Wenn sich der Wähler verwählt…

Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 13

Demokratische Wahlen und der davor stattfindende Wahlkampf sind im Normalfall die übliche Form der Kommunikation zwischen Bürgern und Kandidaten. Die Kandidaten bieten sich, ihre Erfahrungen und ihre Programme an und die Bürger suchen sich dann etwas aus dieser Auswahl aus. Nun merkt so mancher Bürger im Laufe seines Wählerlebens, daß das gewählte Angebot von den ermächtigten Politikern nicht mehr in die Praxis umgesetzt wird. Nicht weil den Damen und Herren in den errungenen Mandaten die Macht dazu fehlt, sondern weil sie an einer seltsamen Form von Vergesslichkeit leiden, die hauptsächlich bei politischen Amtsträgern grassiert. Die Bürger fühlen sich dann natürlich um ihre Stimme betrogen und sich selbst nicht ernst genommen.
Und so kommt es, daß sich Bürger plötzlich bei der Wahl für Oppositionsparteien entscheiden, die im krassen Gegensatz zu dem stehen, wofür die zuvor gewählten „Altparteien“ zu stehen vorgeben. Quer durch Europa haben mehr oder weniger neue wertkonservative Parteien, die man von Seiten der Medien und etablierten Parteien jahre-, ja jahrzehntelang als nicht wählbar diffamierte, ihren Platz bei den Bürgern gefunden. Sie haben diesen Platz deswegen, weil sie eben nicht zum politischen Establishment gehören, dem man nicht mehr vertraut. Und egal, wo und in welchem Land sich solche wertkonservativen Parteien abseits der Mächtigen bilden, haben sie immer stärker werdenden Zulauf von unzufriedenen Bürgern, die ihre Wünsche umgesetzt sehen wollen. Die Altparteien, von selbsternannten Konservativen, über Liberale, Sozialdemokraten, bis zu linkslastigen Linken und linksradikalen Sozialisten finden sich in diesem veränderten Wählerwunschbild nicht wieder und diffamieren die erstarkende Konkurrenz samt ihren Wählern nur noch schlimmer. Und es bilden sich seltsamste Allianzen zwischen angeblich bürgerlichen Parteien, Grünen, Sozialdemokraten, Liberalen und all den anderen Parteien, die mit den Neuen, oft als Populisten bezeichneten politischen Kräften nicht zusammenarbeiten wollen. In Frankreich wurde der Begriff des „cordon sanitaire“ als wohlklingender Ausdruck der Zusammenarbeitsverweigerung geprägt. Eine Einheitsfront aus vielen etablierten Parteien gegen eine politische Kraft, mit der man nicht arbeiten will, die ausgegrenzt wird.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis genügend Bürger und Wahlberechtigte vom Spiel der Arbeitsverweigerer in den Altparteien so enttäuscht und verärgert sind, daß sie eine Mehrheit bilden. Und es kann dann auch schon vorkommen, daß sie die absolute Mehrheit finden, daß sich mehr Bürger durch diese Partei, die vom Establishment ausgeschlossen wird, am besten vertreten fühlen. Dies ist nicht weiter verwunderlich, da sich die etablierten Parteien immer mehr von den Wünschen, Ängsten und Anliegen der „kleinen Leute“ entfernen.
Die absolute Mehrheit, ein Wählerzuspruch über 50% für diese so von den Mächtigen gemiedene Partei ist natürlich ein Super-GAU für die Altparteien und ein Triumph für die „Neuen“. In Deutschland versucht(e) man im Nachhinein die Rechtmäßigkeit der Kandidatur eines solchen Newcomers anzuzweifeln, sprach ihm Verfassungstreue ab und blieb auch sonst freigiebig mit Unterstellungen und Beschimpfungen für den gewählten Kandidaten, seine Partei und die Wähler.
Hätten die Vertreter der etablierten Parteien beizeiten ihre Versprechen gehalten, die Wünsche, Anliegen und Ängste der Bürger gehört und auch ernst genommen, wäre diese Situation nicht eingetreten. Höchstwahrscheinlich hätte sich die Stimmung zur Wahl auch geändert dargestellt, wenn die regierenden, die alten und etablierten Parteien, sich entsprechend des Auftrags der Bürger mit ihrer politischen Konkurrenz zusammen an die Arbeit gemacht hätten, statt nur auszugrenzen…


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