Die Zögerer und Zauderer

(Sehr selektive) Zusammenfassung des Geschehens ohne Höflichkeiten

Ein Kommentar.

Sehr geehrte Damen und Herren, geschätzte Leserinnen und Leser!

Es gab Zeiten in denen das Sommerloch am großen Markt der Nachrichten mit angeblichen Krokodilen am Baggersee befüllt wurden. Die Geschichten über die oft genug erdachten Menschenfresserechsen waren Sternstunden des deutschsprachigen Journalismus im Vergleich zur Minderleistungsschau, die derzeit von einigen österreichischen Medien abgeliefert wird.
Erraten, geschätzte Damen und Herren, das erste Thema, das wir allerdings nur kurz anschneiden, ist die erschreckende Geschichte rund um Hans Jörg Jenewein, den früheren Nationalratsabgeordneten der FPÖ und parlamentarischen Mitarbeiter. Erschreckend ist vor allem, was aus den Reihen der üblichen Verdächtigen unserer heimischen Medienlandschaft gemacht wurde. Pure Mutmaßungen wurden als Fakten verkauft. Und als dies in der Gier, eine Sensation zu basteln, den Blauen eins reinzuwürgen, nicht ausreichte, wurden Geschichten erfunden. Man überschritt eine Grenze. Man stellte nicht nur die eigenen Vermutungen und Wünsche als Tatsachen dar, sondern erfand wichtige Teile der Story, die man dann ohne jede Scham den Lesern auftischte. Man erfand – und das muß man sich wirklich vor Augen führen – einen Abschiedsbrief von Hans-Jörg Jenewein und war sich nicht zu blöd, aus diesem erfundenen Abschiedsbrief zu zitieren.

Hier wurde nicht nur der betroffene Hans-Jörg Jenewein in seiner Würde verletzt, sondern Hunderttausende Leser in ihrem Wunsch nach faktenbasierter Information betrogen. Da dieses Kampagnisieren einen massiven (partei-)politischen Einschlag hat, muß man leider auch von einem Verhalten der verantwortlichen Journalisten und Redakteure sprechen, das die Demokratie gefährdet. Große Worte? Ja, aber zutreffende! Denn die Demokratie lebt davon, daß die Bürger in vollem Umfang und vor allem mit der Wahrheit informiert werden. Auf Basis dieser Informationen werden Entscheidungen für die kommenden Wahlen getroffen. Kurz: Wer in der politischen Berichterstattung lügt, handelt zutiefst antidemokratisch!
Von wo dieser Druck ausging, der den Ex-Abgeordneten zu dieser (angeblichen) Verzweiflungstat trieb, können wir nicht sagen. Denn im Gegensatz zu unzähligen Vertretern von großen Medienhäusern haben wir kein Problem damit, zuzugeben, wenn wir etwas nicht wissen. Wir müssen keine „Insider“ und „gut unterrichtete Quellen“ erfinden, die dann unter dem Deckmantel eines Redaktionsgeheimnisses und Informantenschutzes nie vorgewiesen werden müßen.
Was wir allerdings sehr genau wissen und sich auch wiederholt wahrnehmen ließ, ist, daß sich der fleißige Hans-Jörg Jenewein durch sein akribisches Recherchieren, seine professionelle Tätigkeit in diversen parlamentarischen U-Ausschüßen keinen Fanclub bei der ÖVP machte. Egal, ob türkis oder schwarz. In seinem Buch und einer mehr als interessanten Serie auf YouTube mit dem bezeichnenden Titel „Der schwarze Faden“ erläuterte Jenewein neben anderen Kennern der politischen Problematik rund um die Volkspartei die Aufklärungsarbeit im U-Ausschuß.
Vor dem hohen Wissensstand und der ausgesprochen guten Spürnase Jeneweins hatte so mancher ÖVP-Mann (und natürlich auch Frau…) eine berechtigte Angst.

Bemerkenswert ist auf jeden Fall, daß man vergangenen Herbst eine Hausdurchsuchung auf Grund einer – zumindest nicht übertrieben handfesten – Vermutung bei Jenewein durchführte. So gelangten einerseits interne Aufzeichnungen des FPÖ-Klubs wie auch die journalistischen Arbeiten Jeneweins in den Verfügungsbereich der (laut unbestätigten Gerüchten „etwas“ schwarzen) Staatsanwaltschaft Wien. Warum die sonst in solchen Bereichen tätige Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht mit dieser Angelegenheit betraut war, bleibt bislang für uns unerklärlich.
Aber sei ´s drum… Das Redaktionsgeheimnis, das vor dem Sicherstellen von den Unterlagen hätte schützen sollen, gab es plötzlich nicht für Jenewein. Daß die dienstlichen Unterlagen als parlamentarischer Mitarbeiter eventuell durch die Immunität der Abgeordneten vor behördlichem Zugriff zu schützen gewesen wären, war auch kein Thema. Als Zuseher solcher Aktionen gegen einen mißliebigen oppositionellen Ex-Abgeordneten und Journalisten war man entsetzt.
Die angeführten Umstände, die eventuell mehr Licht in die Sache bringen könnten, bleiben meist unerwähnt. Viel lieber berichten die Damen und Herren Kollegen der großen Medienhäuser über ein wirklich schwer durchschaubares Dickicht von Anzeigen, Vorwürfen, Suspendierungen und so weiter… Und schuld an der ganzen Geschichte soll der innenpolitische Gottseibeiuns höchstpersönlich sein: Kickl! In Anbetracht von Umfrageergebnissen, die eine FPÖ unter Kickl an zweiter Stelle in der Wählergunst sehen, zweier Regierungsparteien, die mit schlafwandlerischer Sicherheit Entscheidungen treffen, welche die Mehrheit der Bürger zur Weißglut treiben und eines anstehenden Präsidentschaftswahlkampfs, wundert es nicht, wenn – so wie schon in der Vergangenheit – manche Medienvertreter ihren letzten Funken journalistischen Ethos und manche Politiker ihren ohnehin kaum vorhandenen Anstand verlieren.

