Gedanken zum „Tag der Arbeit“
Der „Tag der Arbeit“, immerhin gesetzlicher Feiertag mit einem sinngeladenen Hintergrund, stellt einen Fixpunkt im politischen Kalender dar. Jede politische Partei, jede politische Gruppierung oder Interessenvertretung versucht, an diesem Tag mit historischem Gewicht, seine Verbundenheit mit den „werktätigen Massen“ zu zeigen. Nun änderte sich die Welt und die „werktätigen Massen“, die weiland für tränennasse Augen bei den Genossen der politischen Avantgarde sozialistischer Kaderparteien sorgten, gibt es in der Form nicht mehr. Keine Abordnungen im Blauzeug, bei der sich Männer mit schwieligen Händen und ernsten Gesichtern im Gleichschritt vor ihren gütig winkenden Staats- und Parteivertretern vorbei bewegen. Die Zeiten sind vorbei, und die ideologiebesoffenen Arbeitervertreter in schrecklich anzuschauenden Polyesteranzügen sind Geschichte.
Aus dem breiten Feld der Arbeit, Dienstleistung und Produktion wurde ein „ArbeitsMARKT“, an dem man sich die gewünschten Komponenten ordern kann, wie man sich den Belag auf eine Lieferservice-Pizza bestellt.
„Die Arbeit hoch!“ war gestern. Heute wird über eine herbeigebitzelte „Work-Life-Balance“ lamentiert, die sich im ersten Moment uneingeschränkt toll anhört, doch auf den zweiten Blick schon rechnerisch nicht umsetzbar ist, und in den wirtschaftlichen Kollaps des Staates, der Gesellschaft, der Menschen führt, ja führen muß.
Der Klassenkampf vergangener Tage, bei dem man sichere Arbeit und gerechte Entlohnung erkämpfte, weichen einem wehleidigen, selbstverliebten und selbstüberschätzenden organisierten Egoismus, der für weniger Arbeit mehr Geld will. Die Unfinanzierbarkeit eines solchen Ansinnens wird dabei gänzlich ausgeblendet. Daß bei der Umsetzung dieses (verständlichen) Traums kaum mehr Mittel in die chronisch unterversorgten Sozialtöpfe wandern, wird übersehen. Die fragilen Systeme von Pensionen, Gesundheitsversorgung und soziale Leistungen würden endgültig vor die Hunde gehen. „Hinter mir die Sintflut!“ wäre ein passenderer Begriff statt des „Work-Life-Balance“-Geschnatters, das den Eindruck erweckt, als stünden „Work“ und „Life“ im krassen Gegensatz, ja als würden sich Arbeit und Leben grundsätzlich ausschließen.
Dabei ist dieser Wunsch nichts als der Ausdruck einer nachvollziehbaren Resignation: Konnte sich ein durchschnittlicher Haushalt mit 1½ Einkommen noch vor einer Generation mit Fleiß ein Eigenheim leisten, kämpfen heute Durchschnittsverdiener mit den Kosten für Miete und Energie. An ein eigenes Haus, an eine eigene Wohnung, ist für viele Menschen nicht mehr zu denken. Wozu also reinknien in eine Arbeit, wenn am Ende doch kein spürbarer wirtschaftlicher Aufstieg in Aussicht steht.
Der Arbeitsmarkt ist durch die schwer nachvollziehbaren Eingriffe der vergangenen drei Jahre so massiv zerrüttet, daß man einen Arbeitskräftemangel bei gleichzeitiger Arbeitslosigkeit fabriziert hat. Die Arbeitslosenzahlen werden durch permanente Vergatterungen zu Kursmaßnahmen und andere Projekte beschönigend nach unten gedrückt. An der Gesamtsituation ändert es nichts. Arbeitslose, die nach sechs Monaten vergeblicher Arbeitssuche in die Notstandshilfe abrutschten, bekommen „Jobangebote“ mit Bruttogehältern von 600,–, 700,–, 800,– Euro… Und sie sind verpflichtet, diese Jobs, mit denen sie niemals ein Auskommen finden, anzunehmen. Die Differenz zum „Einkommen“ einer „Mindestsicherung“ wird schließlich aus einem anderen (steuerfinanzierten) Topf ausbezahlt. Oder die betroffene Person legt sich zwei oder drei solcher Minijobs zu, wenn es nur irgendwie koordinierbar ist. Der Arbeitsmarkt bewegt sich in Richtung „working poor“. Die derzeit vertretene Arbeitsmarktpolitik, die jede (oft genug von der Politik selbst verursachte) Lücke durch Zuzug ausländischer Arbeitskräfte stopfen will, steuert den gesamten Bereich nichtselbständiger Erwerbstätigkeit gegen die Wand. Drei Jahre schwarz-grüne Politik zeigen nun ihre Wirkung.
