Blick durch Europa
Rund um die „Hölle“ gibt es mehr als genügend Sprüche und Erklärungen. Zwei der unzähligen geistigen Ergüße lassen wir heute ins Thema einfließen:
1. „Krieg ist die Hölle!“ Eine selbsterklärende Aussage.
2. „Hölle ist die Abwesenheit von Vernunft.“ Eine Feststellung, die den klaren Verlauf der ungebremsten Unvernunft nicht besser beschreiben kann.
Und trotzdem werden dieser Tage auf EU-Ebene Aussagen und Entscheidungen getroffen, die genau diese beiden Formen der Hölle, Krieg und Unvernunft, stärken, ja sogar befeuern.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenkyj fordert wieder einmal… Soweit keine Sensation, keine Neuigkeit. Daß aus der Ukraine nun eine Verzehnfachung der Waffenlieferungen gefordert wird, grenzt an Wahnsinn und hat die Grenze der bodenlosen Frechheit längst überschritten. Als Beiwerk zu dieser Unverfrorenheit wird auch noch durchkalkuliert, daß unterstützende Staaten ein Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in Militärhilfe für die Ukraine stecken sollen. – Zur Orientierung: Die NATO verlangt von ihren Mitgliedern ein Militäretat von mindestens 1%. Viele der Mitgliedsstaaten erfüllen diese Auflage nicht. In Österreich grundelt man bei rund 0,5% bis 0,8% herum. Dieser freche Wunsch würde für die meisten Staaten mehr als die Verdoppelung ihres Verteidigungshaushalts bedeuten. Und die Mehrausgaben laufen in ein Land, das in erster Linie für seine Korruption bekannt ist. Seit die Hilfe aus dem Westen munter dahinplätschert, haben sich genügend regierungsnahe Damen und Herren mehrere goldene Nasen verdient. Zur Legende wurde ein ukrainischer Lebensmittelhändler, der – seit das Westgeld regelmäßig kommt – der ukrainischen Armee Hühnereier für einen Euro pro Stück verkauft. Bislang war nur eine Märchengans bekannt, die goldene Eier legt…
Außerdem gehen viele Gegenstände der Waffen- und Ausrüstungslieferungen „verloren“ und landen auf dem Schwarzmarkt, bspw. in einschlägigen Foren im Darknet, wo sie dann von Terroristen und kriminellen Organisationen erworben werden.
Die EU wäre gut beraten, sich schleunigst ein Ausstiegsszenario aus diesem politischen Irrweg zu suchen. Wenn die USA so gerne einen Krieg in Europa sehen wollen, können sie ihn lieber selbst finanzieren und die indirekt Leidtragenden in Europa und der EU aus dieser Sache rauslassen.
Josep Borrell, der oberste Diplomat der EU, quasi der EU-Außenminister, zeigte sich wieder einmal von seiner undiplomatischsten Seite. Er fordert (leider nicht zum Scherz) eine Militärpräsenz von Marineeinheiten vor der chinesischen Küste, genauer gesagt, der Straße von Taiwan. Als besondere Draufgabe betonte der EU-Diplomat vergangene Woche vor dem EU-Parlament: „Taiwan ist eindeutig Teil unseres geostrategischen Perimeters, um den Frieden zu sichern und unsere Interessen zu verteidigen.“
Gänzlich übersieht der Chefdiplomat dabei, daß sämtliche Staaten der EU, die UNO, ja fast der gesamten Welt, die „Ein China-Politik“ der Volksrepublik China bestätigt und akzeptiert haben. Sie ist die Voraussetzung, um überhaupt in diplomatische Beziehungen mit China treten zu können und bedeutet im Klartext, daß der Taiwan-Konflikt eine innerchinesische Angelegenheit ist. Losgelöst davon, daß man militärische Drohgebärden vom Muster der Kanonenbootpolitik des ausgehenden 19. Jahrhunderts im China des 21. Jahrhunderts nur sehr gering schätzt, zeigt dieses Auftreten, daß dem obersten EU-Diplomaten neben jedem diplomatischen Feingefühl auch historisches Grundwissen und der Sinn für Realität fehlt. Sehr unvernünftig!
Foto Josep Borrell und Annalena Bärbock: wikimedia / flickr / UK Government / cc by 2.0 / cropped