Demokratie! Eine Liebeserklärung!
Politikverdrossenheit, Politikerverdrossenheit, Desinteresse, politische Unkenntnis, … Das wird – teils nicht ganz zu Unrecht – den Bürgern vorgeworfen. Und diese unausgegorenen Vorwürfe kommen häufig genau von denen, die diese Abkehr von der aktiven Teilhabe an politischen Entscheidungsmomenten haben: Meist den Mitgliedern der Bundesregierung. Nun kann man sich trefflich darüber unterhalten, mit welchem Respekt Mitglieder der Exekutive, oder auch der Legislative, dem Souverän, also dem Bürger gegenüber auftreten. Scheinbar mit einem denkbar geringen.
Diese angesprochene Abkehr macht sich vor allem bei den Wahlen erkennbar. 30% bis 40% der Bürger gehen nicht wählen. Selbstverständlich wird dieser Umstand jedesmal trickreich entschuldigt: Das Wetter war sooo schön, da hatten die Leute keine Lust, ins Wahllokal zu gehen. Oder: Das Wetter war sooo grauslich, da hatten die Leute keine Lust, ins Wahllokal zu gehen. Bitte beobachten Sie das bei der nächsten Wahl.
Der Versuch, dieser Entwicklung durch Aufweichen des Wahlmodus mit Hilfe von Wahlkarten, Briefwahlmöglichkeit blieb ohne Erfolg. Es liegt nicht an der Bequemlichkeit oder am Wetter.
Das Ergebnis einer solchen Wahl, bspw. Einer Nationalratswahl, soll dann den Wunsch der Menschen nach Ausrichtung ihrer politischer Vertretung ausdrücken. Soweit, so einfach. Allerdings tut sie das nicht, wenn der Teil der Nichtwähler unrepräsentiert bleibt.
Nun kursiert immer häufiger ein Wahlmodell in den Köpfen und in den Runden der Politiktheoretiker herum, in dem man die Nichtwähler aliquot im (wir bleiben beim Beispiel Nationalrat) ins Ergebnis und die Sitzverteilung einbezieht, in dem ihr Anteil nicht mit Mandataren besetzt wird. Bei einer Wahlbeteiligung von 67% würden dann 61 Sitze leer bleiben und die Parteien müßten sich die „gewählten“ 122 Parlamentsstühle teilen.
Jedoch könnte so ein Beschickungsmodell zur Unterrepräsentanz kleinerer Parteien führen, wird der Kritiker anführen und er hat damit recht. Denn die Hürde des Einzugs würde durch das Vorhandensein einer großen Fraktion der Abwesenden entsprechend gefährlich für den tatsächlichen Wahlerfolg der Kleinparteien werden.
Insofern wäre eventuell ein anderer Parameter anzuwenden, nämlich die „Fraktion der Ungültigwähler“. Sie sind erheblich kleiner, aber sehr wohl vorhanden. Und ein bisheriger Nichtwähler, der seine Ignoranz gegenüber den Wahlen als politisches Statement mißverstand – obwohl er mit seiner Strategie nur die von ihm abgelehnten Parteien stärkte – wird vielleicht einen Antrieb verspüren, sich wieder bei Wahlen zu beteiligen. Gleichzeitig haben die politischen Gruppen dann auch wieder „etwas“ mehr Motivation eine Leistung zu erbringen, die den Wähler nicht dazu bringt, ungültig zu wählen und damit die Möglichkeit schafft, daß jede Menge Mandatare, ja ganze Fraktionen aus dem Nationalrat fliegen.
Sehr geehrte Leserinnen und Leser, machen auch Sie sich darüber ein paar Gedanken. Reden und diskutieren Sie mit Freunden darüber. Im Sinne der Demokratie und zum Wohle des Landes müßen die Menschen wieder zur Wahl „gelockt“ werden.
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