M – Eine Stadt sucht einen Mörder

Szenenbild aus Fritz Langs „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“

Original versus Mini-Serie. Eine Analyse

Mit dem Versuch, ein Remake des Tonfilmklassikers zu machen, hat sich David Schalko ein hohes Ziel gesetzt. Man kann es auch als anmassend empfinden, wenn sich der Regisseur auf diese Weise in eine Liga mit Grössen wie Alfred Hitchcock, Stanley Kubrick, Orson Wells und eben Fritz Lang zu katapultieren versucht. Aber warum auch nicht. Es muß der Filmkunst doch nicht schaden, wenn ein Regisseur nach höherem strebt. Und es stellt auch keine Blasphemie dar, wenn man sich an Großem versucht.
Und mit einem Fersehfilm wie „Die Aufschneider“ hat Schalko durchaus das Potential zu grandiosen Werken erkennen lassen. Jedoch ließen andere Werke Schalkos wiederum Zweifel an jeglichem Talent aufkommen.

Als Fritz Lang 1931 diesen Film abdrehte, war es sein erster Tonfilm. Gemeinsam mit seiner Frau, der bekannten Autorin Thea von Harbou, hatte er das Drehbuch zu diesem Meisterwerk geschrieben. Mit Peter Lorre als Darsteller des Mörders Beckert und Otto Wernicke, der den Kriminalkommissar Lohmann verkörperte, hatte er zwei herrausragende Schauspieler für diese prägenden Figuren der Geschichte gefunden. Mit der Präzision eines Laserskalpells analysiert Lang die Berliner Gesellschaft, die Halb- und Unterwelt. Er zeigt ausgewachsene Charaktere mit Spleens und Schrullen. Er beschreibt und zeichnet die Not, die wirtschaftliche, aber auch die moralische Not der Menschen. Und er bedient sich einfachster aber intensiver Werkzeuge, den Zuseher zu fesseln. Er läßt die Zuseher erschauern und entsetzt nachdenken. Die bezugnahme auf die damaligen Realitäten geben dem Film besonderen Wert: Die kriminelle Szene der Ringvereine, spezieller Selbsthilfe-, Unterstützungs- und Versicherungsvereine der Berufskriminellen mit festen Regeln und Statuten auf der einen Seite und Kriminalkommissar Lohmann, der den berühmten Polizisten und Reformer der kriminalpolizeilichen Arbeit Ernst Gennat darstellen sollte, auf der anderen Seite.
Ein vom Anfang bis zum Ende detailverliebter und doch fließend natürlicher Film.



Nicht umsonst reihte das renommierte französische FilmmagazinCahiers du Cinema Fritz Langs Kunstwerk auf Platz 6 der besten Filme aller Zeiten.

Was Schalko nun von Anfang an beim Umbau des ca. 2h-Films zu einer ca. 5stündigen Miniserie machte, waren Fehler. Unbeschreiblich schlimme und augenscheinlich seiner Selbstüberschätzung geschuldete Fehler.



Er ließ unbeschreiblich wichtige Charaktere wie den Kriminalkommissar Lohmann einfach verschwinden. Stattdessen bastelte er eine komplett neue Geschichte in das zuvor vollkommene Werk hinein: Die eher mässig durchdachte und von paranoiden Hetz- und Haßphantasien durchsetzte Darstellung eines Innenministers, seines PR-Beraters (eines Verlegers) und einiger zusätzlicher Randfiguren, deren einzige Aufgabe durch den gesamten Film es ist, den schlechten Charakter und seine diabolische Machtbesessenheit zu unterstreichen.
Zusammengefaßt: David Schalko hat sich eine böse Geschichte über einen bösen Innenminister einer bösen Regierung ausgedacht, der von einem bösen Medien-Mann beraten böse Dinge tut, die Bürger einsperren will, die Freiheit abschaffen und viele andere böse Dinge… Böse eben. Diese verkrampft böse Geschichte hätte niemanden interessiert, geschweige denn, daß es eine mit GIS-Zwangsgebühren gestützte Finanzierung zur Umsetzung Schalkos privaten Anti-Regierungsfeldzugs gegeben hätte. Also versteckte er diesen konstruierten Unfug in einem Filmklassiker, den er bis zur Unkenntlichkeit entstellte.
Bemüht und krampfhaft wirken die gesamten Angleichungsversuche der Miniserie an das Original. Das wiederholte Untermalen von Szenen mit der Peer Gynt-Melodie in sämtlichen Varianten – eine Walzerversion hätte noch gefehlt, das Wieder- und Wieder- und Wiederauftauchen des Luftballonmanns, der im Original eine der tragenden Rollen spielte, im Remake jedoch auch hätte fehlen können. Die tollpatschig kopierte Szene des Mörders, der das „M“ als Zeichen des erkannt worden seins in seinem Spiegelbild entdeckt, …



Auch ein wahres Staraufgebot konnte den TV-Sechsteiler nicht retten. Sophie Rois als Anführerin der Verbrecher, Moritz Bleibtreu als PR-Berater, Dominik Maringer als Innenminister und Gerhard Liebmann als Mörder leisteten hervorragendes. Aber wie Starköche auf ein vernünftiges Rezept und anständige Zutaten angewiesen sind, hätten auch sie ein ordentliches Drehbuch mit einer vernünftigen Geschichte benötigt.

Es ist schade, daß man sich so an einem großen Werk vergangen hat. Nun hatte man schon wenig erwartet, und wurde trotzdem noch enttäuscht.

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