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(Sehr selektive) Zusammenfassung des Geschehens ohne Höflichkeiten
Ein Kommentar.
Geschätzte Damen und Herren, nach fünf Jahren ÖVP-Grüne, 100.000en Demonstranten gegen Regierungsmaßnahmen, Rekordinflation, Rezession und rasant steigender Arbeitslosigkeit kann man dem sogenannten politischen Establishment eines attestieren:
Sie haben NICHTS daraus gelernt.
Anders läßt sich das Verhalten der ÖVP, das zum Abbruch der Regierungsverhandlungen führte, schwer erklären.
Freilich ist man rundum sehr bemüht, Herbert Kickl und der FPÖ den schwarzen Peter für das Scheitern der Regierungsverhandlungen umzuhängen. Und in diversen Redaktionsstuben, und mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit in diversen Etagen des ORF knallten die Sektkorken ob dieses Verlaufs.
Herr und Frau Durchschnittsösterreicher sehen das allerdings etwas anders. Neben der FPÖ-Wählern haben sich auch die meisten ÖVP-Wähler eine große Koalition, also eine Zusammenarbeit der zwei stimmenstärksten Parteien gewünscht. Klingt bei nüchterner Betrachtung auch sehr logisch. Die beiden Parteien haben sich im Wahlkampf doch des gegenseitigen Plagiierens ihrer Programme beschuldigt. Denn die ÖVP machte mit Forderungen im Bereich Sicherheit, Asyl und Migration Wahlkampf, die beinahe identisch mit dem FPÖ-Programm waren. Und der FPÖ warf man von schwarzer Seite vor, das Wirtschaftsprogramm kopiert zu haben.
Eine satte Mehrheit der Wähler war auf jeden Fall von diesen Programmen überzeugt und stimmte deshalb für die sie im Wahlkampf vertretenden Parteien. So weit so einfach…
Diesen Tatsachen folgend müßte doch der Weg zu einer funktionierenden Regierung so einfach, so logisch sein…
Das darauf folgende Drama der 100 Tage, ausgelöst von Van der Bellens Regierungsauftrag an den Wahlverlierer und dirigiert vom nicht aus dem Wahlkampfmodus zurück findenden (damaligen) ÖVP-Chef Karl Nehammer, ist sattsam bekannt.
Doch es keimte ein Fünkchen Hoffnung auf, als nach Nehammers Abgang mit dem neuen ÖVP-Chef Stocker, dem nun der stimmenstärksten Partei mit Herbert Kickl erteilten Regierungsbildungsauftrag, die zwei erstplazierten Parteien, mit den zwei überaus ähnlichen Wahlkampfprogrammen, in Verhandlungen traten. Es waren nur wenige Tage nötig, um das drohende EU-Defizit-Verfahren abzuwenden. Die Hoffnung wurde größer. Waren da eventuell kompatible Profis am Werk?
Heute kennen wir die Antwort: Nein.
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In der Zwischenzeit wird immer klarer und klarer, daß die ÖVP die jeweiligen Verhandlungsstände mit der FPÖ nutzte, um in augenscheinlichen Hinterzimmerverhandlungen mit der SPÖ ein Gegenangebot herauszupressen. Eine „Geschäftspraxis“, wie sie unter den übelsten Gebrauchtwagenhändlern nicht angewandt wird. Anfangs war man noch verwundert auf der Seite der FPÖ-Verhandler, warum denn die ÖVP bei jedem einzelnen Punkt, bei dem es sich zu einigen oder zu entscheiden galt, plötzlich wieder zwei, drei Tage Bedenkzeit benötigte… Heute scheint es schlüssig, daß man die Zeit nutzte, um die Parallelverhandlungen zum gleichen Thema zu führen.
Als die ÖVP plötzlich die Sachverhandlungen nur weiter führen wollte, wenn man die Ressortverteilung, also die Zuweisung der einzelnen Ministerien geklärt hat, dämmerte es den blauen Verhandlern, daß da etwas nicht passt, daß da etwas ganz massiv zum Himmel stinkt. Man gestand der ÖVP die Mehrheit der Ministerien zu, um zu einem hoffentlich raschen und positiven Verhandlungsende zu kommen. Die für die (damals) designierte Kanzlerpartei wichtigen Ressorts Finanzen und Inneres wollte man aber in blauen Händen haben. In Anbetracht der ÖVP-Leistungen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte in diesen Bereichen sollte das logisch sein. Und mit ein klein wenig Anstand hätten die Damen und Herren der ÖVP diese Felder ihres Versagens wortlos geräumt.
