Erfolgreich als Agent
Leopold „Poldi“ Waraschitz (* 29.10.1900 in Lassee; † 25.11.1970 in München) war ein österreichischer Filmschauspieler und Lebenskünstler. Waraschitz war vor allem als „Schnorrerkönig“ bekannt. Ihm wird nachgesagt, daß er sich über Jahrzehnte ausschließlich von den Buffets auf Veranstaltungen ernährt haben soll. Einige Künstler und Industrielle unterstützten den Überlebenskünstler, der scheinbar nie einer geregelten Arbeit nachging. In den 1960ern war er als Komparse bei einigen Filmen tätig.
Waraschitz war Zeit seines Lebens auch daran interessiert, auf reelle Art Geschäfte zu machen und so Einkommen zu lukrieren. Allerdings hielt sich dieses Interesse in einem überschaubaren Rahmen.
In den 1930ern war der später berühmte Fritz Muliar noch ein sehr kleines Licht am Schauspielhimmel. Er spielte im Kabarett „Der liebe Augustin“ für schmale Gage.
Einmal kam Muliar am noblen Hotel Meißl & Schadn vorbei, in dessen Kaffeehaus gerade Waraschitz saß. Waraschitz winkte den jungen Muliar und deutete ihm, sich zu ihm ins Kaffeehaus zu setzen. Muliar setzte sich zu Waraschitz, der umgehend loslegte:
„Sie sind doch der junge Schauspieler… Ich habe ein sehr schönes Engagement zu Direktor Gondrell nach München. Das wär‘ doch ‚was für Sie!“
Nicht zuletzt auf Grund seiner eher dürftigen Entlohnung im Kabarett zeigte sich Muliar umgehend interessiert. Waraschitz war natürlich auch begeistert über Muliars Zustimmung zu diesem Engagement und sprang auf, um sich kurz zu entschuldigen. Er müsse umgehend ein Telefonat erledigen.
Muliar war glücklich über diese Entwicklung und wartete brav auf Waraschitz, der offensichtlich gerade dieses Geschäft mit Direktor Grondell in in trockene Tücher bringen wollte. Und so wartete Muliar. Und er wartete weiter… Doch dann kam der Kellner an Muliars Tisch und bestellte ihm, daß Waraschitz sich entschuldigen ließe; er habe dringend weg müssen, melde sich aber in Bälde bei ihm.
Der etwas irritierte Muliar nahm dies zur Kenntnis und wollte den von ihm konsumierten kleinen Braunen bezahlen, als der Kellner ihn ansprach:
„Bitte sehr, von Herrn Waraschitz sind auch noch eine Melange, Butterbrot und zwei Eier im Glas offen. Das müssen Sie bitte übernehmen, hat er gesagt.“
Muliar zahlte dann auch noch Waraschitz‘ Rechnung und war doch ein wenig verärgert. Noch am selben Tag rief Muliar dann bei Direktor Grondell in München an. Der war allerdings nicht im Bilde über dieses von Waraschitz beschriebene Engagement. Ja, er kannte auch niemanden namens Waraschitz. Allerdings – was für ein Glück – war Grondell tatsächlich gerade auf der Suche nach einem jungen Schauspieler und engagierte Muliar daher gleich telefonisch.
Dies war höchstwahrscheinlich das einzige Mal, daß ein von Waraschitz angeleiertes Geschäft tatsächlich funktionierte, und er sich durch „ehrliche Arbeit“ seinen Lohn (in Form von Kaffee und einem Frühstück) verdiente.