Die spanische Grippe

Rauchverbot! – Damals eine Ausnahme.

Vor 100 Jahren, also wenige Monate nach Ende des ersten Weltkrieges, wurden vor allem Europa und Nordamerika von einer Pandemie erfaßt, welche die Zahl der Todesopfer der voangegangenen vier Kriegsjahre mit Leichtigkeit in den Schatten stellte. 20 bis 50 Millionen Tote – je nach Quelle und Zählweise – sollen dieser Krankheit weltweit zum Opfer gefallen sein.

Der Ursprung der Pandemie
Woher die Krankheit, dieser neue, besonders aggressive und gefährliche Virenstamm stammte, ist bis heute nicht mit 100%iger Sicherheit feststellbar. In einer Zeit, in der täglich Tausende an den Fronten des Weltkriegs durch Bomben, Granaten, Pistolen-, Gewehr- und MG-Feuer, durch Giftgas oder Bajonettstiche starben, achtete man verständlicherweise nicht so sehr auf Grippesymptome. Die Krankenhäuser und Lazarette waren ohnehin mit dem durch den Krieg ausgelösten Wahnsinn hoffnungslos überfordert.
Allerdings geht man nach neuesten Forschungen heute davon aus, daß der Virus aus den USA, und zwar genauer aus Haskell County im Bundesstaat Kansas seinen Ausgang nahm. Über das Ausbildungslager Camp Funston machte die spanische Grippe ihre „militärische Laufbahn“ und landete so bald als blinder Passagier der vielen Tausenden US-Soldaten auf dem europäischen Kriegsschauplatz.
Unnütz zu erwähnen, daß die unmenschlichen hygienischen Bedingungen die Verbreitung der todbringenden Seuche hervorragend begünstigten. Die mangelhafte medizinische Versorgung, die mehr auf die Behandlung von Verletzungen aus dem Gefecht ausgelegt war, tat dann ihr übriges.

Warum „spanische“ Grippe?
Mit all diesen Faktoren verbreitete sich das Virus in Windeseile über Fronten und Grenzen hinweg bis in die letzten Winkel der Länder. Selbst der damalige spanische König Alfons XIII, sowie einige spanische Regierungsmitglieder waren betroffen. Deren Krankheitsverlauf war vergleichsweise harmlos. – Nicht zuletzt auf Grund der für die Zeit hervorragenden ärztlichen Betreuung. Aber auf diesem Wege hatte die Krankheit, die man bislang nur als „Flu“ (für Influenza) oder „Blitzkatarrh“ kannte, endlich ihren Namen.

Besonders gefährlich
Mit einer Sterblichkeitsrate von mind. 2,5% war sie mind 25 mal so tödlich wie die oft mit ihr verglichene Vogelgrippe. In Indien lag die Sterblichkeitsrate gar bei 5%.
Und bei all diesen Zahlen darf man nicht übersehen, daß es damals weder eine systematische weltweite Erfassung, geschweige denn eine ärztliche Meldepflicht für die Krankheit gab.

Gegenmaßnahmen
Die ersten Schritte waren Quarantänemaßnahmen, die auch bald ihre Wirkung zeigten. Daneben wurde auf die Einhaltung allgemeiner – für uns heute selbstverständlicher – Anstands- und Hygieneregeln besonders Bedacht gelegt. Einerseits wurde bspw. vor der Benutzung gebrauchten Essbestecks gewarnt, andererseits wurde das öffentliche Ausspucken unter Strafe gestellt.
Ein wirksames Medikament gegen diese heimtückische Krankheit gab es nicht, weshalb man sich auf das Lindern der Symptome konzentrierte. Neben Chinin und Aspirin griff man genauso auch zu besonders großen und heftigen Kalibern aus dem damaligen Pharmarepertoire wie Heroin, Kokain, Morphium, etc…
Die Behandlung wurde in weiten Bereichen ähnlich ausgelegt, wie die einer Lungenentzündung oder eines Reizhustens.

Prominente Opfer
Das besonders aggressive Virus raffte nicht nur die Armen und Kranken dahin, sondern machte auch vor Berühmtheiten nicht Halt: So wurde der Großvater des heutigen US-Präsidenten, der Unternehmer Frederic Trump genauso Opfer der spanischen Grippe, wie der berühmte Nationalökonom und Begründer der Soziologie Max Weber oder der Wiener Maler Egon Schiele.

Das Verschwinden der Seuche
Die unzähligen Vorsorge- und Gegenmaßnahmen bewirkten Mitte 1919 das Verschwinden der Krankheit auf dem europäischen Kontinent. Allerdings war die spanische Grippe über den weltweiten Schiffsverkehr und vor allem gemeinsam mit den aus dem europäischen Kriegsschauplatz heimkehrenden Truppen bereits in die ganze Welt exportiert worden und es dauerte wohl bi in die frühen 1920er bis sie endgültig besiegt war.

Und heute?
Das Virus wäre auch heute brandgefährlich. Kaum ein Grippevirus war und ist dermassen aggressiv und tödlich. Allerdings gäbe es heute erheblich schneller entsprechende Gegenmassnahmen wie Schutzimpfungen. Für erklärte Impfgegner wäre die Angelegenheit allerdings hochriskant.
Dank hoher medizinischer Standards und erheblich besserer hygienischer Bedingungen bleibt das Risiko allerdings überschaubar.

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