Halunken mit Pensionsanspruch

Unerwartete Geheimnisse der Piraten der Karibik

Über 200 Jahre lang war die Karibik der Tummelplatz für Glücksritter, Gauner, Tagediebe und Abenteurer. Nicht immer waren es romantische und besonders ehrenhafte Gründe, die Menschen in diese Gegend trieben. Viele waren geflüchtete Strafgefangene, Schuldner denen der Boden von den Gläubigern unerträglich heiß gemacht wurde, Heißsporne, die sich kaum unter Kontrolle hatten, ja sogar psychisch Beeinträchtigte, denen man heute definitiv eher intensive Behandlung in geschlossenen Einrichtungen angedeihen ließe. Diese explosive Mischung sammelte sich an der wichtigsten Route der spanischen Goldtransporte. Das konnte nicht gut gehen. – Für die Spanier.

„Hispaniola“, heute Haiti und Dominikanische Republik, war seinerzeit eine Piratenhochburg.

Englische Könige lagen im Dauerkonflikt mit Spanien und statteten die wilden Seefahrer rund um die malerischsten Inseln der Karibik mit „Kaperbriefen“ aus. Sie waren der Freibrief für die Piraten, Schiffe zu kapern und die Beute zu behalten. – Allerdings nur die Schiffe der verfeindeten Nationen. Mehrfacher Vorteil für die Aussteller von Kaperbriefen: Kein eigenes Risiko, keine Kosten für eigene Kriegsschiffe und trotzdem Schaden an der Seefahrt der gegnerischen Nation. – Und wenn sich die so bedrängte Nation einmal über die Piraten beschwert – und das tat Spanien ständig – wusste man von nichts und spielte das Unschuldslamm. – Und dies taten englische Monarchen ständig.


Aber die Piraten waren nicht nur blutrünstige Räuber, sondern dachten auch einmal einige Schritte weiter. Es war ihnen durchaus bewußt, daß sie trotz ihres Einsatzes für ihren Kaperbriefaussteller und Auftraggeber nie in ihrer Heimat mit Dank und Anerkennung zu rechnen hatte. Also machte man sich um die Zukunft Gedanken: Was soll werden, wenn man alt, krank, verkrüppelt in einem Karibikhafen herumstolpert und keine feindlichen Schiffe mehr kapern kann?

Piraten beim Aufteilen der Beute.

Man legte einen Fond an und setzte ein Regelwerk auf. Henry Morgan, einer der berühmtesten und mächtigsten Piraten soll diese Idee gehabt haben. In den „Articles Of Agreement“ wurde die Versorgung der Alten und Kranken geregelt. Auch „arbeitsrechtliche“ Rahmenbedingungen wurden festgelegt. Disziplinarrecht vereinbart und eine Entschädigungstabelle für „Arbeitsverletzungen“ aufgestellt. So wurden folgende Entschädigungen bezahlt:
600 Piaster (spanische Münze mit hohem Wert) oder sechs Sklaven bei Verlust des rechten Arms.
500 Piaster oder fünf Sklaven bei Verlust des linken Arms oder rechten Beins.
400 Piaster oder vier Sklaven bei Verlust des linken Beins.
100 Piaster oder einen Sklaven bei Verlust eines Auges oder eines Fingers.

Ebenso wurde das klare Recht auf medizinische Behandlung und Versorgung fixiert. Allerdings gab es doch sehr wenig Mediziner in dieser Gesellschaft. Aber hier zählt der Wille. Und Piraten, die „in Pension“ waren, zu alt, um das Piratengewerbe auszuüben, wurden ebenfalls mit genügend Geld für ihr Auskommen versorgt. – Unabhängig davon, ob der Betroffene zuvor Reichtümer anhäufte oder bettelarm „in Rente“ ging.

Sozialer Fortschritt auf Piratenart!

Und der Urheber dieses Instruments sozialen Ausgleichs lächelt noch heute von so mancher Rumflasche.

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