In der Europäischen Union spielen mehrere Institutionen zusammen. An beinahe jedem Gesetz sind die Kommission, das Europäische Parlament und der Rat beteiligt. Seit dem Vertrag von Lissabon nimmt auch der Europäische Rat eine stärkere Leitlinienfestlegung wahr. So soll sichergestellt werden, dass alle Interessen gewahrt werden.
Das Europäische Parlament
Das Europäische Parlament (EP), das das letzte Mal im Mai 2014 gewählt wurde, besteht aus 751 Mandataren. Zwölf Mal im Jahr treffen sich die Parlamentarier zu Sitzungen, die jeweils vier Tage dauern, im französischen Straßburg, wo auch der eigentliche Sitz des EP ist. Die Tagungen der Fraktionen und Ausschüsse finden aber in Brüssel statt, wo das Parlament über mehrere Tage sechs Mal pro Jahr zusammen kommt. Das Generalsekretariat des EP hat seinen Sitz in Luxemburg.
Ebenso wie das österreichische Parlament hat das EP ein Präsidium. Es wird unmittelbar nach den EU-Wahlen von den Parlamentariern bestimmt. Im Jänner 2017 wurde der Italiener Antonio Tajani zum Nachfolger von EP-Präsident Martin Schulz für die Dauer bis zur Wahl im Mai gewählt. Ihm stehen vierzehn Vizepräsidenten und fünf sogenannte „Quästoren“ zur Seite, die für Finanz- und Verwaltungsaufgaben zuständig sind.
Die Kandidaten bei den EP-Wahlen werden in der Regel von den nationalen Parteien entsandt und schließen sich dann zu Fraktionen zusammen. Zur Gründung einer Fraktion müssen sich mindestens 25 Abgeordnete aus mindestens einem Viertel der EU-Mitgliedstaaten zusammenfinden.
Jeder Abgeordnete gehört außerdem einer Delegation an. Diese pflegen die Beziehungen der EU mit Nicht-Mitgliedsländern und berichten dann dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten über diverse Treffen.
Der Europäische Rat
Mindestens vier Mal pro Jahr treffen sich die Regierungschefs der EU-Mitgliedsländer zu einem großen Gipfel in Brüssel, „Europäischer Rat“ genannt. Seine Aufgabe ist es, Impulse zu geben und politische Prioritäten festzulegen. Gesetze können dabei nicht beschlossen werden.
Seit Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages im Jahr 2007 ist der Europäische Rat ein Organ der EU. Ihm steht ein ständiger Präsident vor. Seit Dezember 2014 ist dies der ehemalige polnische Premier Donald Tusk.
Der Rat der Europäischen Union
Gesetzgebende Funktion hat der „Rat der Europäischen Union“, auch Ministerrat genannt. Dabei treffen sich die zuständigen Minister aus allen Mitgliedstaaten und entscheiden über alle wesentlichen Verordnungen, Richtlinien und Beschlüsse. Je nach Thema müssen diese Entscheidungen dann auch meist vom Europäischen Parlament mitbeschlossen werden.
Aufgabe des Ministerrates ist es, Kompromisse bei den unterschiedlichen Positionen der Mitgliedstaaten zu finden. In der Regel entscheidet der Rat mit qualifizierter Mehrheit, einige Beschlüsse (z.B. Steuerfragen, Mehrjahresbudget) müssen einstimmig fallen. Bei so vielen Mitgliedstaaten passiert es oft, dass die nationalen Interessen sehr unterschiedlich sind. Hier gilt es dann gemeinsam das Unionsinteresse zu definieren. Um die Handlungsfähigkeit der EU sicherzustellen, ist im Vertrag von Lissabon vorgesehen, dass für die meisten Beschlüsse eine sogenannte doppelte Mehrheit (55 % Staaten, 65 % Bevölkerung) genügt.
Der Europarat
Neben dem Europäischen Rat und dem Rat der Europäischen Union gibt es noch den „Europarat“. Dieser ist allerdings keine Einrichtung der EU. Er wurde bereits 1949 gegründet, mit dem Ziel, die Menschenrechte zu schützen, die kulturelle Vielfalt in Europa zu fördern und Problemen wie Rassismus entgegenzuwirken. Der Europarat hat beispielsweise die Europäische Menschenrechtskonvention ausgearbeitet. Damit die Bürger ihre Rechte einklagen können, wurde der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gegründet, der seinen Sitz in Straßburg (Frankreich) hat. Der Vertrag von Lissabon sieht vor, dass die EU der Europäischen Menschenrechtskonvention beitritt, derzeit laufen Verhandlungen dazu.
Die Europäische Kommission
Die Europäische Kommission ist von den Regierungen der einzelnen Länder unabhängig und hat zur Aufgabe, die Interessen der gesamten EU zu vertreten.
