
Die Wiederkehr der Vaterlandliebe
Ein Kommentar
Längst vergessene Worte hört man nun wieder. Immer öfter! Immer klarer! Ohne Scham! Ohne Schuldgefühl! Es sind klare und oft auch sehr harte Worte. Man spricht vom Vaterland, von der Wichtigkeit, dieses zu verteidigen und, daß dies auch eine nationale Anstrengung bedeutet, der sich niemand zu verweigern hat. Man hört davon, daß der Stolz auf die Geschichte angebracht sei und man sich eine Beleidigung nicht gefallen lassen soll.
Moment, liebe Leserinnen und Leser, Sie werden doch nicht ernsthaft annehmen, daß damit Österreich oder gar Deutschland gemeint ist. Nein, natürlich nicht. Auf diese Staaten, ihre Geschichte, ihre Völker wird nach wie vor im besten Fall vergessen, im Normalfall geschimpft. Patriotismus, Vaterlandsliebe, Nationalstolz sind die neuen und herzallerliebsten Steckenpferde der politischen Linken, wenn es um die Ukraine geht. Oder eventuell noch um andere Länder, wie bspw. Kuba, Venezuela oder das völkerrechtlich nicht existente Kurdistan. Selbst für Tschetschenien, dessen staatliche Existenz weiland nur von den Taliban Afghanistans und Georgien anerkannt wurde, und dessen jugendlichen Exportschlager (Exportschläger?) in unseren Landen nur wenig Begeisterung auslösen, keimt neuerdings wieder ein zartes Pflänzchen aufrichtiger fremdpatriotischer Zuneigung. Mit Tränen der Freude und Begeisterung werden die offenen und lautstarken Bekundungen der Liebe zum eigenen Land, zum eigenen Volk durch Vertreter der besagten politischen Linken (zu der man getrost auch die sich selbst als „Mitte“ definierenden politischen Gruppierungen zählen kann) wahrgenommen, solange es sich nicht um Österreich oder Deutschland handelt. Ob dieses Verhalten des schizophrenen moralischen Bewertung ein und der selben Sache durch diese „Volks“-Vertreter nun eine Sache für den Beichtvater oder Therapeuten ist, läßt sich schwer erkunden. Vielleicht beides.

Vielleicht liegt hier die Wurzel des Übels: Von den selbsternannten Meinungsmachern, den weitesten Teilen der „hohen Politik“ wird Patriotismus, Nationalstolz oder Vaterlandsliebe beinahe (?) reflexartig mit aggressivem Chauvinismus, mit zähnefletschenden Militaristen, mit Rassismus, Krieg und Massengräbern gleichgesetzt.
Das von den Linken spätestens seit den 1968ern selbst erdachte Klischee ist allerdings so falsch, wie es geschmacklos ist. Peinlich nur, für die es verbreitenden Damen und Herren (und alle anderen Geschlechter), daß sie die eigene Unwahrheit zu glauben scheinen! (Also doch eine Sache für den Therapeuten?)

Dieses Unverständnis, diese Unterstellung, dieses Weiterverfolgen der fixen Idee, daß ein geliebtes, oder zumindest respektiertes Vaterland eine edle und feine Sache auch innerhalb der eigenen Grenzen darstellt, ist der Nährboden für dumme Ideen.
Eine der aktuellsten dummen Ideen ist das weitere Aufweichen des österreichischen Staatsbürgerschaftsrechts. Man schlug allen Ernstes vor, auf österreichischem Boden geborenen Personen automatisch die Staatsbürgerschaft anzubieten. Nicht mehr die Herkunft und Staatsangehörigkeit der Eltern, sondern die Länderkennung zur Postleitzahl der Geburtsklinik soll ausschlaggebend sein. Die gemachten Vorschläge gehen weit über die seit Jahrzehnten geführte Diskussion, wie man den Begriff der Nation bewerten und definieren sollte hinaus. Denn selbst eingefleischteste Verfechter der Idee, daß einzig eine Staatsnation eine Existenzberechtigung hätte, und die Ideen einer Volks- und Kulturnation abzulehnen seien, waren (zumindest vor kurzem) noch der Ansicht, daß der Erwerb der Staatsbürgerschaft auch mit der sozialen Kompatibilität zu tun haben sollte.

Wie man es auch dreht und wendet, kommt man immer wieder zur Erkenntnis, daß man den Begriff der Nation bei seiner sprachlichen Wurzel packen sollte: „natus“. Das bedeutet soviel wie „(gleich) geboren“ oder auch „abstammend“. Somit ist der Begriff mit einer gemeinsamen Herkunft (und nicht Niederkunft) verbunden. Auch die Idee, daß ein längerer Aufenthalt automatisch zum Anspruch auf eine Staatsbürgerschaft führen sollte, ist Unfug.
Stellen wir uns einfach vor, daß ein fleißiger und durstiger Stammgast über viele Jahre hindurch im selben Wirtshaus sein Bier trinkt. Hat er deshalb Anspruch auf einen Anteil des Wirtshauses? Nein. Und wenn seine Frau zufällig im Gastgarten ein Kind zur Welt bringt, wird es dadurch auch nicht zum Junior-Wirten. Und, um bei diesem Vergleich zu bleiben, noch viel dümmer ist es, jahrelangen Zechprellern die Anteilseignerschaft anzubieten. Denn, und wir bleiben jetzt bei diesem Vergleich, es befinden sich tatsächlich ein paar Zechpreller (im übertragenen Sinne natürlich) unter den Gästen.

Behandeln wir den Patriotismus, den Nationalstolz und die Liebe zum Vaterland als etwas Natürliches, etwas Edles, nichts Schlechtes, nichts Eigenartiges. In anderen Ländern funktioniert es doch auch!