Ein Gastkommentar von Mag. Roman Haider MdEP
Die Bilder könnten nicht unterschiedlicher sein. Ganz allein überquert ein General als letzter russischer Soldat die Grenzbrücke zwischen Afghanistan und der damaligen UdSSR, nachdem seine Soldaten vorher geordnet das Land verlassen haben. 32 Jahre später sieht man überfüllte Frachtflugzeuge, unkoordinierte Soldaten, panische Zivilisten. Es wäre falsch, die heillose Flucht der westlichen Truppen aus Afghanistan einfach als Abzug zu bezeichnen. Die Soldaten der untergehenden UdSSR sind aus Afghanistan abgezogen. Die Soldaten des Westens, allen voran der USA, sind aus Afghanistan geflohen.
Um die US-Soldaten rechtzeitig vor dem zwanzigsten Jahrestag von 9/11 aus Afghanistan zu holen, hat US-Präsident Biden alle Warnungen in den Wind geschlagen. Ohne längere Planung, ohne militärischen Druck für einen friedlichen und geordneten Abzug aufzubauen, hat Biden den Islamisten einen Propagandaerfolg erster Klasse verschafft, der gleichzeitig eine grausame Blamage für den Westen ist. Während sich die afghanischen Kommunisten immerhin noch zwei Jahre nach dem russischen Abzug halten konnten, schaffte es der Günstling des Westens trotz enormer Militärhilfe nicht einmal zwei Wochen. Das ist wenig verwunderlich; die Ankündigung Bidens ohne Waffenstillstandsabkommen abzuziehen, das für seinen vielgescholtenen Vorgänger Trump noch ein Voraussetzung für den Truppenabzug war, hat die Taliban beflügelt und die ohnehin schwachen Regierungstruppen endgültig demoralisiert. Die aktuelle Tragödie ist das Resultat dieser unverantwortlichen Politik.
Die US-Führung wird an Dilettantismus und Weltfremdheit nur noch von ihren westlichen Verbündeten übertroffen. Nachdem die Verteidigung Deutschlands am Hindukusch offensichtlich gescheitert ist, soll jetzt zumindest die „moralische Überlegenheit“ Europas verteidigt werden. Dazu hat Kommissionspräsidentin von der Leyen jetzt die Mitgliedsstaaten der EU zur Aufnahme afghanischer „Flüchtlinge“ – angesichts der geographischen Distanz zwischen Europa und Afghanistan müsste man eigentlich von Migranten sprechen – aufgefordert. Das ist leider wenig überraschend, gehört doch die Umverteilung von Migranten in der ganzen EU zu einem der Lieblingsprojekte der EU-Kommission. Fehlen darf natürlich auch nicht die Forderung nach sicheren und legalen Migrationswegen nach Europa, was die vollständige Öffnung Europas für Massenmigration bedeuten würde.
Die europäischen Bürger sollen jetzt also wieder einmal die bitteren Konsequenzen einer völlig naiven und weltfremden Politik der US-Regierung und ihrer Verbündeten tragen. Was angesichts einer neuen drohenden Migrantenwelle das einzig sinnvolle wäre, kommt der EU-Kommission nicht in den Sinn: Der sofortige Aufbau eines effektiven EU-Außengrenzschutzes.
Doch auch die österreichische Bundesregierung, allen voran Kanzler Kurz, reiht sich in die Riege der Phantasten und weltfremden Träumer ein. Sicherheitszonen im Ausland oder Abschiebungen in die Nachbarländer Afghanistans mögen längerfristig sinnvolle Optionen sein. Kurzfristig ist jedoch beides schlicht unmöglich, was sowohl Kurz als auch Nehammer mit Sicherheit bewusst ist. Ein sofortiger Asylstopp sowie massiver Ausbau des Grenzschutzes sind auch für Österreich das Gebot der Stunde.
Von einem Einsatz für einen effektiven, robusten europäischen Grenzschutz innerhalb der EU ist bisher weder von der Bundesregierung noch von den türkisen EU-Parlamentariern etwas zu hören.
Zudem sind die geltenden Asylregelungen dringend reformbedürftig, um die zunehmende Migration aus aller Herren Länder nach Europa endlich wirkungsvoll zu unterbinden.
Insgesamt ist eine radikale Umkehr beim Migrationsmanagement nötig.
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