Doch das Gegenteil war der Fall! Die ÖVP beharrte auf diesen Ministerien. Kurzfristig entschloss man sich, das Finanzministerium abzutreten, um es ein wenig später dann doch wieder zurückzufordern. Statt dessen hätte man angeboten, die Themen Asyl und Migration aus dem Innenministerium herauszunehmen und den Blauen zu überlassen. Eine offensichtliche Falle! Eine derartige Neuaufstellung von Aufgabenbereiche und dieser Umbau des Innenministeriums hätte eine Verfassungsmehrheit im Nationalrat benötigt. Eine unwahrscheinliche Option… Zudem verlangte man von der FPÖ ein „Bekenntnis“ zu einem dubiosen ÖVP-Wertekatalog: Man solle sich zur Rechtsstaatlichkeit und zu Europa bekennen, … blablabla… Die Forderung dieses „Bekenntnisses“ läßt sich auch so beschreiben: Vor der Bestellung im Wirtshaus verlangt man vom Kellner (oder Wirten) eine schriftliche Bestätigung, daß er sich nach dem Klogehen die Hände wäscht, nicht in die Suppe spuckt, Leberknödel verehrt, aber Fritatten verurteilt. Im Prinzip eine Beleidigung.
Das war es dann auch – soweit man das als Zaungast noch rekonstruieren kann – wann Herbert Kickl die Notbremse zog und in Anbetracht der ÖVP-Forderungen das einzig Richtige machte: Den Regierungsauftrag zurück geben.
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Heute ist klarer denn je, daß die ÖVP zu keinem Zeitpunkt vorhatte, die im Wahlkampf gegebenen Versprechen im Bezug auf Sicherheit, Justiz, Asyl, Migration, Wirtschaft, usw. einzuhalten. Sogar in den einzelnen Verhandlungsgruppen wehrten die ÖVP-Verhandler Vorschläge aus deren eigenen Wahlkampf ab.
Nicht unerwähnt sollten auch die Parteikollegen der EVP, der Europäischen Volkspartei, bleiben, die vor allem aus Brüssel und aus Deutschland ihre entbehrlichen Vorschläge, Warnungen und andere Wortspenden in die österreichische Regierungsbildung hinein brüllten. Höllisch groß war und ist die Angst in der CDU, der deutschen Schwesterpartei der ÖVP, daß sich in Österreich wieder eine Mitte-Rechts-Regierung etabliert. Keine Lüge war zu platt, keine Unterstellung zu blöd, kein Klischee ausgelutscht genug… Es wurde in die argumentative Waagschale geworfen in der Hoffnung, damit etwas zu bewegen und die ÖVP wieder auf Linie zu bringen.
Nun gut, hat ja funktioniert. Doch wie geht es weiter?
In Anbetracht der völlig falschen Voraussetzungen, den unwahren Informationen zum Budget und anderen Daten vor der Wahl, den gänzlich veränderten Vorhaben diverser Parteien im Vergleich zu ihren Wahlversprechen, wäre es die eleganteste und anständigste Vorgangsweise, in Neuwahlen zu gehen. Wir werden sehen, wer diese Eleganz, diesen Anstand aufbringt, dies nun zu fordern.
Zum Schluß noch eine Frage: Was ist im Innenministerium los, was türmt sich dort an Leichen im Keller, daß die ÖVP es so vehement verhindern will, daß irgendjemand aus einer anderen Partei seine Nase dort hineinsteckt?
Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Sonntag!
Bleiben Sie zuversichtlich!
Bleiben Sie uns gewogen!
Bitte unterstützen Sie die heimische Wirtschaft!
PS.: Heute kann man Valentinstagsgeschenke wirklich günstig erwerben. Folgen Sie uns für weitere Spartipps.
Fotos:
Titel-/Vorschaubild: Screenshot FPÖ TV
Foto Friedrich Merz, Manfred Weber, Ursula von der Leyen: European People’s Party / cc by 2.0 / cropped
Wenn man sich die Ressortverteilung so ansieht, gewinnt man den Eindruck die ÖVP wäre stimmstärkste Partei. Eigentlich eine Frechheit das Ganze.
Brauch kein TV Krimi …