
Ein Beitrag von MEP Mag. Roman Haider
Preissteigerung, Teuerung, Inflation – europaweit leiden die Bürger, das Leben wird immer unleistbarer, die Arbeitsplätze unsicherer. Von EU-Granden wird die Schuld daran gerne externen Ereignissen gegeben. Russlands Angriff auf die Ukraine, US-Präsident Trump oder die expansive Politik Chinas, die Liste der angeblich Schuldigen ist lang. Dabei wäre gerade EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gut beraten, vor der eigenen Tür zu kehren. Denn gerade die Politik ihrer Kommission ist für einen guten Teil der Probleme in Europa in besonderem Maß verantwortlich. Die bereits erwähnten Teuerungen in allen Bereichen, zunehmende Deindustrialisierung und Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit heimischer Unternehmen sind Ausfluss des Kernelements ihrer Politik, des Green Deal. Mit geradezu religiösem Eifer wird das Ziel, Europa zum ersten CO2-neutralen Kontinent zu machen, vorangetrieben. Dass dabei sowohl Bürger als auch Unternehmer auf der Strecke bleiben, stört von der Leyen und ihre Kommission dabei keineswegs. Um der wachsenden Kritik an diesem zutiefst destruktiven Programm zu begegnen, hat die Kommissionspräsidentin zu einem altbekannten Trick gegriffen: Das Programm wird kurzerhand umbenannt, von „Green Deal“ in „Clean Industrial Deal“. So hofft man in Brüssel, diese Politik mit wenigen kosmetischen Änderungen allen Widerständen zum Trotz weiterverfolgen zu können.

Der Kern des Green Deal ist der EU-Emissionshandel. Während die ebenso schädliche heimische CO2-Bepreisung inzwischen fast jedermann ein Begriff ist, bleibt dieser EU-Emissionshandel weitgehend unbekannt. Dabei müssen größere Industriebetriebe und Energiehersteller für jede emittierte Tonne CO2 einen Preis bezahlen. Die CO2 Preise des bereits 2007 implementierten Systems verharrten dabei relativ lange auf sehr niedrigem Niveau; zudem gab es für international tätige Unternehmen Gratiszertifikate, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Mit der neuen EU-Kommission von der Leyens hat sich das drastisch verändert. Im Zuge ihres Green Deal, jenes bereits angesprochenen utopischen Programms, mit dem die EU zum globalen „Klimaleuchtturm“ werden soll, hat sich der Preis pro emittierter Tonne CO2 von rund fünf Euro auf über hundert Euro verzwanzigfacht. Diese enorme Verteuerung der CO2-Zertifikate wird dabei von der EU bewusst herbeigeführt und ist eine wesentliche Ursache für die explodierenden Energiepreise. Während dadurch die Kaufkraft der Bürger in der EU sinkt, sind die hohen Energiepreise der Sargnagel für die heimische Industrie, die sich im globalen Wettbewerb nicht mehr behaupten kann.
Obwohl die verheerenden Auswirkungen dieses weltweit einzigartigen Emissionshandels inzwischen unübersehbar sind, soll er ab 2027 noch einmal massiv ausgeweitet werden. ETS II beschreibt die Ausweitung auf die Bereiche Mobilität und Gebäude ab 2027. Es ist de facto eine CO2-Abgabe der EU für Treibstoff und Erdgas sowie Heizöl. Damit wird auf einen Schlag vieles teurer, vor allem Autofahren und Heizen: 50 Cent je Liter Treibstoff sowie von 12 bis 13 Prozent bei Gas und Heizöl zu Beginn. Wegen künstlicher Verknappung der Zertifikate durch die EU sind weitere Steigerungen unvermeidlich. Mit Mehrbelastungen von mindestens 1000 Euro pro Haushalt im Jahr zu Beginn ist zu rechnen, nach oben gibt es kaum Grenzen. Ab diesem Jahr läuft ETS II sozusagen im Probebetrieb, in zwei Jahren zieht es scharf.
Inzwischen mehren sich die Proteste, doch die Kommission verteidigt gerade dieses Vorhaben mit Zähnen und Klauen. Das hat abseits von Klimawahn und der Angst vor Prestigeverlust einen ganz handfesten Grund. Die Einnahmen aus ETS II sollen nicht wie bisher den Mitgliedsstaaten sondern der EU direkt zufließen. Damit würden sich die Eigenmittel der Kommission mit einem Schlag drastisch erhöhen. Und gerade nach dieser Erhöhung der Eigenmittel giert die Kommission seit langem, um von den Mitgliedsbeträgen der Staaten unabhängiger zu werden.
Eine weitere zusätzliche Eigenmittelquelle sollen die Einnahmen aus dem CO2-Ausgleichsmechanismus CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism), einer Art CO2-Zoll sein. Damit soll die Einfuhr von Produkten mit schlechter Emissionsbilanz verteuert, die europäischen Hersteller geschützt und die als „carbon leakage“ bezeichnete Abwanderung infolge hoher CO2-Bepreisung gestoppt werden. Dieser Ausgleichsmechanismus wirft einige Probleme auf. Zuerst werden dadurch natürlich Importprodukte spürbar teurer. Die Wettbewerbsfähigkeit exportorientierter Unternehmen wird durch Einfuhrzölle jedoch nicht verbessert. Ganz im Gegenteil sind ab 2026, wenn dieser Mechanismus endgültig in Kraft tritt, entsprechende Reaktionen der Handelspartner zu befürchten. Bereits bei den aktuellen Verhandlungen über ein Handelsabkommen der EU mit Indien ist der CO2-Grenzausgleichsmechanismus der größte Stolperstein. Indien ist verständlicherweise nicht bereit, trotz eines Handelsabkommens zusätzliche Zölle zu akzeptieren. Der EU-Klimawahn bremst damit effektiv heimische Unternehmen beim Wettbewerb auf einem der größten Märkte der Welt aus und macht den Weg für ausländische Konkurrenten frei.

Zusätzliche Einnahmen hat die EU auch ganz dringend nötig. Als Folge vertragswidriger Schuldenaufnahme für das dubiose Corona-Wiederaufbauprogramm „Next Generation EU“ droht das EU-Budget völlig aus dem Ruder zu laufen. Steigende Zinsen und falsche Kalkulationen machen die Rückzahlung der Schulden zu einem Fass ohne Boden, das ein Fünftel des EU-Budget verschlingen wird.
Die Zeche für diese völlig verfehlte Politik dürfen wieder einmal die Bürger bezahlen. Die nächsten massiven Teuerungen sind vorprogrammiert während die Wirtschaft weiter schwächelt. Für die Kommission sind derartige „Kollateralschäden“ jedoch offensichtlich kein Problem. Eine besonders zwielichtige Rolle nimmt dabei die Europäische Volkspartei ein, der Ursula von der Leyen angehört. Die vor der letzten EU-Wahl zunehmende Kritik an dieser Politik aus den Reihen der EVP ist inzwischen verstummt. Dabei gäbe es im Europaparlament inzwischen durch die massiven Zugewinne der patriotischen Kräfte neue Mehrheitsverhältnisse, um diesen Wahn zu stoppen. Die EVP hält jedoch entgegen ihren Wahlversprechen eisern am Bündnis mit Liberalen, Sozialdemokraten und Grünen fest, um den Green oder inzwischen Clean Industrial Deal weiter voranzutreiben. Die Auswirkungen dieser desaströsen Politik sind inzwischen europaweit zu spüren. Die dringend nötige radikale Wende lässt bisher noch auf sich warten.

Titel-/Vorschaubild © European Union 2024 – Source : EP / Laurie DIEFFEMBACQ