Die Feinde Europas

Blick durch Europa

Kommentar.

Am 9.12.2022 war der Welt-Anti-Korruptionstag. Die griechische sozialdemokratische Vizepräsidentin Eva Kaili des EU-Parlaments wurde just an diesem Tag in Brüssel festgenommen. Ob dieses Zusammentreffen inszeniert oder zufällig war, ist schwer festzustellen. Auf ungustiöse Weise passend ist es allemal. 2012 war sie in der britischen „Sun“ noch zu einer der schönsten Politikerinnen Europas gewählt worden. Nun bröckelt das Image.
Der Dame wird vorgeworfen, sie hätte sich von einem Golfstaat schmieren lassen, um sich im Sinne dieses Staates einzusetzen. An anderer Stelle wurde man da schon konkreter und sprach den angeblichen Sponsor der prominenten EU-Sozialdemokratin an: Es soll sich um Katar handeln. Ein weiterer Beschuldigter in der Sache, der italienische Sozialist und ehemalige EU-Mandatar Pier Antonio Panzeri wurde mit einer Reisetasche mit rund 600.000,– EURO Bargeld festgenommen.
Aufgefallen war schon Kailis Lobrede über den Wüstenstaat am 22.11.2022, als die (zum Mitschreiben) Sozialdemokratin, also die Vertreterin der werktätigen Menschen, Katar als „führend bei den Arbeitsrechten“ bezeichnete. Ein entsetzter Aufschrei der Genossen blieb allerdings aus. Auch kam niemand auf die Idee, die Dame für ihre ganz eigentümliche Art, Arbeitsrechte auszulegen, aus der Fraktion oder der Partei auszuschließen.
Doch dürfte diese Rede nicht das angeblich gelieferte Geld wert sein. Da dürfte etwas mehr dahinter stecken.

Doha, Hauptstadt von Katar. Die Arbeitsbedingungen auf den Baustellen Katars sollen „tödlich“ sein.

Eva Kaili war Vorsitzende der Delegation für die Beziehungen zur Parlamentarischen Versammlung der NATO und Mitglied in der Konferenz der Delegationsvorsitze, im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie. Wenn man nun die Einzelfaktoren „Beziehung zur NATO“, „Energie“ und „Katar“ zusammenzählt, und dies in einen Zusammenhang mit den Bestrebungen und Handlungen der Führungsebenen der EU des Jahres 2022 bringt, kommt man zu Schlüßen, die man lieber nicht gehabt hätte.
Kann es vielleicht sogar sein, daß gerade aus dieser Richtung ein selbstmörderischer Energie- und Wirtschaftskrieg gegen den verläßlichen und günstigen Energie- und Gaslieferanten Rußland gestartet wurde? All dies natürlich in Absprache und im Interesse einer NATO, die sichtbar eher US-Interessen als EU-Anliegen vertritt?

Die Interessen der NATO und die Interessen der EU haben nichts miteinander zu tun. Im Gegenteil!

Sollte sich auch nur ein Bruchteil dieses Gedankenkonstrukts als wahr erweisen – Und die Überlegung, daß sich über diese Schiene die plötzliche Idee der Energieversorgung aus dem Wüstenstaat nährt, ist nich völlig abwegig. – hat die EU ihre größten Feinde in den eigenen Reihen, ja in den Führungsebenen sitzen.
Die energiepolitische Selbstentleibung ohne nur einen Moment darüber nachzudenken kann nicht nur das Resultat vollkommener Inkompetenz sein. Da muß schon ein wenig Kalkül, ein Vorteil für irgendjemanden mit dabei gewesen sein. Eventuell sind es lachhafte 600.000 EURO, die den Kaufpreis darstellen, um über das wirtschaftliche Schicksal der Bürger in der Union zu entscheiden.
Wieder könnte sich in sehr tragischer Weise zeigen, daß nicht die Kritiker des Systems, von dem Insider meinen, daß deren Amtsinhaber hoffnungslos geldgeil und gleichzeitig dämlich seien, die „Feinde Europas“ sind, sondern die selbsternannten Verteidiger angeblicher westlicher Werte. Es scheint um Werte zu gehen, für die bspw. Annalena Bärbock, die bundesdeutsche Buchstabenjongleurin aus dem auswärtigen Amt, vergangene Woche bei ihrem Indienbesuch mehr oder weniger höflich ausgelacht wurde. Außerhalb der EU-Blase empfindet man das pseudomoralische Getue europäischer Politiker sehr häufig als eine Art Neokolonialismus und man will sich sicher nicht von europäischen Wirtschafts- und Außenministern erklären lassen, warum der Einkauf von russischem Gas oder Öl ethisch unvertretbar sein soll.

Eva Kaili debattiert mit Bürgern zum Thema „Korruption in der EU“. (Kein Witz!)

Auch Eva Kaili war eine glühende Vertreterin dieser westlichen, dieser europäischen Werte. Egal ob es um Solidarität mit der Ukraine ging, um den viel zu unhöflichen Umgang mit den uneingeladenen Migranten – Eva Kaili war stets auf der richtigen, der guten Seite.
Nun ist es Zeit, diese Seite genau, sehr genau unter die Lupe zu nehmen. Am besten sollten es genau die Personengruppen machen, die seit Jahren das undurchsichtige und zumindest korruptionsanfällige System anprangern. Und das die auf keinen Fall die Vertreter der Grünen, Sozialdemokraten, Liberalen oder der Europäischen Volkspartei sein können, versteht sich wohl von selbst. Die jahrelangen Ziele der Schmähungen, die Le Pens und Vilimskys, die eingefleischten EU-Systemkritiker wären jetzt gefragt.
Allerdings ist zu bezweifeln, daß man diese Menschen mit der Ambition, „den Saustall auszumisten“, auch ranläßt. Eher wird wieder ein Bock zum Gärtner gemacht.

Bemerkenswert im Gesamtzusammenhang sind die „Stimmen aus dem Hintergrund“. Auf den nun bekannt gewordenen Skandal reagierten unterschiedliche EU-Parlamentarier aus verschiedenen Ländern und unterschiedlicher Fraktionen mit gewisser Gelassenheit: Man hätte nichts anderes erwartet und sei überhaupt nicht erstaunt über die Bestechlichkeit in diversen politischen „Cliquen“. Amüsiert sei man allerdings darüber, daß man – speziell in bundesdeutschen Medien – Vertreter der Grünen als „moralische Instanz“ über diese Vorkommnisse kommentieren ließe. Auch das wütend-moralisierende ORF-Interview von Ottmar Karas (ÖVP) rief Gelächter hervor und man nimmt ihm seine demonstrative Integrität nicht ab.


Fotos:
Eva Kaili bei Debatte über Korruption in der EU: wikimedia / euranet_plus / cc by-sa 2.0

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