Zwei Tage nach der Landtagswahl hat nun jede der Parteien ihre eigene Sicht auf das Ergebnis der oft staunenden Öffentlichkeit präsentiert. Vertreter der Grünen und der SPÖ geben vor allem der ÖVP die Schuld an ihren Verlusten. Das taktisch durchaus kluge Ausrufen eines „Kopf an Kopf“-Rennens war in der Tat ein kluger Schachzug von ÖVP-Landeshauptmann Wallner, der damit noch genügend Kräfte mobilisieren konnte, um einen deutlichen Abstand zur zweitplatzierten FPÖ von zehn Prozentpunkten zu ermöglichen. Die bislang vorliegenden Wählerstromanalysen sagen allerdings Gegenteiliges aus. Keine großen Wählerströme, die eine ÖVP – trotz Abflüßen zur FPÖ – noch gestärkt hättzeitig Grüne und SPÖ geschwächt hätten. Die Grünen verloren zu den kleinen Listen, die nun ohnehin nicht im Landtag sind und zu den Nichtwählern. Auch die SPÖ war nicht der Sponsor, um die ÖVP als ersten über die Ziellinie zu bekommen. Aber man klammert sich eben an Ausreden… So absurd und falsch sie auch sein mögen…
Der Sieger bei den Zugewinnen ist auch unbestritten die FPÖ, die über 14 Prozentpunkte nach oben schoß.
Der Wählerwille scheint nunmehr ziemlich klar, ziemlich offensichtlich zu sein: Eine Politik mit einer Mitte-Rechts-Linie. Keine Experimente einer derzeit mit sich selbst nicht im reinen SPÖ und schon gar nicht von den Grünen.
Umso eigenartiger, ja merkwürdiger, sind dann die Wortspenden der Grünen, die in dem Wählervotum einen Auftrag sehen, wieder in der Vorarlberger Landesregierung weiterzumachen.
Am einfachsten und definitiv logischsten wäre – nicht zuletzt aufgrund der Mandatsverteilung im kommenden Landtag – eine ÖVP-FPÖ-Koalition. Das würde den Willen der Wähler am ehesten repräsentieren.
Nicht minder seltsam als die grünen Wortspenden ist aber auch der von der Führungsriege der Bundes-ÖVP eingeschlagene Kommunikationskurs: Man sieht im Wahlergebnis eine Bestätigung des Kurses und eine Bestätigung der Ausgrenzungspolitik gegenüber dem Wahlsieger der Nationalratswahlen.
Bundespolitisch ist auf jeden Fall interessant, daß der FPÖ wieder der Rücken gestärkt wurde, die „Gerade noch“-Koalition wieder eine Ohrfeige bekam und – das ist wohl der wichtigste Punkt – ein Bundesratssitz von den Grünen zur FPÖ wandert.
Auf der Bundesebene kann man die Wahlresultate weiterhin ignorieren oder mit beinahe sportlicher Fantasie umdeuten. Über kurz oder lang wird man die Karten auf den Tisch legen müßen und entweder mit den Freiheitlichen zusammenarbeiten oder den Bürgerinnen und Bürgern erklären, warum man die in Umfragen am meisten gewünschte Koalitionsform ablehnt und ein politisches Experiment vorzieht.
Fotos:
Grafiken Landtagswahl Vorarlberg: wikipedia / Stand 14.10.2024