
(Sehr selektive) Zusammenfassung des Geschehens ohne Höflichkeiten
Ein Kommentar.
Sehr geehrte Damen und Herren, geschätzte Leserinnen und Leser!
Heute tun wir gar nicht lang rum, sondern eröffnen gleich mit einer Beleidigung: Haben die Lack gesoffen oder sind die naturdeppat? Nun, so beleidigend war das eigentlich gar nicht, und wer damit gemeint ist, darauf kommen wir gleich noch. Bei allem zu Gebote stehenden Respekt muß man wirklich einmal festhalten, daß es eine nicht besonders große, doch dafür umso einflußreichere Gruppe von Menschen gibt, die gerade den Bogen überspannt.
Wir befinden uns in Österreich in einer vielfachen Wahlkampfzeit. In Tirol wird der Landtag gewählt. Und mit großem Interesse wird aus der ganzen Republik ins „heilige Land“ gekibitzt. Welche Watschen wird sich die Tiroler ÖVP, die sich neuerdings „Liste Mattle“ nennt, abholen? Und wer wird der Profiteur dieser demokratischen Hinrichtung eines überkommenen Systems? Auch den Grünen, die sich in ungewohnt nobler Zurückhaltung bezüglich der Tirol-Wahl üben, werden einen Dämpfer bekommen. So sagen es zumindest die meisten Umfragen. Mal sehen, ob es zu Lernerfolgen aus diesen von den Bürgern erteilten Lektionen gibt.
Im Burgenland stehen Gemeinderatswahlen an. Unbemerkt von der medialen Öffentlichkeit. Vergleichsweise unaufgeregt und auch unaufregend.
Und das große Ding, der Zirkus des Herbstes wird die Bundespräsidentenwahl, bei der sechs Herausforderer den amtierenden Präsidenten taumeln, stolpern, und in Bälde auch abgehen sehen wollen. Noch nie herrschte eine dermaßen heftige Wut, eine unbeschreibliche Unzufriedenheit mit einem Amtsinhaber, wie in diesem Falle beim Bundespräsidenten Alexander van der Bellen.

Noch nie! Das ist der kurze Slogan, den man als Universalüberschrift für so viele Zustände und Umstände der heutigen Situation Österreichs nutzen könnte. Noch nie! Das bedeutet auch immer eine Grenzüberschreitung. Ein geschriebenes oder auch ungeschriebenes Gesetz, das seit den Zeiten des Anbeginns unserer (zweiten) Republik geachtet wurde, bedeutet dem einen oder anderen Politiker, Regierungsmitglied oder gar dem Staatsoberhaupt nichts mehr. Und auch unzählige Vertreter der Medien, die Vertreter der selbsternannten, niemals demokratisch legitimierten „vierten Gewalt“ haben Grenzen überschritten. All das in einer Art und Weise, wie man es noch vor wenigen Jahren nicht für möglich gehalten hätte.

Noch nie hatte eine Bundesregierung so unbeschreiblich miserable Umfragewerte. Und noch nie kümmerte es die Regierenden so wenig. Nun möchte man sagen, Umfragen seien Umfragen, und keine Wahlergebnisse, doch muß man – wenn man nur ein wenig Verantwortung fürs Amt verspürt – doch auf die Stimmung der Bürger Rücksicht nehmen. Der Unmut der Bürger kommt ja nicht von ungefähr, sondern weil sich die Wähler der NR-Wahl 2019 verschaukelt fühlen. Die Wähler hatten nach der turbulent von den Parteien und den meisten Medien durch das Dorf getriebenen Ibiza-Sau eine ÖVP gewählt, von der sie eine inländerfreundliche, leistungsorientierte und saubere Politik erwarteten. Und das damalige Team um Kurz stellte sich auch dar, wie eine furchtbar anständige Nebenerwerbs-FPÖ. Frisch gekämmt und geschneuzt, und von Mami in den sauber gebügelten Slim Fit-Anzug gesteckt. Und die Grünen? Die hatte man gewählt, um die von ihnen so lautstark im Wahlkampf getrötete „Sauberkeit“, die Transparenz und das Aufdecken von Mißständen, in der österreichischen Politik wieder zu finden. Denn laut Aussage der Grünen gab es ohne deren Anwesenheit ausschließlich Sodom und Gomorra, übelste Freunderlwirtschaft und Korruption bis über die Hutschnur.

