Michael Armitage gilt als einer der wichtigsten Maler der Gegenwart. Er wird mit großformatigen Gemälden bekannt, die Figuren in traumwandlerischen Landschaften zeigen. Armitages Motive sind von Geschichte und tagespolitischen Ereignissen geprägt.
Er beobachtet lokale Rituale und politische Kundgebungen, daneben Pflanzenwelt und Tierleben. Samtig an der Oberfläche und formschön in den Flächen sind seine Bilder von einer beunruhigenden Mehrdeutigkeit. Farben werden in mehreren Schichten aufgetragen, abgeschabt und neu überarbeitet. Eine Besonderheit seiner Gemälde ist der Bildträger. Armitage nutzt Rinde als Malgrund. Die Rinde des ugandischen Feigenbaums wird abgezogen, anschließend gebrannt und geglättet. In einem aufwändigen Prozess verwandelt sich das harte organische Material in einen weichen, spannbaren Stoff, der »Lubugo« genannt wird. Armitage vernäht die Fragmente zu beachtlichen Formaten. Die Nähte bleiben unter der Malschicht sichtbar. Es bilden sich Leerstellen und Narben.
Pathos and the twilight of the idle ist der Titel eines Werks von 2019. Es ist ein hochformatiges Gemälde von beträchtlichen Maßen. In der Mitte des Bildes befindet sich eine Figur, die auf die Betrachtenden zuschreitet. Ihre Mimik und die hochgezogenen Schultern vermitteln die Bereitschaft zu Anklage und Kampf. Vor ihrem Körper hängen zwei Dosen mit Tränengas. In den Händen, die sich merkwürdig vervielfacht haben, hält sie sandfarbene Schleudern. Im Hintergrund quellen unzählige Farben. Das Bild entstand nach einer Kundgebung der größten kenianischen Oppositionspartei 2017 in Nairobi. Einige der abgebildeten Demonstranten sind grotesk verkleidet, tragen Kostüme, Perücken oder Kronen. Eine Person schwingt eine Fahne. Die muskulöse Figur in der Mitte trägt ein helles Bikini-Oberteil.
Menschen interessieren ihn mehr als Führer, sagt der britisch-kenianische Maler. Neben tagespolitischen Themen greift Michael Armitage religiöse Bildmotive auf. Der Baldachin am oberen Bildrand erinnert an einen Altar. Tatsächlich ist der aufgebahrte Mann in der oberen Bildmitte Hans Holbeins Der Leichnam Christi im Grabe (1521/22) nachempfunden.
Bis 29.10.2023
Juli und August
Montag bis Sonntag 10 – 18 Uhr
Donnerstag 10 – 20 Uhr
Kunsthaus Bregenz
Karl Tizian Platz
6900 Bregenz
+43-5574-485 94
kub@kub.vol.at
http://www.kunsthaus-bregenz.at/
Titel-/Vorschaubild © Michael Armitage, Kunsthaus Bregenz