesetzen der Regierung und ihrer Parteien zu schützen nicht nachgekommen.
Daß der Bundespräsident zudem noch vor wenigen Tagen offensiv die Meinung vertrat, daß ein Einsatz des österreichischen Bundesheers am Kriegsschauplatz Ukraine mit der Neutralität vereinbar sei, unterstreicht die überaus sportliche Auslegung der Verfassung durch unseren Bundespräsidenten.

Daß Florian Machl vom gegen ihn erhobenen Vorwurf freigesprochen wurde, ist zwar erfreulich, läßt aber trotzdem einen fahlen Beigeschmack zurück. Denn die Tatsache, daß diese Aussage überhaupt durch staatsanwaltliche Verfolgung bedacht wurde, läßt die Justiz in schiefem Licht erscheinen. Die Tatsache, daß der nicht unterbezahlte Bundespräsident den staatlichen Strafverfolgungsapparat mit einer einzigen Ermächtigung auf einen Journalisten loslassen kann, ohne dabei Kosten- und Prozessrisiko zu tragen, stimmt nachdenklich.
Daß Florian Machl mit seinem report24.news ins Visier der „Mächtigen“ geriet, ist leider logisch, da er mit seinem Online-Magazin auch starke Kritik an der Regierung, und wenn es Anlaß dazu gibt, auch am Staatsoberhaupt übt. Herr Machl muß die Kosten zur Abwehr dieses (noch nicht rechtskräftig) als ungerechtfertigt bewerteten Angriffs aus eigener Tasche zahlen. Nicht die Republik Österreich, nicht Herr van der Bellen kommen für das an Zeit und Kosten intensive Ungemach des freien Journalisten auf.

Journalismus braucht Freiheit!

Kritische und mißtrauische Medienmacher sehen in solchem juristischen Vorgehen ein System. Vertreter unliebsamer Medien sollen mundtot gemacht werden. Wenn sie schon nicht durch ein Gerichtsurteil zum Schweigen gebracht werden, kann man ihnen immer noch massiven ökonomischen Schaden zufügen.
Herrn Machls report24.news und andere Medien sind auf einer imaginären „Black List“ der Regierung und diverser Parteien(-vertreter). Sie werden zutiefst verachtet und gleichzeitig gefürchtet, da sie kein Teil des Österreichischen Medienzirkus mit wechselnden Darstellern aber immer gleichem Programm sind. Insofern sind sie als Teil der österreichischen Medienlandschaft sehr wichtig, da sie einen Gegenpol zur Mainstreammeinung mit ihrem „Copy+Paste“-Journalismus bilden. Die bloße Tasache, daß diese Medien keine Zwangsgebühren einzuheben beabsichtigen, macht sie schon ein Stück weit sympathisch…
Daß sie, diese „bösen“ Medien als extremistisch oder als „Putintrolle“ oder „Fake News“-Produzenten diffamiert werden, ist kein gutes Zeichen für die eingangs angesprochene Meinungs- und Pressefreiheit. Vielmehr empfiehlt es sich, Falschmeldungen auch gesetzlich zu verfolgen und wenn es dazu keinen Anlaß gibt, den Mund zu halten. Um der Freiheit Willen.



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