Daß sich gerade diese beiden Parteien gefunden haben, war schon das erste Aha-Erlebnis für die Wähler und Anhänger beider Parteien. Doch nun, nach über zweieinhalb Jahren des Dahinfuhrwerkens dieser Parteien, sind von der ÖVP-Seite nur noch Reste des seinerzeit gewählten Stammes vorhanden. Und das aus gutem Grund!
Und die Grünen, die so von Gerechtigkeit, Anstand und und Sauberkeit herumlamentierten, führen sich auf, daß so manchem alten Großkoalitionär aus besten rot-schwarzen Zeiten die Kinnlade nach unten fällt. „Des hätten ned einmal wir uns getraut! Und wir warn frech!“, verriet uns unlängst ein Kabinettsmitglied einer SPÖ-ÖVP-Regierung der 1990er, der goldenen rot-schwarzen Zeiten.
Kurz und gut – oder eher schlecht: Die Menschen haben etwas anderes bestellt, als sie geliefert bekamen. In einem Restaurant würde man das Menü und in Folge die Rechnung verweigern. In der Politik geht das leider nicht so einfach.

Eine Möglichkeit, sich gegen diese wild gewordenen politischen Suppenpantscher zu wehren, wäre der Herr Bundespräsident. Schließlich ist er das Staatsoberhaupt, hat die Macht Regierungen zu ernennen und zu entlassen. Und – Der wichtigste Punkt! – der Bundespräsident ist direkt von den Menschen gewählt. Eine direkte Persönlichkeitswahl stellt schon auch einen Auftrag dar. Denn der Bundespräsident hat eine mehr als wichtige Aufgabe: Er soll im Ernstfall auf die Interessen der Bürger schauen, sie vor Ungerechtigkeiten, vor Rechtsbrüchen der Regierung schützen. Nochmals zum Mitschreiben: Der Bundespräsident soll die Bürger vor der Regierung schützen!
Bundespräsident van der Bellen macht haargenau das Gegenteil! Die Bürger verlangen mehrheitlich nach Neuwahlen und er bekennt öffentlich, daß die Regierung – die so nie von den Menschen bestellt/gewählt wurde – weiter arbeiten soll. Dafür wurde er nicht gewählt!
Heimlich, still und leise begab sich der Bundespräsident auch auf das dünne Eis, die Teilnahme österreichischer Truppen an der EU-Eingreiftruppe nicht als Verstoß gegen die immerwährende Neutralität zu sehen.
Dieser Bundespräsident hat auch, ohne mit der Wimper zu zucken, der Reihe nach Gesetzen der Bundesregierung mit seiner Unterschrift Gültigkeit verliehen, die später wieder vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden mußten. Die Bürger, die er hätte schützen sollen, mußten selbst den langen, komplizierten und teuren Weg zum VfGH gehen, weil er, van der Bellen, seiner Aufgabe nicht nachkam.

