Dr. Michael Stern

Mandantenpech

Michael Stern (* 11.12.1897 in Wiener Neustadt; † 2.12.1989 in Wien) war ein österreichischer Rechtsanwalt. Nach seinem Jusstudium arbeitete er bei der böhmischen Nationalbank und wurde ab 1931 als Rechtsanwalt in Wiener Neustadt tätig. 1938 verlor er wegen seiner jüdischen Herkunft seine Zulassung als Rechtsanwalt und war als „Rechtskonsulent nichtarischer Klienten“ tätig.
Nach dem zweiten Weltkrieg und dem Wiedererhalt seiner Zulassung eröffnete er in Wien seine eigene Kanzlei mit zeitweise über 40 angestellten Mitarbeitern und wurde zu einem der bekanntesten und erfolgreichsten Strafverteidigern der Zweiten Republik.



Dr. Stern verteidigte einmal gemeinsam mit seinem Kollegen, dem ebenfalls hochangesehenen Strafverteidiger Herbert Eichenseder, einen schweren Jungen, einen richtigen Unterweltler. Dieser war wegen Mordversuchs angeklagt. Die beiden Strafverteidiger taten ihr Bestes, doch ließen sich weder Richter, noch Geschworene von deren Verteidigunglinie der Notwehr überzeugen. Der Angeklagte bekam 12 Jahre aufgebrummt. Noch als der Angeklagte aus dem Verhandlungssaal geführt wurde, beschimpfte er die beiden Anwälte aufs Übelste. Sie begleiteten den Verurteilten bis zu seiner Zelle, während der Mann sie ohne Pause anschrie: „Zwa Anwält hab i ma g’nomma! Und was hat ’s ma bracht?! In Häf’n muaß i!“
Dr. Stern versuchte den aufgebrachten Mandanten zu beruhigen: „Was regen Sie sich auf? Sechs Jahre für einen Mordversuch? Das ist doch ein gutes Urteil?
Und der Häftling schrie zurück: „Was heißt sechs? Zwöf Joahr hab i kriegt!“
Stern ergänzte bevor die Zellentür ins Schloß fiel: „Ja, aber sechs pro Anwalt!“



Titel-/Vorschaubild (Dr. Stern in der Mitte): Rechteinhaber unbekannt / Quelle: Stadtarchiv Wiener Neustadt

Please follow and like us:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert