Schmidchen Schweiger

(Sehr selektive) Zusammenfassung des Geschehens ohne Höflichkeiten

Ein Kommentar.

Sehr geehrte Damen und Herren, geschätzte Leserinnen und Leser!


Die Aussagen des Herrn Thomas Schmid bei der WKStA bewirkten in dieser politischen Woche zwei Höhepunkte: Eine Sondersitzung des Nationalrates am Mittwoch und den mit Spannung erwarteten Auftritt Thomas Schmids vor dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuß am Donnerstag.
Die Sondersitzung des Nationalrats war ein lauter Schrei der Opposition: „Es reicht!“ oder „Genug ist genug!“ Es ließen sich noch andere Zitate von ÖVP-Obleuten anführen, mit denen sie die Sprengung einer Regierung einleiteten.

Sondersitzung des Nationalrats.

In Anbetracht eines anstehenden Neuwahlantrags und eines Mißtrauensantrags gegen die gesamte Bundesregierung waren die Gesichter auf der Regierungsbank anfangs auch ziemlich lang. Kein überhebliches Grinsen. Kein Gelächter. Das änderte sich im Laufe des Tages. Der Kanzler (und mit 100% gewählter ÖVP-Obmann) höchstpersönlich gab eine seltsam anmutende Verteidigungsrede zum Besten, die manchem politischen Beobachter den Blutdruck in gefährliche Höhen ansteigen ließ. Kein Wort des Bedauerns, der Einsicht, der Entschlossenheit, Mißstände auch abzustellen. Vielmehr warf man der Opposition vor, sich nicht mit den laut Bundeskanzler wahren Problemen des Landes auseinanderzusetzen. Daß die wahren Probleme des Landes allerdings genau von der Bundesregierung verantwortet, oder gar verursacht wurden, wurde geflissentlich verschwiegen.
Der Versuch, die Grünen beim Gewissen zu packen und sie so zu einer Zustimmung beim Neuwahlantrag zu bewegen, fruchtete nicht. Wahrscheinlich war die Strategie, grünes Gewissen zu aktivieren, eher undurchdacht. Wen würde wohl heute der Anstand wählen?
Die SPÖ unter der Leitung von Klubchefin Rendi-Wagner konnte sich nicht durchringen, dem Mißtrauensantrag der FPÖ zuzustimmen. Dieser Antrag enthielt Passagen, in denen das Vollversagen der Bundesregierung in Asyl- und Migrationsbelangen angeprangert wurde. Keine 48 Stunden nach Migrantenkrawallen in österreichischen Städten war dies scheinbar ein absolutes No Go für die Frau Parteivorsitzende Rendi-Wagner, die noch vor wenigen Monaten im ORF bekundete, daß sie kein Asyl- oder Migrationsproblem wahrnehmen könne.
Bei der heutigen SPÖ frägt man sich bisweilen, wie lange es sich die Unzahl an Funktionären der unteren und mittleren Ebenen noch antun, zu dieser utopischen Linie der Frau Rendi-Wagner den Mund zu halten.
Am Ende der Sondersitzung konnte auf der Regierungsbank wieder blöd gegrinst werden.

SPÖ-Klubobfrau Joy-Pamela Rendi-Wagner hatte ein Problem mit dem blauen Mißtrauensantrag.

Am Folgetag war man gespannt auf den Auftritt des ehemaligen ÖBAG-Chefs Thomas Schmid, der in 15 Vernehmungstagen bei der WKStA offensichtlich einiges zu erzählen hatte. Und man war beim ÖVP-Korruptions-U-Ausschuß neugierig, ob er auch hier so gesprächig und kooperativ sein wird. Die ÖVP hatte sich publikumswirksam dadurch vorbereitet, daß der sonst den U-Ausschuß leitende Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka sicherheitshalber einmal nicht anwesend war. Zumindest machte es den Eindruck, daß man sich hier keinen seltsamen Konstellationen stellen will. Schließlich ist pikanterweise genau der U-Ausschuß-Vorsitzende Sobotka auch Inhalt der durch Plappermäulchen und Chatter-Händchen Schmid losgetretenen Ermittlungen.
Um es kurz zu machen: Schmid verweigerte die Aussage zu so ziemlich allen gestellten Fragen mit dem Hinweis, daß er Verfolgter in einem Strafverfahren ist, und sich nicht in die Gefahr begeben müße, sich bei einer Aussage selbst zu belasten. Die gesamte Szenerie wirkt dann doch ein wenig grotesk: Genau der Thomas Schmid, der bei der WKStA besonders auskunftsfreudig ist und einen Kronzeugenstatus anstrebt, verweigert jede Silbe vor dem U-Ausschuß? Ja, genau so ist es.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka fehlte beim ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuß.

