Ein sowohl unter Arbeitnehmern als auch unter Arbeitgebern weit verbreitetes Missverständnis besteht darin, dass für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ein Grund vorliegen müsse. Tatsächlich ist eine Kündigung bis auf wenige Ausnahmen für speziell geschützte Arbeitnehmer, wie z.B. Behinderte, in Österreich ohne Begründung möglich.
Das heißt aber keineswegs, dass der Arbeitnehmer gegen eine Kündigung rechtlich nichts unternehmen kann oder die Kündigung aus Sicht des Arbeitgebers jedenfalls hält – ganz im Gegenteil. Das österreichische Arbeitsrecht bietet dem gekündigten Arbeitnehmer eine ganze Reihe an Möglichkeiten, gegen eine Kündigung vorzugehen.
Die von diesen Möglichkeiten bei weitem am häufigsten genutzte ist die so genannte Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit. Kurz gesagt geht es dabei darum, dass ein Arbeitnehmer nachweisen kann, dass seine Interessen durch die Kündigung stärker beeinträchtigt sind, als dies normalerweise in solch einer Konstellation der Fall wäre. Eine solche „wesentliche Interessenbeeinträchtigung“ wird üblicherweise darin bestehen, dass der Arbeitnehmer auf Grund seiner schweren Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt mit einer längeren Arbeitslosigkeit rechnen muss, oder an einer neuen Stelle eine Gehaltseinbuße hinnehmen wird müssen, mit welcher er seine Lebenserhaltungskosten nicht mehr decken kann.
Außerdem bestehen Möglichkeiten zur Kündigungsanfechtung beispielsweise dann, wenn die Kündigung wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung vom Arbeitgeber in Frage gestellter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer erfolgte, oder wenn sie diskriminierend war.
Es ist also offensichtlich, dass es aus Sicht des Arbeitgebers vor Ausspruch einer Kündigung unbedingt notwendig ist, sich rechtlich beraten zu lassen, ob diese Kündigung halten wird und welche rechtlichen – und damit letztlich auch wirtschaftlichen – Risiken mit ihr verbunden sind. Aus Sicht des Arbeitnehmers sollte man dann, wenn man sicherstellen möchte, keine Ansprüche zu übersehen, nach Erhalt der Kündigung sofort den Rat eines Anwalts suchen, um sich über die Rechtmäßigkeit der Kündigung und allenfalls auch über die Möglichkeiten beraten zu lassen, gegen diese vorzugehen. Dabei ist zu beachten, dass die Fristen für ein solches Vorgehen oft sehr kurz sind, teilweise sogar nur zwei Wochen betragen – Schnelligkeit ist also essentiell!
Wir halten also fest: keine Kündigung ohne Rechtsberatung! Als Arbeitgeber vor, als Arbeitnehmer so bald wie möglich nach Ausspruch der Kündigung. Sonst kann es für den einen teuer werden, der andere übersieht möglicherweise bestehende Ansprüche!
Dr. Burkhard Mötz ist selbständiger Rechtsanwalt in der Kanzlei Grundei in 1010 Wien.