Offener Brief zum Ausschluss von Journalisten von der Wahlberichterstattung im Parlament

Florian Machl, Herausgeber von report24, wird ohne ersichtlichem Grund von der „vor Ort-Berichterstattung“ ausgeschlossen.

Für die Unantastbarkeit der Pressefreiheit und den Schutz der Gewaltenteilung.

Liegen die Nerven wirklich so blank oder will man einfach ein letztes Mal die Macht auskosten, die man vielleicht schon in Bälde verliert?
Am Wahlsonntag wird, so wie nach jeder Nationalratswahl aus dem Parlament in Wien über den Wahlausgang, über die Ergebnisse, über die Repräsentanten der wahlwerbenden Parteien berichtet. Dies tun Journalistenteams aus Österreich, dem Ausland, Kamerateams, kleine journalistische Einzelkämpfer, aber auch große, bestens ausgerüstete Mannschaften internationaler Agenturen. Das ist gelebte Transparenz und ein guter Teil der so wichtigen und in unserer Verfassung garantierten Pressefreiheit.

Obwohl… Nicht ganz! Wir wollen zwei Beispiele dazu anführen, daß scheinbar hier etwas gerade sehr schief läuft.

Ein Journalist, jahrelang selbst im Parlament tätig und (im besten Sinne) frecher Berichterstatter über diverse Verfehlungen einiger Politiker darf nicht an diesem wichtigen Medienevent teilnehmen. War er zu den falschen Menschen „zu frech“?
Ein zweiter, mehr als sonderbarer Fall dieser Einschränkung der Pressefreiheit betrifft den bereits bekannten freien Journalisten und Herausgeber des Onlineportals report24, Florian Machl. Der Mann, der schon vom Bundespräsidenten mit Strafverfolgung für seine Berichterstattung überzogen wurde (Wir kommentierten diese Vorgänge HIER und HIER.), und sich auf eigene Kosten (ohne Kostenersatz durch den Staat oder die Gegenseite) frei beweisen mußte. Ist es hier vielleicht eine späte Rache?

Der dritte Nationalratspräsident verfaßte, als er von diesen Vorgängen erfuhr einen offenen Brief, den wir hier im Originalwortlaut veröffentlichen:

Sehr geehrter Herr Bundespräsident!
Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident!
Sehr geehrte Frau Zweite Nationalratspräsidentin!

Mit großer Besorgnis sehe ich mich gezwungen, auf die jüngsten Vorgänge in unserem Land aufmerksam zu machen, die in einer Demokratie nicht unwidersprochen bleiben dürfen. Es ist nicht nur der politische Moment, der hier angesprochen werden muss, sondern eine viel grundlegendere Frage nach der Beschaffenheit unserer Republik, ihrer Freiheit und der Funktion des Rechtsstaates.

Die Entscheidung des Innenministeriums, mehreren Journalisten am Wahlabend den Zugang zum Parlament nicht zu gestatten, offenbart eine besorgniserregende Entwicklung. Hier geht es um das Verhältnis von Freiheit und Macht, um die Gewaltenteilung und um den Platz der Pressefreiheit in einer demokratischen Gesellschaft.

Die Presse, dieses essenzielle Organ unserer Demokratie, ist nicht nur ein Sprachrohr der Berichterstattung, sondern auch ein Schutz gegen die Versuchung der Macht. Wenn nun ein Ministerium Journalisten nach dem § 22 des Sicherheitspolizeigesetzes behandelt, als wären sie potenzielle Verbrecher, denen gefährliche Angriffe zuzutrauen sind, stellt sich die Frage: Schützen wir damit wirklich die Freiheit, oder handelt es sich um einen subtilen Angriff auf Grundrechte, dem wir und alle gemeinsam entgegenstellen müssen?

Der Vorwurf, der hier im Raum steht, wiegt schwer: Journalisten werden mit Schwerverbrechern gleichgesetzt und als Gefahr für die öffentliche Ordnung dargestellt, ohne dass klare Gründe oder Beweise vorgelegt werden. Diese Vorgehensweise des Innenministers und der ihm untergeordneten Behörden ist nicht hinnehmbar und bedarf einer sofortigen Korrektur.

In einer Demokratie muss Macht immer hinterfragt werden, und das gilt besonders für die Exekutive. Wenn diese nun bestimmt, wer das Parlament betreten darf und wer nicht, wird nicht nur die Pressefreiheit verletzt, sondern auch die Trennung der Gewalten. Was wir hier erleben, ist eine Übergriffigkeit, die sowohl die Presse als auch das Parlament betrifft und somit die Grundfesten unserer demokratischen Ordnung erschüttert.

Es liegt daher an uns, den freiheitlichen Geist, der unser Land geprägt hat, zu verteidigen. Nicht durch laute Parolen oder Verurteilungen, sondern durch das unnachgiebige Beharren auf den Prinzipien des Rechtsstaates und der Freiheit. Jede Einschränkung der Pressefreiheit beschränkt den freien Gedanken, und jeder Angriff auf die Gewaltenteilung ist ein Schritt in Richtung autoritärer Tendenzen, die wir in Europa nur allzu gut kennen.

Ich ersuche Sie, Herr Bundespräsident, Sie, Herr Präsident des Nationalrates und Sie, Frau Zweite Präsidentin des Nationalrates, Ihre Stimmen in diesem Moment zu erheben. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass die Grundrechte der Bürger und die Unabhängigkeit des Parlaments unantastbar bleiben. Es geht hier nicht um Parteien oder politische Lager, es geht um das, was unsere Republik ausmacht.


Hochachtungsvoll

Norbert Hofer

Dritter Präsident des Nationalrates

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