
Versuch einer kleinen Analyse
Der Wahlsieger Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gab noch am Abend des Wahlsonntags bekannt, daß er sich mit einem hohen Vertrauensbeweis bestätigt fühlt. Daß ihm etwa 5% der SPÖ-Wähler im Vergleich zur letzten Wahl abhanden gekommen ist, wird ignoriert. Dieser Verlust machte sich im Minus von 2,11 %-Punkten sichtbar.
Wie erwartet haben sich die Freiheitlichen beinahe verdreifacht, während sich die ÖVP mehr als halbierte und nun den fünften Platz im Parteienranking belegt.
Die Neos konnten – nicht zuletzt durch ihre Regierungsbeteiligung auf Bundesebene – mit einem Mobilisierungsboost durchstarten und sogar zulegen. Man hat als Außenstehender wirklich den Eindruck, daß die Neos-Wähler sich eher als Fans entpuppen und kaum sachpolitische Themen in ihre Entscheidung einfließen ließen. Eine bewundernswerte Mobilisierung in pink.
Die Grünen bleiben trotz Verlusten stabil. Man darf davon ausgehen, daß die Abwanderung von Grün-Wählern Eins zu Eins zu den Kommunisten ging.
Die Kommunisten konnten auf niedrigem Niveau kräftig zulegen, verpassen aber den Einzug in den Landtag.
Ebenfalls auf niedrigem Niveau spielten sich die Veränderungen für H.C. Straches Liste ab. Allerdings fuhr er massive Verluste ein. Ein guter Zeitpunkt, in die längst überfällige „Politik-Pension“ zu gehen, um sich nicht völlig der Lächerlichkeit preiszugeben.

Sieger und Gewinner
Die FPÖ hat sich beinahe verdreifacht und sich wieder auf gutem Niveau stabilisiert. Dies ist Resultat einer jahrelangen Arbeit am Bürger des Wiener FPÖ-Chefs Dominik Nepp mit seinem Team. Das Potential der Blauen liegt sicher stark über dem erreichten Ergebnis und wurde bei weitem nicht ausgeschöpft. Der große blaue „Knall“ wird sich wohl erst bei der nächsten Wiener Gemeinde-/Landtagswahl abspielen.
Die SPÖ hat einen „gedämpften“ Wahlkampf betrieben und mit dieser Zurückhaltung mehr Stärke demonstriert als wenn sie massiv aufgetreten wäre. Es war eine Machtdemonstration ohne Lautstärke. Man vermittelte den Unzufriedenen durchaus und bewußt ein Gefühl der Ohnmacht. „Es ändert sich eh nichts!“ Die klare Botschaft an die Bürger war: „Ludwig bleibt Bürgermeister. Niemand wird das ändern.“ Dies resultierte in einer weiter gesunkenen Wahlbeteiligung. Man führte einen „Frustrationswahlkampf“ mit dem Ziel, den Kritikern den Mut und Antrieb zu nehmen, überhaupt wählen zu gehen. Dieses Konzept scheint wunderbar geklappt zu haben.
Die Neos konnten scheinbar ihre Klientel zur Urne bekommen. Dies verwundert vor allem, weil die Neos doch eine Performance an den Tag legten, die eine Enttäuschung bei den eigenen Zielgruppen zur Folge hätte haben können. Offensichtlich ist die Verbindung der Neos-Wähler zur Partei eher mit der von Fans vergleichbar.

Die Verteilung der Sitze im Gemeinderat/Landtag zeigt die Möglichkeiten für die SPÖ, sich den Partner auszusuchen. Insider berichten, der breite Mittelbau der Wiener Sozialdemokratie hätte keine tatsächliche Präferenz bei der Partnerwahl: Nur nicht wieder mit den Grünen!
Grafiken: Wikipedia