Showdown für die ÖVP?

(Sehr selektive) Zusammenfassung des Geschehens ohne Höflichkeiten

Ein Kommentar.

Sehr geehrte Damen und Herren, geschätzte Leserinnen und Leser!

Man kann der ÖVP wirklich sehr viel vorhalten, aber sicherlich keinen Mangel an Unterhaltungswert. Immer für einen Lacher gut. Oder auch einmal für Staunen. Sehr oft für Entsetzen. So gut wie nie für Langeweile.
Erinnern Sie sich noch an die Wahl in Kärnten? Sie liegt eine politische Ewigkeit von zwei Wochen zurück und brachte ein Ergebnis, mit dem nicht viele Beobachter der Szenerie rechneten: Die ÖVP legte zu. Über 6000 Kärntner mehr gaben der Kanzlerpartei, die in Kärnten ohnehin ein eher beschauliches Schattendasein führt, ihre Stimme. Eine – man kann es gar nicht anders bezeichnen – Sensation! Wohltuend für die Kärntner Schwarzen, die nie in ihrer Geschichte auf Hausmacht, oder vielmehr Allmacht, wie ihre Parteikollegen in Niederösterreich oder Tirol blicken durften. Grund genug für den Bundesparteichef Nehammer, noch am Wahlsonntag die Hühner zu satteln und gen Kärnten zu reiten! Schließlich wollte er auch einmal dabei sein, wenn ein ÖVPler einen Wahlsieg außerhalb einer parteiinternen Veranstaltung einfährt. Und mit großen Pomp und Trara feierte der Oberschwarze zähnefletschend (oder lächelnd?) ein Ergebnis, das einige Prozentpunkte unterhalb des Bundesergebnisses der Umfragen der letzten Monate und Jahre liegt. Hauptsache ein Plus!

Doch dann wurde man wieder mal etwas übermütig in der Spitze der ÖVP. Und rasch bastelte man an der mehr einer Wunschvorstellung als der Realität entsprechenden Gedankenwelt, in der die ÖVP nun eine „Trendumkehr“ geschafft hätte, und es nun wieder aufwärts ginge. Nehammer sah sich und sein Team schon als die Sieger von morgen, eine Mannschaft, die an die Erfolge eines gewissen Sebastian K., von dem niemand jemals etwas gehört hatte, anschließen wird. Und in diesem Überschwang der Gefühle und Selbstgefälligkeit hielt dieser ÖVP-Chef eine Rede, die – in aller Höflichkeit – entbehrlich war. Hand aufs Herz: Wenn man sich durch diesen unangenehmen Vortrag des Kanzlers als Zuhörer gequält hatte, stellte man die durchaus berechtigte Frage, ob denn dieser Karl Nehammer tatsächlich „Kommunikationstrainer“ im Zivilberuf war? Denn neben den inhaltlichen Kuriositäten fiel dem geneigten (und geduldigen) Zuhörer ein mehr als seltsames Zusammenspiel aus Mimik und Gestik auf. Die ständigen Handkantenschläge durch den leeren Raum waren noch das kleinste Übel des schrecklichen Auftritts. Nehammer zeigte sein völliges Unverstehen und Unverständnis für Dinge, mit denen Österreicherinnen und Österreicher gerade dank der Politik seiner Partei tagtäglich konfrontiert sind: Wenn die Mieten unbezahlbar werden, soll man sich ein Haus kaufen… Die Schüler erlernen „digitale Kompetenz“ durch kostenlose E-Papers, die allerdings nur vom Presserat empfohlen werden sollen… Und die Corona-Maßnahmen waren den einen zu streng, den anderen zu lasch…
Meine lieben Damen und Herren, geschätzte Leserinnen und Leser, jetzt einmal ernsthaft: Sollte es unter Umständen, vielleicht, irgendwie, also unter Annahme einer sehr unwahrscheinlichen Situation, wirklich dazu gekommen sein, daß sich die ÖVP in einer plötzlichen Aufbruchsstimmung, am Punkt der Trendumkehr befunden hätte, dann hat der ÖVP-Chef Nehammer mit seiner mehr als unnötigen, mehr als überlangen Wortspende dieses zarte Pflänzchen schwarzer Hoffnung zertreten. Das war es dann wohl. Nächster Halt: Landtagswahl in Salzburg.