Eine ganz andere Baustelle ist die Regierungspolitik im Bereich Teuerung und Inflation. Denn diese Baustelle wird und wird nicht eröffnet. Noch nicht einmal ein Plan existiert. Denn – Hand aufs Herz – das Verteilen von Einmalzahlungen in der Höhe von 150,– bis 500,– kann doch nicht ernsthaft als Maßnahme gegen die Teuerung gewertet werden. Selbst der ganz ganz kleine, geistig nicht übertrainierte Volkswirt weiß, daß das Hineinwerfen von zusätzlichem Geld eine Teuerung nicht stoppt, sondern die Inflation nur weiter befeuert.
Aus allen Richtungen knallen die Forderungen auf die Regierung herein, endlich etwas zu unternehmen, um die Teuerung zu stoppen, und so die Inflation zu bremsen. Aber man tut nichts. Man zaudert und zögert. Man tut genau dies, was seinerzeit bei ganz anderer Gelegenheit vom Kurzzeitkanzler Schallenberg in unbeschreiblich präpotenter Weise einem großen Teil der Bürger vorgeworfen wurde. „Ungemütlich“ sollte es für all jene werden, die dem im Befehlston vorgetragenen Wunsch der Regierung nicht nachkamen. Was mit all den verfassungsrechtlich und demokratiepolitisch bedenklichen Ideen dieser Regierung wurde, wissen wir zwischenzeitig.

Doch nun sind sie die Zögerer und Zauderer und es wird Zeit, daß sie als Resultat für ihr Nichtstun „ungemütliche“ Zeiten erleben. Denn hier wird ein massiver Schaden an den österreichischen Bürgern und ihren „Vermögen“ angerichtet.
Als Ausrede dient ständig die EU. Man brauche eine gesamteuropäische Lösung wird gebetsmühlenartig wiederholt. Nun stellt sich allerdings eine ganz einfache Frage darauf: Warum? Warum kann Österreich seine Probleme nicht im Alleingang angehen? Warum müßen Österreichs Bürger leiden, bis aus der EU-Kommission ein Schritt in Richtung Problemlösung gesetzt wird? Und wir wissen doch in der Zwischenzeit eines ganz genau: Diese Kommission ist weder schnell, noch lösungsorientiert!
Eine durchaus passable Überlegung, warum sich Nehammer und Co. so viel Zeit lassen, ist, daß man über die erhöhten Steuereinnahmen und die massiven Gewinne der zumindest teilweise im Staatsbesitz befindlichen Energieunternehmen ein gutes Stück der während der Corona-Krise fabrizierten Schulden wieder kompensieren will. Wie von Sinnen hatte man Milliarden an Steuer-Euros in teilweise komplett sinnlose und oft maßlos überteuerte Projekte und Anschaffungen geworfen. Manch parteinaher Unternehmer und Freund der türkisen, schwarzen und grünen Parteigrößen verdiente sich eine goldene Nase. Der Rechnungshof hat gerade ein vernichtendes Urteil über die Tätigkeit der Cofag, der COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH abgegeben.

Bis heute ist der Sinn der Gründung dieser Cofag objektiv gesehen nicht nachvollziehbar. Denn die ihr zugedachte Tätigkeit hätte genauso von den Finanzämtern erledigt werden können. Und dies auch noch einfacher, höchstwahrscheinlich schneller, und ohne datenschutzrechtlichen Bedenken. Die bearbeitenden Damen und Herren wären als öffentlich Bedienstete einem strengen Dienstrecht unterstellt gewesen und die notwendigen Informationen wären genau bei diesen Finanzämtern zu einem guten Teil bereits aufgelegen. Alles transparent, einfacher und schneller. Aber man hätte dann keine zusätzlichen Geschäftsführer – einer ÖVP-nah und einer den Grünen nah – mit Gehältern in dreistelliger Tausenderhöhe einstellen können. Daß nun immer häufiger von der Bevorzugung von Parteigängern von ÖVP und Grünen bei der Abwicklung von Förderanträgen die Rede ist und sich viele Wirtschaftstreibende sekkiert fühlten, tut das Übrige dazu. So ließ der Wiener SPÖ-Wirtschaftsvertreter Markus Arige kaum ein gutes Haar an diesem nicht nachvollziehbaren Konstrukt und bekundete sehr nachvollziehbar seinen Unmut in einem Interview mit oe24.
Nun ist ´s so. Österreich stöhnt unter einer Inflationslast, die jetzt schon nicht mehr zu stemmen ist und die Regierung sagt, daß sie auf die EU wartet. Die benötigten Förderungen, die über zwei Jahre nicht, zu wenig oder zu spät ankamen, sollen nun über das erhöhte Steuer- und Gewinnaufkommen von denen bezahlt werden, die nicht, zu wenig oder zu spät gefördert wurden.

Und so wünscht man sich nicht zu Unrecht einen Bundespräsidenten, der diesen Zögerern und Zauderern auf die Finger klopft. Der jetzige wird dies wohl auch weiter nicht tun.


Wir wünschen Ihnen noch einen angenehmen Sonntag!
Bleiben Sie uns gewogen!
Bitte unterstützen Sie die heimische Wirtschaft!


Fotos:
Der schwarze Faden: screenshot Facebook
Alexander Schallenberg © wikimedia / flickr / Österreichischen Außenministerium / cc by 2.0
Cofag: screenshot https://www.cofag.at / cropped

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