Derzeit stellt jedes Land einen Kommissar. Ernannt werden die Mitglieder der Kommission von den nationalen Regierungen. Präsident der Kommission ist derzeit der Luxemburger Jean Claude Juncker. Österreichs Kommissar ist Johannes Hahn. Dieser ist zuständig für die Nachbarschaftspolitik und die Erweiterungsverhandlungen.
Die Kommission hat vier wesentliche Aufgaben. Sie hat das „Initiativrecht“, was bedeutet, dass sie in weiten Bereichen die einzige Institution ist, die Gesetzesvorschläge erarbeitet. Ziel dabei ist es, die Interessen der EU und ihrer Bürger zu wahren, unabhängig von einzelnen Mitgliedstaaten.
Die zweite Aufgabe ist die Umsetzung der EU-Politik und des Budgets. Zwar geben den Großteil des Geldes nationale Regierungen und Behörden aus, die Kommission kontrolliert sie aber und wird ihrerseits vom EU-Rechnungshof sowie von Rat und Parlament kontrolliert.
Drittens wacht die Kommission darüber, dass das EU-Recht in allen Mitgliedstaaten richtig angewandt wird. Verstößt ein Staat gegen europäische Gesetze, dann leitet die Kommission ein „Vertragsverletzungsverfahren“ ein. Mit einem Schreiben an die jeweilige Regierung fordert sie eine detaillierte Stellungnahme zu dem Thema. Kann der Mitgliedstaat keine Erklärung für sein Handeln vorlegen oder weigert er sich, ein (nach Ansicht der Kommission) EU-widriges Gesetz zu ändern, urteilt der EU-Gerichtshof über das Thema.
Der Gerichtshof der EU
Das EU-Recht ist für alle Bürger gleich. Aufgabe des Gerichtshof der EU (EuGH) mit Sitz in Luxemburg ist es, darüber zu wachen, dass dieses Recht auch für alle gleich ausgelegt wird und dass nationale Gerichte nicht in der gleichen Frage unterschiedlich entscheiden. Sitz des EuGH ist in Luxemburg. Jedes Mitgliedsland entsendet einen Richter.
Die Europäische Zentralbank
Rund zwei Drittel der EU-Bürger zahlen in ihrem Heimatland mit dem Euro. Aufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB) ist es, alles rund um die gemeinsame Währung zu verwalten. Außerdem sorgt die EZB dafür, dass die Preise in der EU stabil bleiben. Sitz der EZB ist in Frankfurt/Main.
Die Europäische Investitionsbank
Diese fördert hauptsächlich Infrastrukturprojekte, also Eisenbahn- und Straßenbau, Flughäfen und Umweltschutzmaßnahmen. Bei der Vergabe ihrer Kredite muss sie gewisse Kriterien beachten, zum Beispiel die ökologische Nachhaltigkeit, sichere Energieversorgung und Innovation. Sitz der EIB ist in Luxemburg.
Der Europäische Rechnungshof
Der Rechnungshof überprüft, ob das Geld in der EU ordnungsgemäß verwaltet wird. Jedes Mitgliedsland entsendet eine Person in den Rechnungshof, dessen Sitz in Luxemburg ist. Einmal pro Jahr gibt es einen Bericht an alle EU-Organe, darunter auch Rat und Parlament, das auf Empfehlung des Rates auf Basis des Berichts entscheidet, ob die Kommission vernünftig mit dem Geld der EU umgegangen ist.
Der Ausschuss der Regionen
Auch die Länder, Städte und Gemeinden in den EU-Mitgliedstaaten haben in Brüssel eine Vertretung: den Ausschuss der Regionen (AdR). Bevor EU-Gesetze erlassen werden, die die regionale Verwaltung betreffen, wie beispielsweise Bildung oder Verkehr, muss der AdR angehört werden.
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) berät die Einrichtungen der EU und gibt Interessensgruppen aus ganz Europa, wie beispielsweise Arbeitnehmer- und Wirtschaftsverbände sowie NGOs – eine Plattform, um sich zu EU-Fragen äußern zu können.
Der Europäische Bürgerbeauftragte
Jeder Bürger, jedes Unternehmen und jede Organisation kann sich offiziell über die EU beschweren. Der Europäische Bürgerbeauftragte wird vom Parlament gewählt und soll direkt zwischen den Einwohnern der EU-Länder und den Behörden der Union vermitteln.
Der Europäische Datenschutzbeauftragte
Dieser soll sicherstellen, dass die EU den Schutz der Privatsphäre beachtet, wenn sie personenbezogene Daten benutzt. Ebenso wie beim Bürgerbeauftragten kann man auch den Datenschutzbeauftragten direkt kontaktieren, wenn man sich von der EU nicht ordentlich behandelt fühlt.
Agenturen der EU
Neben all den Organen der EU gibt es noch eine Reihe von Agenturen für besondere Themen und Aufgaben, die über ganz Europa verstreut ansässig sind.
Quelle: Österreich und die EU, Herausgeber: Clemens Hüffel, Fritz Plasser, Dietmar Ecker