„Durchlaucht, das ist eine Revolution!“ 175 Jahre Revolution in Europa

Geschätzte Leserinnen und Leser, werte Mitbürger dieses Landes, dieser Union! Ist Ihnen eigentlich schon aufgefallen, daß man gerade ein Jubiläum übersieht? Vor 175 Jahren fand eine ganze Reihe von wichtigen Revolutionen, quer durch Europa statt. Es einte sie eine Sache: Man forderte von der bürgerlichen Seite die lange versprochenen, zu lange hinausgezögerten Rechte ein. Die spielte sich nicht nur in Paris – so wie die einen meinen – ab, sondern genauso in Berlin, in Wien, in Italien, in Böhmen, in Ungarn, … und, und, und, …eben am ganzen Kontinent. Und unzählige bis dahin sorg- und anstandsfrei dahin dilettierende Könige, Fürsten, Kaiser, … bekamen es mit der Angst zu tun. Die Reaktionen waren vielfältig. Von Zugeständnissen bei Bürgerrechten, Pressefreiheit, Handels- und Niederlassungsfreiheit bis hin zu Truppeneinsätzen, bei denen man mit Artillerie in die versammelten Menschenmengen hineinschießen ließ. „Niederkartätschen“ war das beinahe verniedlichende Wort für die Gemetzel an den Bürgern, die nichts anderes als Gerechtigkeit für sich forderten.
Ein Gedenken wie dies an 1848 sollte nicht vergessen werden. Denn es erinnert uns daran, daß Bürgerrechte nicht verschenkt wurden und daß man sie von Zeit zu Zeit auch einmal wieder mit Zähnen und Klauen verteidigen muß; oder zumindest einmal Zähne fletschen und knurren muß, wenn sich wieder einmal jemand an diesen blutig erkämpften Rechten zu vergreifen versucht.

In Wien ging es ganz besonders heiß her. Ab März krachte es ordentlich. Der Kaiser Ferdinand, dem man – wenn man höflich war – keine übertriebene kognitive Leistungsfähigkeit nachsagte, beschwerte sich über den Lärm der Revolte. Dann erklärte man ihm, daß dies keine Revolte, sondern eine Revolution sei. Und schon bald machte er Zugeständnisse an die Bürger. Plötzlich waren diese Menschen mehr als kleine Zahlen im kaiserlichen Postlauf. Der Kriegsminister Theodor Graf Baillet de Latour wurde im Oktober 1848 von einer wütenden Menge grausam gelyncht. – Keine Sternstunde für den Geist, den man mit dem Aufstand zu vertreten suchte. Aber ein Sinnbild dafür, wie schnell Menschen zur Bestie werden können, wenn man sie nur lange und intensiv genug reizt.

Selbst auf die Gefahr hin, daß wir uns wiederholen, weisen wir noch einmal darauf hin, daß seltsamerweise dieses Gedenken in diesem Jahr kaum Beachtung findet. Vielleicht liegt dies auch daran, daß Europas Völker schon wieder knurren und ihre Zähne fletschen, weil sich einige Damen und Herren in den Führungsetagen von Staaten und der Union gerade erfrechen, schon wieder nach den verbürgten Rechten der Menschen zu greifen. Und da will man die Leute lieber nicht auf blöde Gedanken bringen…
Freilich, ein Herumrevoluzzen, wie es von den Haupterwerbsrevolutionären beinahe ständig – derzeit in Österreich und Deutschland etwas weniger – propagiert wird, ist weder schlau, noch angebracht. Doch muß man den Regierenden, die trotz allem doch bloß Angestellte der Bürger sind, von Zeit zu Zeit wieder einmal signalisieren, wer hier der Boss ist. Denn diese Kanzler und Minister kennen schon wieder ihren Platz nicht. Ein (sich stets wiederholendes) Beispiel: Ein Minister/eine Ministerin will eine Maßnahme gegen den klaren Willen der überwiegenden Mehrheit der Bürger umsetzen. Und da es natürlich zu Protesten kommt, meint dieser Minister/diese Ministerin nun, man müße den Menschen diese Maßnahme einfach nur noch einmal erklären… – Liebe Leserinnen und Leser, dieses „Beispiel“ wird heute europaweit praktiziert! Und wenn Bürger etwas ablehnen, ist das kein Aufruf zum „besseren Erklären“, sondern ein Auftrag, die Ministerfinger davon zu lassen. Die Bürger hätten sich sonst eine strenge Gouvernante als Regierungschef(in) bestellt.
1848 war nicht der Beginn einer zuckersüßen und kuschelweichen Zeit der Demokratie und Bürgerrechte. Viele Jahrzehnte des Unrechts folgten auf dieses Revolutionsjahr. Aber es war ein sichtbarer Beginn, der Beginn einer Zeitenwende.
Das Revolutionsjahr 1848 und all seine Helden und Opfer darf nicht achtlos vergessen und übersehen werden.
Ein Hoch den freien und mündigen Bürgern!

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