96,94%! Blaues Salzburg: Kickls Triumph und die Selbstvergewisserung der FPÖ

Der 35. ordentliche Bundesparteitag der FPÖ fand heute im Messezentrum Salzburg statt, und nicht wie ursprünglich vorgesehen, in Kitzbühel. Die Kurzversion: Der für Juni angesetzte Termin in Tirol war nach dem schockierenden Amoklauf an einer Grazer Schule abgesagt worden; als neuer Austragungsort nannte die Partei dann Salzburg, weil dort eine geeignete Halle verfügbar war.

Bühne, Tagesordnung und Botschaft
Die offizielle Einladung legte eine klare, routinierte Parteitagsordnung vor: Eröffnungsrede durch Herbert Kickl, Berichte, Wahlen (u. a. Bundesparteiobmann/in) und Leitanträge. Die Partei machte deutlich, dass es heute vor allem um die Wiederwahl von Herbert Kickl durch die rund 850 Delegierten gehen soll. In der Vorberichterstattung hat Kickl zudem bereits angekündigt, für die Präsidentschaftswahl 2028 „einen Joker“ ausspielen zu wollen — neben der klaren Zielsetzung, die FPÖ als Geburtsort einer „Volkskanzlerschaft“ weiter zu profilieren.

Proteste, Kritik, Polizei
Der Parteitag war begleitet von angekündigten Gegenkundgebungen: Plattformen wie „Solidarisches Salzburg“ und studentische Gruppen mobilisieren gegen die FPÖ; es sind mehrere Kundgebungen an Zufahrten zum Messezentrum vorgesehen, eine kleinere Pro-Kickl-Veranstaltung ist ebenfalls angemeldet. Die FPÖ spricht in Reaktion auf die Proteste von einem „massiven Angriff auf die FPÖ und damit auf die Demokratie“.
Ärgerlich bleibt, dass Veranstaltungen, deren augenscheinliches Ziel es ist, einen (verpflichteten) Parteitag zu stören oder gar zu verhindern, überhaupt zugelassen werden.
In amüsanter Erinnerung jedoch bleibt, dass sich bis zum Beginn des Bundesparteitags der Freiheitlichen etwa 15 bis 20 Personen zum groß angekündigten „breiten zivilgesellschaftlichen Protest“ eingefunden haben.

Gerüchte, Warnungen und Gegen-Behauptungen
Im Vorfeld kursierten — wie so oft bei großen Parteitagen — Gerüchte und Szenarien: Manche Medien und Social-Media-Akteure spekulierten über einen „großen Knall“ oder eine überraschende Niederlage für Kickl; andere warnten vor Störungen seitens linker „Aktivisten“-Gruppen. Solche Gerüchte sind in der politischen Kommunikation nichts Neues; ihre Wirkung hängt vom Maß an Plausibilität ab — wirkt etwas unglaubwürdig, bleibt es ein laues Feuerwerk, das eher belustigt als verändert.

Warum dieser Tag mehr als Routine war
Zwei Gründe machen den heutigen Parteitag politisch bedeutsam: Erstens die Personalfrage rund um Herbert Kickl, der seit seinem Führungsamt eine Marktmacht in der Parteienlandschaft besitzt und von politischen Gegnern gerne als „emotionale Projektionsfläche“ genutzt wird. Zweitens die symbolische Dimension: Ein Bundesparteitag mit begleitenden Straßendemonstrationen ist immer mehr als Satzungs- und Wahlakt — er ist Schaufenster und Gradmesser zugleich: Wie stabil ist die Basis, wie laut sind die Regierungsparteien und die grüne „Opposition“, wie groß der mediale und polizeiliche Aufwand?

Der „breite zivilgesellschaftliche Widerstand“ bestand aus einer Handvoll ideologisch verbohrter Schreihälsen.