Und jetzt, geschätzte Damen und Herren, steht DIE Wahl an. Und die Medien, allen voran der Staatsfunk ORF, vermitteln den Bürgern den Eindruck, daß diese Wahl mehr oder weniger unnötig sei, weil der Bundespräsident ohnehin bereits feststehe: Van der Bellen. Hier scheint eher der Wunsch Vater des Gedankens zu sein. Unzählige Medienvertreter wünschen sich Van der Bellen als Bundespräsident und kampagnisieren – bewußt oder unbewußt – für den Amtsinhaber. Daß ein großer Teil, höchstwahrscheinlich sogar die Mehrheit der Österreicher, mit der Amtsführung van der Bellens höchst unzufrieden sind, kratzt diese Herrschaften wenig. Die sechs Herausforderer werden abfällig als „Spaßkandidaten“ diffamiert. Der als Staatsfunk zur Objektivität verpflichtete ORF überschlägt sich in nur wenig subtiler Wahlwerbung für den Amtsinhaber und rechtfertigt sogar seine demokratiepolitisch fragwürdige Flucht vor Diskussionen mit den anderen Wahlwerbern. In einer seltsamen „Diskussionsrunde“ vergangenen Sonntag wurden die Kandidaten wie Schulkinder geprüft, ob sie denn eh brav das Bundespräsidenten-Einmaleins gelernt haben. Nach den massiven Schnitzern auf allen möglichen Ebenen wäre diese Prüfung eher beim Amtsinhaber fällig. Ein besonderes Geschmäckle bekommt diese Sache dann, wenn man sich vor Augen führt, daß der Vorsitzende des ORF-Stiftungsrates Lothar Lockl zufälligerweise der Wahlkampfleiter van der Bellens bei der letzten Wahl war… Und noch viel mehr Geschmäckle gibt es angesichts des Sachverhalts, daß die Moderatorin dieser peinlichen Polit-Show die „Ex“ dieses Herrn Lockl ist.
Als kleine Draufgabe wollte man diese Woche auch noch den unabhängigen Kandidaten Gerald Grosz in der Nachrichtensendung ZiB2 am ORF vorführen. Ein wenig lächerlich machen, ein paar Unterstellungen. Der Versuch, den Kandidaten vor laufender Kamera als unnötigen Spaßkandiaten mit Hang zur Korruption darzustellen ging allerdings nach hinten los, als der interviewte Kandidat sich mit klaren Worten gegen die Anpatzversuche, die man mit wenigen Minuten Recherche hätte klären können, wehrte und den ORF-Journalisten blamierte. Kampagnenjournalismus der übelsten Art. Man darf mit einem gewissen Schaudern die nächsten Interviews mit herausfordernden Kandidaten erwarten.

Man hat den Eindruck, als wolle man diese Wahl gar nicht und – da sie nun mal stattfinden muß – nutzt man jede Möglichkeit, um mit fairen und unfairen Mitteln die Gegner schlecht zu machen. Daß man bei den Herausforderern auch noch den einen oder anderen Kandidaten dabei hat, der einer Abstimmung über den Verbleib Österreichs in der EU nicht abgeneigt ist, grenzt für besagte Damen und Herren der Medien beinahe an ein Sakrileg. Und auch hier sollte man sich die Frage stellen, warum man denn so panische Angst vor Wahlen und Abstimmungen hat. Warum – in Teufels Namen – wollen diese Herrschaften der Bundesregierung, der Regierungsparteien und einiger anderer Interessensgruppen auf Biegen und Brechen verhindern, daß die Menschen – wie in einer Demokratie üblich – über ihr Schicksal bestimmen?
Es bleibt die Befürchtung, daß besagte Damen und Herren doch gar keinen Lack gesoffen haben, sondern die Bürger Österreichs an der Nase herumführen (wollen).

Und jetzt ernsthaft: Demokratie bedeutet, daß die Bürger entscheiden. Und die Bürger entscheiden auf Basis der Informationen, die ihnen zur Verfügung gestellt werden, die sie in den Medien, in den Veröffentlichungen, aber auch in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis vorfinden und sich dann selbst ein Bild zu einem Thema einer Lage machen. Es ist eine Gefahr für die Demokratie, ja eine Gefahr für unsere Republik, wenn die Menschen falsch, manipulativ, unvollständig oder gar nicht informiert werden. Und es ist ein Armutszeugnis für all jene, die Wahlen und Abstimmungen – egal mit welchen Erklärungen und Ausreden – verhindern wollen.
Wir wünschen Ihnen noch einen angenehmen Sonntag!
Bleiben Sie uns gewogen!
Bitte unterstützen Sie die heimische Wirtschaft!
Fotos:
BP Alexander van der Bellen: Die Grünen / Karo Pernegger / cc0 1.0 / cropped
BM Leonore Gewessler: wikimedia / flickr / Bundesministerium f. Finanzen / cc by 2.0
BP van der Bellen und Lothar Lockl: wikimedia / flickr / Österr. Botschaft Berlin / cc by 2.0
„ZiB2“ und „Im Zentrum“: screenshots ORF TVthek / orf.at