In Niederösterreich hat sich nun das Ergebnis der letzten Landtagswahl in Form eines Regierungsübereinkommens zwischen der ÖVP und der FPÖ manifestiert. Und daß sich die beiden Lager nicht unbedingt mit Liebe und Griesschmarrn überschütten, ließ sich bei der gemeinsamen Pressekonferenz vom blauen Landeschef und künftigen Vize-Landeshauptmann, Udo Landbauer, und der Chefin der niederösterreichischen ÖVP, Johanna Mikl-Leitner, schwer übersehen. Da knisterte die Luft. Und sie knisterte nicht zuletzt deswegen, weil in den vergangenen Wochen, seit der geschlagenen Wahl Ende Januar, beinahe jeder berufene, wie unberufene Reporter, Kommentator oder gar „Experte“ die (eher seltsame) These breit trat, daß die FPÖ auf Grund ihrer im Wahlkampf gezeigten Abneigung gegenüber Mikl-Leitner keine Regierungszusammenarbeit mit der ÖVP eingehen dürfe.
Nun kann man diese Meinung von Leuten, die weder mit der ÖVP, noch der FPÖ oder mit Niederösterreich etwas am Hut haben, natürlich teilen. Doch sie bedeutet im Endeffekt nichts anderes, als daß man zwar Veränderung wählen kann, sie aber bloß nicht in der Regierung sichtbar sein soll. Wozu soll man dann denn überhaupt wählen? Und ob sich Landbauer und Mikl-Leitner besonders lieb haben, ist dem Durchschnittsniederösterreicher auch herzlich egal. In keinem ansatzweise normal funktionierenden Unternehmen der Welt wird man Unproduktivität dulden, nur weil sich die Angestellten nicht lieb haben. Und ja, um das geht es auch im Verständnis dieser Sache: Die Landesregierung, all die Landesräte sind Angestellte der Bürger. Sie sind nicht Herrscher, nicht Regenten, sondern Angestellte, die den Wählerauftrag umzusetzen haben. Daß Landbauer bei seiner Aussage blieb, Mikl-Leitner nicht zur Landeschefin zu wählen, zeigt eine erfrischende Härte und Konsequenz, die manchem Politiker im Land fehlt.

Zurück zum Verständnisproblem „Herrscher oder Angestellter“: Ein angeblich besonders wichtiger ÖVP-Mann meldet sich auch zu dieser Regierungskonstellation zu Wort: Der EU-Vizepräsident Othmar Karas bot wieder einmal Einblick in sein ganz besonderes Verständnis für Demokratie. Er bedauert die Zusammenarbeit und sieht im Proporzsystem, das eine Regierungsbeteiligung je nach Wählerzuspruch garantiert, den Fehler. Das ist nicht verwunderlich. Das System der Proporz- oder Konzentrationsregierung, die übrigens von immer mehr Bürgern favorisiert wird, weil es die Vertreter der Politik zur Zusammenarbeit zwingt, paßt dem Mann, der so demonstrativ mehr Brüssler als österreichische Interessen vertritt, gar nicht in den Kram. Daß er dann auch noch Erhard Busek zitiert, läßt auch keine Fragen mehr offen. Erhard Busek war schließlich der ÖVP-Mann, der sich dafür hergab, öffentlich mit SPÖ-Vertretern die „Internationale“ zu singen. Othmar Karas ist ein Vertreter einer Politik, von der sich die Österreicherinnen und Österreicher in breitester Mehrheit, über beinahe alle Parteien, längst verabschiedet haben. Der Brüssler Zentralismus gegen den lautstark artikulierten Willen der Menschen kotzt die Menschen nur noch an. Egal ob Insekten in Lebensmitteln, Green Deal, Farm2Fork, Verbrennerverbot, Energiepolitik, Sanktionen, … Karas hat in diesen Bereichen stets einen EU-hörigen Standpunkt gegen den erhobenen Willen der Österreicherinnen und Österreicher vertreten. Insofern ist es direkt eine Auszeichnung für die kommende niederösterreichische Landesregierung, wenn sie einem Othmar Karas mißfällt.
Den Niederösterreichern bleibt zu wünschen, daß die neue Landesregierung, diese neue Konstellation eine Zukunft ähnlich (oder gleich) der oberösterreichischen Landespolitik bringt, wo es ebenfalls eine Zusammenarbeit zwischen ÖVP und FPÖ gibt, und das Land unaufgeregt regiert wird.




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Fotos:
Wahlurne Grafik © Nevit Dilmen / cc by-sa 3.0 / cropped
Karl Nehammer: wikimedia / European People’s Party / cc by 2.0 / cropped
Othmar Karas: wikimedia /
Reinis Inkēns, Saeima / cc by-sa 2.0

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