Was dahinter steckt, darüber kann man wirklich nur spekulieren. Thomas Schmid ist definitiv ein blitzgescheiter Mann, der sich mit seinem Anwaltsteam genau Gedanken darüber machte, was für Schritte unternommen oder nicht unternommen werden. Und man kann getrost davon ausgehen, daß diese Einvernahme beim U-Ausschuß zuvor auch mit Damen und Herren der WKStA abgesprochen wurde. Schließlich steckt die WKStA noch mitten in den Ermittlungen zu den verschiedenen (mutmaßlichen) Straftaten. Das normalerweise vor so brisanten U-Ausschuß-Befragungen mit der Staatsanwaltschaft abgeschlossene Konsultationsverfahren wurde diesmal von der ÖVP torpediert. Der Sinn eines solchen Verfahrens ist leicht erklärt. Da die Ermittlungen noch nicht beendet sind, soll nicht durch Fragen im U-Ausschuß der Erkenntnisstand oder die Stoßrichtung der Strafverfolgungsbehörde öffentlich werden. Man will allfällige Straftäter nicht die Möglichkeit bieten, vorgewarnt zu werden. Daß die ÖVP dieser Vorgangsweise nicht zustimmen wollte, wirft wiederum ein bezeichnendes Bild auf sie und macht sie sehr verdächtig.

Thomas Schmid. Sagt nichts.

Eine weitere Vermutung zum Verhalten Schmids ist, daß er sich keiner Belastung stellen will, wenn sie für seinen Kronzeugenstatus nicht absolut notwendig ist. Und es macht natürlich einen Unterschied, ob man in einem ruhigen Büro bei der WKStA mit eventuell drei, vier Anwesenden bei gemeinsamer Durchsicht von Akten und Beweismitteln die Tathergänge rekonstruiert, oder ob man unter massiver medialer und öffentlicher Beobachtung vor zig Zuhörern beim U-Ausschuß vorgeführt wird. Vor allem dann wird es unangenehm, wenn man damit rechnen muß, daß die Vertreter einer Partei ihn als „Verräter“ betrachten und die Fragen nur zwei Zwecke haben: 1. Den befragten Schmid als Lügner und Gauner hinzustellen, um seine Glaubwürdigkeit zu untergraben. 2. Möglichst viele Informationen über den Kenntnisstand der WKStA zu erfahren.
Und auch die Vertreter der anderen Parteien würden der Auskunftsperson Thomas Schmid nicht mit besonderer Freundlichkeit begegnen. Also war es für Schmid von Anfang an klar, daß er sich dieser Befragung – wenn es nur irgendwie geht – entzieht.
So weit, so spekulativ.
Schmid ist in der selbst verschuldeten, und trotzdem keinesfalls beneidenswerten Situation, daß er sich die ehemals mächtigste Menschen dieser Republik zum Feind gemacht hat. Und man muß gar nicht lange überlegen. Diese Menschen haben noch immer eine große, für den Normalbürger kaum vorstellbare Macht. Über ihre Freunde in aktiven Positionen können die ehemals Mächtigen noch sehr viel bewegen. Und Schmid ging ja auch weiter und griff aktive Amtsinhaber, aktiv mächtige Personen an.
All dies tat er sicher nicht aus einer inneren Überzeugung, einer von Anstand und Moral geprägten Linie, sondern aus purem Selbsterhaltungstrieb. Er will Kronzeuge sein. Thomas Schmid weiß, daß er Informationen und Beweise liefern muß, die der WKStA bei ihren Ermittlungen und Anklagen auch merklich weiterhelfen. Mit ausgedachten Geschichten und bloßen Dreckschmeißereien kann er sich nur selbst schaden und seinen angestrebten Kronzeugenstatus gefährden. Thomas Schmid läßt eher die gesamte ÖVP in die Luft gehen, bevor er auch nur einen einzigen Tag länger als unbedingt nötig, im Gefängnis verbringt. Das „La Familia“- und „Mafia“-Getue mancher türkiser Schlawiner zerschellt an der Realität. Die „Omerta“, das Gesetz des Schweigens, ist keinesfalls im Bereich türkiser Kernkompetenzen einzuordnen.
Und man kann getrost weiter spekulieren und vermuten, daß die WKStA auch kein besonders großes Vertrauen ins ÖVP-geführte Innenministerium und zur Polizei hat. Sonst hätte die angeblich so fleißig nach Thomas Schmid suchende Exekutive sicherlich Information von der WKStA erhalten, daß er sich in Graz bei der WKStA im selben Gebäude aufhält, in der auch die Polizei situiert ist.
Aber all das bleibt Spekulation…




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Fotos:
Fotos Thomas Schmid: screenshots YouTube / oe24-TV
Wolfgang Sobotka © Parlamentsdirektion / Thomas Topf

Pamela Rendi-Wagner © Parlamentsdirektion / Bubu Dujmic
Kai Jan Krainer © Parlamentsdirektion / Bubu Dujmic
Plenarsaal bei der Sondersitzung des NR am 02.11.2022 © Parlamentsdirektion / Bubu Dujmic

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