Beispiel Krankenhäuser, Pflege: Dieser Bereich wurde zu einem hohen Teil von Damen und Herren aus ehemaligen Ostblock-Staaten, wie Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien, usw. gestützt und am Laufen gehalten. Als man im Rahmen der Corona-Maßnahmen-Politik diese Menschen vor die Wahl stellte, sich impfen zu lassen oder den Job zu verlieren, entschied sich eine große Anzahl der Betroffenen dafür, lieber ungeimpft in die Heimat zurückzukehren, statt sich einem Zwang auszusetzen. Andere waren in ihren Herkunftsländern gegen das Covid-Virus geimpft worden. Allerdings wurden diese Impfungen in Österreich nicht anerkannt. Die Wirkung von Impfstoffen, die nicht den Segen der EU-Kommission hatten, wurde schlichtweg negiert. Allerspätestens heute sollte man die begangenen Fehler in diesem Bereich rückgängig machen und die über Jahre bewährten und mit der österreichischen Situation vertrauten Pflegekräfte wieder ins Land einladen und sich bei ihnen entschuldigen. Aber das tut keiner der Verantwortlichen.
Ähnliche Szenarien spielten sich unter anderen Rahmenbedingungen in der Hotellerie und Gastronomie, am Bau, in der industriellen Produktion ab. Fachkräfte wurden vertrieben.
Gleichzeitig wurden besonders hart von den Lockdowns betroffene Arbeitskräfte umgeschult und in andere Branchen vermittelt. Auch die dadurch zu Tage getretenen Lücken sind schwer zu füllen.
Ein zerrütteter Arbeitsmarkt. Und die einzige Lösung der Verursacher: More of the same!
Daß sich ein Fachkräftemangel am besten durch Steigerung der Fachausbildung beheben ließe, ist den Damen und Herren der hohen (Regierungs-)Politik bislang nicht in den Sinn gekommen. Oder vielleicht wissen sie es doch, haben allerdings Angst davor, die Verantwortung für ein Schulsystem zu übernehmen, daß Jahr für Jahr junge Menschen unvorbereitet und unausgebildet auf eben diesen Arbeitsmarkt los läßt. Viel zu hoch ist der Anteil von Schulabgängern, die weder sinnerfassend lesen können, noch die Grundrechnungsarten beherrschen. Das ist nicht die Schuld der Schüler, und auch nicht die Schuld der Lehrer. Es ist ein systemisches Versagen. Und die hier begangenen Fehler, die man über Jahrzehnte immer als dringend notwendige „Reformen“ verkaufte, setzen sich in die Welt der Erwerbstätigkeit, folglich in die empfindlichen Gefilde des Sozialstaates mit seinen Verantwortungen fort.
Und so beschließen wir unseren Gedankenwalzer zum ersten Mai mit ein paar Vorschlägen (natürlich keine Forderungen):
Ausbildung: Ein Schulsystem, das funktionale Analphabeten produziert, schreit nach – NEIN! Nicht nach Reformen! – sondern nach Rückbau der Fehlentwicklungen. Es stellt sich die grundsätzliche Frage, ob ein Schulkind einen Laptop bekommen soll, bevor es fähig ist, 12 mit 7 zu multiplizieren, oder bevor es ein (ungekürztes) Buch einer Astrid Lindgren gelesen und kapiert hat.
Entlohnung: Arbeit muß gerecht entlohnt werden. Solange es Bereiche gibt, in denen man bei Vollzeitbeschäftigung die Kosten für ein einfaches Leben nicht stemmen kann, läuft etwas schief!
Arbeitsmigration: In Österreich gibt es mehr als genug Arbeitslose. Während der Corona-Krise brachte man es zustande, die Kräfte ganzer Branchen neu im Arbeitsmarkt „anzusiedeln“. Es ist nicht notwendig, neue Kräfte aus allen Teilen der Welt anzuwerben, solange es genügend Kräfte in Österreich gibt, die man durch Ausbildung in die gewünschten Bereiche „lenken“ könnte. Hier ist bei weitem noch nicht alles ausgeschöpft! Zudem läßt sich leider bemerken, daß die eingeladenen (und uneingeladenen) „Fachkräfte“ oft nicht einmal rudimentäre Deutschkenntnisse haben, und somit für den Arbeitsmarkt mit hoher Wahrscheinlichkeit ungeeignet sind. Wo bleiben die so oft versprochenen Resultate der beinahe heilig gesprochenen Integrations- und Deutschkurse?
Österreich befand sich auf einem Scheideweg. Man konnte den Weg einer soliden Politik der Ausbildung und Beschäftigung einschlagen oder auf das dünne Eis der ideologisierten Traumtänzereien offener Arbeitsmärkte hinaus stolpern. Die zweite Option wurde gegen den Willen der Menschen von den derzeit verantwortlichen Vertretern der hohen Politik gewählt. Nun wird es Zeit umzukehren!
Wir wünschen einen angenehmen ersten Mai!