Verfassungsschutz vs. AfD – Was ist hier gesichert?

Am vergangenen Freitag, dem Fenstertag an dem viele Büros unbesetzt blieben, weil man die Gunst des Kalenders zur Verlängerung des Wochenendes nutzte, war die bundesdeutsche Innenministerin nicht untätig. Sie präsentierte die „Einschätzung“ des Bundesamts für Verfassungsschutz zur nunmehr größten Oppositionspartei Deutschlands, die bei vielen Umfragen in der Zwischenzeit auch zur stärksten Partei aufgestiegen ist:
Die AfD – Alternative für Deutschland wird als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. Diese Beurteilung basiert auf einem rund 1100 Seiten starken Gutachten des Verfassungsschutzes…
Ausschlaggebend für diese Beurteilung sei vor allem die Einschätzung, daß die AfD einen „völkischen“ Begriffs des Deutschen anwende, wodurch die im Art. 1 des deutschen Grundgesetzes garantierte Unantastbarkeit der Menschenwürde gefährdet wäre, da man dabei eine automatisierte Schlechterstellung und Benachteiligung von deutschen Staatsbürgern mit Migrationsgeschichte erkennen will.

Diese Nachricht schlug an diesem beinahe arbeitsfreien und ruhigen Freitag ein wie eine Bombe und ließ Wogen, wie auch Emotionen auf den Seiten der Befürwortern einer solchen Einstufung und der Gegner einer solchen Behandlung der AfD hochkochen. Und damit ist bereits der erste Punkt, der einer besonderen Beachtung bedarf erreicht: Eine Einordnung, die offensichtlich so schwammig oder unnachvollziehbar ist, daß es – wie bei einem Kochrezept – zu zwei sich gegenüber stehenden Gruppen kommt, denen es schmeckt oder eben nicht, ist augenscheinlich in Zweifel zu ziehen.


Zweifel sind schon aus zwei denkbar einfachen Gründen angebracht:
Der bundesdeutsche Verfassungsschutz ist eine weisungsgebundene und keinesfalls unabhängige Behörde. Als der frühere Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maassen der damaligen Kanzlerin Angela Merkel widersprach und die von ihr behaupteten und politisch gewollten Vorgänge rund um eine Demonstration in Abrede stellte, wurde er umgehend aus der Position entfernt. Offensichtlich hat dieser Inlandsgeheimdienst Argumentationshilfen für die Regierung zu liefern und nicht die tatsächlichen Vorgänge zu beobachten. Und das ist weit von Unabhängigkeit entfernt.
Der zweite Grund betrifft das Gutachten – immerhin 1100 Seiten – selbst: Es wurde und wird nicht veröffentlicht. Nicht einmal die betroffene und mit starken Benachteiligungen konfrontierte Partei darf Einsicht in diese (Anklage-)Schrift nehmen. In einem Rechtsstaat kann und darf es nicht möglich sein, der auf diese Art belasteten und in seinem Wirken erschwerten Seite die Gründe, die Vorwürfe vorzuenthalten. Solch ungeheuerliche Vorgänge erinnern mehr an Kafkas „Prozess“ als an die Abläufe eines gut funktionierenden, auf Freiheit und Gleichheit der Bürger aufgebauten Rechtssystems.

Die auf 1100 Seiten gesammelten Belege für die angeblich gesichert rechtsextremistischen Bestrebungen der AfD dürften es nicht besonders in sich haben: Die in der Zwischenzeit durchgestochenen Textstellen lösen vor allem bei absolut renommierten Staats- und Verfassungsrechtlern eher Befremden aus. Gerade der bereits angesprochene volksbezogene Begriff des Staatsbürgers ist schließlich auch im deutschen Grundgesetz verankert.
Zudem wurde bereits vor einigen Gerichten durch die Aussagen von Vertretern des Verfassungsschutzes festgestellt, daß die AfD keine Programmatik verfolge, die eine Schlechterstellung von „Neostaatsbürgern“ beinhalte.
Grundsätzlich kommuniziert man neuerdings vom Verfassungsschutz aus, daß eine Definition des Deutschen ausschließlich durch die Staatsbürgerschaft möglich sei und die aus der AfD kommende Aussage, daß zur Staatsbürgerschaft mehr als ein Stück Papier gehöre, daher verfassungsfeindlich sei.
Hier widerspricht der Verfassungsschutz allerdings selbst dem deutschen Grundgesetz, daß sehr wohl auch die Abstammung als Basis für die Staatsbürgerschaft heranzieht.