Ein Parteitag zwischen Pathos, Protest und Parteidisziplin
Der heutige Bundesparteitag der FPÖ in Salzburg war kein alltägliches Stelldichein der Delegierten, sondern eine Inszenierung von Geschlossenheit, Selbstbewusstsein und klarer Abgrenzung gegenüber den politischen Gegnern. Schon die Wahl des Austragungsorts – die Mozartstadt, reich an Symbolik und repräsentativem Ambiente – signalisierte: Die Freiheitlichen wollten sich nicht in einer Randlage präsentieren, sondern im Zentrum, sowohl geografisch als auch politisch.
Während draußen Antifa-Aktivisten waghalsig das Dach erklommen und sich von der Fassade abseilten, um ihre Botschaften in die Kameras zu halten, blieb es drinnen bei klaren Worten, verbindlichen Gesten und einem Schlaglicht auf die eigene Stärke. Dass die Polizei die Protestaktion rasch und resolut beendete, dürfte das Bild verstärkt haben: Hier eine Partei, die sich als „Ordnungskraft“ versteht, dort ein chaotisches Störmanöver.

Freundschaftliche Grüße aus ganz Europa
Bevor Salzburgs Landesparteiobfrau Marlene Svazek mit einer ergreifenden Rede die 850 Delegierten begrüßte, gab es prominente Stimmen von außerhalb. Die Videobotschaften, die Viktor Orbán, Marine Le Pen, Matteo Salvini und Alice Weidel nach Salzburg schickten, hatten Gewicht. Sie stellten die FPÖ in eine Reihe von Kräften, die längst europaweit vernetzt agieren und sich gegenseitig den Rücken stärken. „Freundschaft“ war in diesem Falle nicht nur ein FPÖ-Gruß, sondern Programm – grenzüberschreitend und machtbewusst.
Svazek selbst nutzte ihre Rede, um den Parteitag zu erden. Sie sprach nicht nur vom politischen Höhenflug, sondern auch von Verantwortung und Bodenständigkeit. Ihr Auftritt hatte einen doppelten Effekt: Er zeigte, dass die FPÖ mittlerweile über charismatische Führungskräfte jenseits von Herbert Kickl verfügt, und dass die Partei in Salzburg – ihrem „Stammland“ – auf eine breite Basis bauen kann.

Das große Thema: Die Nummer eins
Immer wieder fiel während des Parteitags der Hinweis, dass die FPÖ nicht mehr die „dritte Kraft“ im Land sei. Die Freiheitlichen verstanden es, den eigenen Status als „Nummer eins“ wie ein Mantra in den Köpfen der Delegierten und Sympathisanten zu verankern. Das war keine bloße Parole, sondern eine strategische Ansage: Man will sich nicht länger in einer Außenseiterrolle gefallen, sondern die nächste Bundesregierung prägen.
Dass SPÖ und Neos schon während der laufenden Veranstaltung und vor den eigentlichen Wahlen mit eilfertigen Presseaussendungen auf die zu erwartende Wiederwahl Kickls reagierten, wirkte fast wie eine unfreiwillige Bestätigung. Je lauter die Konkurrenz warnt, desto sicherer darf man sich der eigenen Stärke fühlen.

Ein Finanzbericht mit ironischem Seitenhieb
Als Finanzreferent MMag. DDr. Hubert Fuchs das Wort ergriff, wurde es sachlich – und zugleich pointiert. Er konnte ein deutliches Plus auf den Konten der Partei präsentieren, trotz intensiver Wahlkämpfe in den vergangenen Jahren. Der kleine Seitenhieb auf die hochverschuldeten Regierungsparteien ÖVP und SPÖ kam bei den Delegierten gut an. Fast kabarettistisch wirkte seine Bemerkung über den Rechnungshof, der die FPÖ dafür kritisiert habe, „zu niedrige“ Ausgaben im EU-Wahlkampf getätigt zu haben. Fuchs konterte trocken: Man könne offenbar sogar mit Sparsamkeit anecken.
Weniger erfreulich: Hinter den Kulissen verletzte sich Fuchs am Fuß, nachdem er umgeknickt war. Er wurde sofort medizinisch versorgt – was aber nicht verhinderte, dass das Missgeschick rasch die Runde machte. Ironischerweise dürfte auch dieser Vorfall dazu beigetragen haben, dass der Finanzreferent vielen Delegierten im Gedächtnis blieb.