Es bleibt die Überlegung, welchen Zweck die deutsche Innenministerin Nancy Faeser mit der Veröffentlichung wenige Tage vor ihrer Ablöse denn verfolge.
Es bleibt natürlich Spekulation: Allerdings ist es nicht abwegig, daß man auf diesem Weg die Brandmauer noch einmal festigen will und die mehr und mehr in Panikmodus abgleitende CDU fest in eine „Anti-AfD-Koalition“ ketten will.

Ein Verbotsverfahren ist eher nicht zu erwarten. Dies wäre zu gefährlich, da mit höchster Wahrscheinlichkeit – trotz politischer Besetzung des dafür zuständigen Verfassungsgerichts in Karlsruhe – die AfD als von den (teils völlig sinnbefreiten) Vorwürfen reingewaschen würde. Die AfD hätte dann das Legalitäts-Gütesiegel „Von Karlsruhe für sauber befunden“ und könnte die über Jahre betriebene ungerechtfertigte politische Jagd auf sie als Thema ausschlachten.
Nur wirklich schlichte Gemüter mit übler ideologisierter Schlagseite blöken derzeit nach einem Verbotsverfahren.

Ein weiterer Punkt, der mit dieser „Beurteilung“ bezweckt werden könnte, ist natürlich auch das Bestreben, Mitglieder dieser Oppositionspartei leichter aus dem Staatsdienst entfernen zu können. Man unterstellt den AfD-Mitgliedern einmal pauschal, die Verfassung, das deutsche Grundgesetz nicht zu achten, und man geht sogar weiter und behauptet eine zumindest ansatzweise vorhandene Verfassungsfeindlichkeit.
Damit kann man – vorbehaltlich der jeweiligen Einzelfallprüfung – die Oppositionellen und ihre Anhänger aus dem Staatsdienst entfernen. Und selbst wenn das einfache AfD-Mitglied nicht seinen Job als Lehrer, Unteroffizier, Polizist oder Referent bei der Wasserwirtschaft verliert, muß er doch mit der Unbill eines sich über längere Zeit ziehenden Prüfverfahrens, mit der Durchleuchtung seines Privatlebens, mit den sich vorsichtig und ängstlich abwenden Kollegen rechnen. Man wird, ohne Schuld auf sich geladen haben zu müssen, zum sozial Ausgegrenzten, zum Paria.

Als abschließenden Punkt wollen wir eine gezielte Verstärkung der gesellschaftlichen Spaltung in den Raum stellen. Es macht den Eindruck, daß man es darauf anlegt, die Fronten zu verhärten und die Gegner der AfD in ihrer teils offen und haßerfüllten Feindschaft zu bestärken.
Man erteilt eine Art moralischen Freibrief und vermittelt (hoffentlich ungewollt) radikalen Randgruppen das Gefühl, sie dürfen mit Oppositionellen der AfD machen, was sie wollen, sie beschimpfen, beleidigen, schädigen, verleumden, verletzen oder einfach nur verspotten.
Schon jetzt gibt es genügend Personen, die es sich zur fixen Idee gemacht haben, jeden völlig abstrusen Wahnsinn der AfD, wie ihren Mitgliedern und Anhängern zu unterstellen.


Alles in Allem ein politisches Schauspiel, das eines aufgeklärten freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates unwürdig ist.

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3 thoughts on “Verfassungsschutz vs. AfD – Was ist hier gesichert?

  1. Wer bei uns in Deutschland politischer Beamter ist, ist in § 54 BBG (Bundesbeamtengesetz) nachzulesen. Solange die Demokratie ihre Schranken achtet, ist alles gut, aber…
    Mit großer Sorge ist festzustellen, dass auch der Präsi der Bundeskriminalamts und der Bundespolizei politische Beamte sind und zugleich auch die Leiter des Bundesamts für Flüchtlinge und Migration – wo soll hier eine Kontrolle der Regierung noch möglich sein?
    Lesen Sie, es gibt noch weitere kuriose Kombinationen für eine mögliche Aushebelung von sogenannten rechtsstaatlichen „checks and balances“:
    https://www.gesetze-im-internet.de/bbg_2009/__54.html

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