Kickls Rede: Zwischen Attacke und Emotion
Herbert Kickl selbst sprach mit gewohnt scharfer Zunge. Die Regierung bekam ihr Fett weg – das „Ampel-Chaos“ in Berlin wurde ebenso ins Visier genommen wie die innenpolitische Konkurrenz. Kickl verstand es, das Bild der FPÖ als „Kraft der Vernunft“ zu zeichnen, im Gegensatz zu dem, was er als chaotisches „Establishment“ darstellte.
Bemerkenswert war der Schlusspunkt seiner Rede. Kickl, sonst eher als kühler Stratege bekannt, wandte sich an seine Familie und bekannte öffentlich: „Ich liebe Euch.“ Ein Satz, der manchen Delegierten kurz innehalten ließ. Vielleicht ein Signal, dass der Parteichef sich nicht nur als politischer Kämpfer, sondern auch als Mensch zeigen wollte.

Das Wahlergebnis: 96,94% für Herbert Kickl
Die zentrale Frage des Parteitags lautete freilich: Mit welchem Ergebnis würde Kickl in seiner Funktion bestätigt werden? Die Antwort fiel so klar aus, dass auch Kritiker ins Grübeln geraten dürften. Von 727 Stimmberechtigten gaben 723 ihre Stimme ab. 698 davon waren ein klares Ja für den amtierenden Obmann, nur 25 Delegierte entschieden sich für eine Streichung. Das entspricht einer Zustimmung von 96,94%.
Kickl selbst nahm das Resultat mit demonstrativer Demut an. Keine Triumphpose, kein Schulterklopfen – sondern Dankbarkeit. Die Botschaft war eindeutig: Er sieht das Ergebnis nicht als Blankoscheck, sondern als Auftrag.
Politisch ist die Deutung klar: Die FPÖ zeigt auch nach außen hin Einigkeit und Disziplin, während andere Parteien mit internen Grabenkämpfen hadern. Dass es keinen Gegenkandidaten gab, unterstreicht sowohl die Stärke Kickls als auch die Konzentration der Partei auf eine gemeinsame Linie.

Proteste draußen, Geschlossenheit drinnen
Die Bilder des Parteitags waren kontrastreich: Während draußen sogenannte Aktivisten gegen Kickl und die FPÖ protestierten, ließen sich die Delegierten in der Halle kaum beirren. Dass die Antifa ihre spektakuläre Kletteraktion geradezu artistisch inszenierte, wirkte in den Medien zunächst aufmerksamkeitsstark – doch der inhaltliche Mehrwert blieb dünn. Im Gegensatz dazu standen die strukturierten Abläufe im Inneren.

Fazit: Selbstbewusstsein mit ironischen Zwischentönen
Der Bundesparteitag in Salzburg war für die FPÖ mehr als eine routinierte Pflichtübung. Er war ein Statement: nach innen zur Disziplinierung und Selbstvergewisserung, nach außen als Machtdemonstration. Dass man neben Pathos und Attacke auch Platz für kleine ironische Spitzen und menschliche Momente fand, verlieh der Veranstaltung eine unerwartete Leichtigkeit.
Die politische Konkurrenz wird das Ergebnis nicht gerne hören – doch der heutige Tag hat gezeigt, dass Herbert Kickl und die FPÖ nicht nur fest im Sattel sitzen, sondern mit klarer Botschaft in die kommenden Wahlkämpfe ziehen. Ob man die Partei nun mag oder nicht: Ihre Geschlossenheit und ihr derzeitiges Momentum sind unübersehbar.
Oder, wie es ein Delegierter im Abgang formulierte: „Wenn selbst der Finanzreferent mit Sparsamkeit aneckt, dann weißt du, dass die Freiheitlichen gerade ziemlich viel richtig machen.“


Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war der 35. ordentliche Bundesparteitag der FPÖ noch im Gange.

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