Die Neutralität und die Angst vor dem Bierzelt

(Sehr selektive) Zusammenfassung des Geschehens ohne Höflichkeiten

Ein Kommentar.

Sehr geehrte Damen und Herren, geschätzte Leserinnen und Leser!


Rund eine Woche, nachdem sich der Nationalrat zur Budgetrede des Finanzminister Magnus Brunner zusammenfand, trafen die Abgeordneten wieder zu einer Sitzung zusammen. – Zuvor noch einmal zur Erinnerung: Das Budget, das vergangene Woche präsentiert wurde, weist die höchsten Ausgaben, ein mordsmäßiges Defizit, bei den gleichzeitig höchsten Steuereinnahmen der Republik aus. ÖVP und Grüne feierten dieses Machwerk und überschütteten sich selbst so sehr mit Lob und Zärtlichkeiten, daß es an Masturbation grenzte.
Zurück zu dieser Woche und zur Sondersitzung des Nationalrats: Eher mißmutig und widerwillig wirkten viele Abgeordnete, als sie die von der FPÖ beantragte Sitzung zum Thema „Souveränität und Neutralität“ abhalten mußten. Freilich, es war der Nachmittag des 25. Oktober und so mancher Vertreter war in Gedanken schon in den Herbstferien. Und so kam es, wie es kommen mußte: Bundeskanzler Nehammer ließ sich entschuldigen. Er war kurzfristig nach Israel abgedampft, um dort seine Solidarität durch einen Besuch zu beweisen. Da werden sich die Israelis sicher ganz toll gefreut haben. Auf den haben sie gewartet… Auch der Vizekanzler Kogler, der den Kanzler bei solcher Gelegenheit vertreten würde, war unabkömmlich. Wahrscheinlich hinderte ihn ein wichtiges Projekt wie die Einweihung einer Klangschalenkapelle mit anschließendem Wolken um die Ecke schieben an der Teilnahme. So durfte sich die Staatssekretärin Claudia Plakolm ins Parlament begeben und der Sitzung beiwohnen. Die Dame, die im Dezember ihren 29. Geburtstag feiern wird, vertrat Bundes- und Vizekanzler auf unnachahmlich würdige Weise.

Klubobmann Herbert Kickl (FPÖ)

Herbert Kickl, Bundesparteiobmann und Klubchef der Freiheitlichen eröffnete den Reigen der Wortmeldung mit einer rund 20 Minuten dauernden Rede, die zu keinem Moment langweilig oder gar inhaltsleer war. Sie war – zur zeitlichen Nähe zum Nationalfeiertag passend – eine Mahnung und Klage, die Werte der Neutralität hochzuhalten, wieder ernst zu nehmen und auch umzusetzen. Und er schlug die vollkommen logische Brücke zur Souveränität Österreichs, die bei Verwässerung und schleichender Aufgabe der Neutralität gefährdet wird.
Mehr hat es nicht gebraucht! In einem Übermaß an Aggression und teilweise schon peinlicher Gehäßigkeit schlugen die Redner von ÖVP, Grünen, SPÖ und Neos zurück. Auch die Verteidigungsministerin Tanner reihte sich ein in diese Orgie des Schimpfens. Man möge diese Ausdrucksweise verzeihen, aber es machte bisweilen den Eindruck, als ob ertappte Schlawiner sich lautstark dagegen wehrten, bloßgestellt zu werden.

Staatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP)

So warf man Kickl vor, eine illegale Razzia beim BVT veranstaltet zu haben. – In der Zwischenzeit weiß auch der größte Schoitl im Land, daß Kickl nichts mit dieser Aktion zu tun hatte, und solche Aktionen von der Justiz, die bekanntlich nicht zum Innenministerium gehört, ausgehen.
Dem ehemaligen freiheitlichen Verteidigungsminister Mario Kunasek wurde vorgeworfen, er hätte das Bundesheer kaputt gespart. Dank der ÖVP-Chatprotokolle weiß man heute ganz genau, daß man Kunasek bei der Bereitstellung der von ihm geforderten (und längst bewilligten) Mittel einfach in der Luft hängen ließ. Jede Menge der getätigten Vorwürfe bezogen sich bei näherem Hinsehen auf Schweinereien, die ganz klar und längst offiziell festgestellt, auf das Konto von ÖVP-Vertretern gingen.
Als besonderes argumentatives Schmankerl wurde wieder und wieder hervorgekramt, daß der beste Schutz Österreichs und seiner Souveränität die Mitgliedschaft in der EU wäre. Hand aufs Herz: Als Österreich seine Volksabstimmung zum Beitritt zur EG/EU hatte, waren die beworbenen Themen eine Zollunion und Vereinfachungen im Gewerberecht. Man war von Seiten der Beitrittsbefürworter stets bemüht zu betonen, daß es sich keinesfalls um eine sicherheitspolitische oder gar militärische Gemeinschaft handle. Denn genau das lehnten die Österreicher damals ab. Genau das wollten sie auf gar keinen Fall. Der Deal war: EG/EU nur dann, wenn die österreichische Souveränität und Neutralität, sowie die eigene Währung, das österreichische Bankgeheimnis, Schutz der heimischen Landwirtschaft gewahrt bleiben…

Michel Reimon (GRÜNE)

Mit von der Partie beim wirklich entsetzlich unterirdischen Dreckschmeißen waren natürlich SPÖ und Neos. In vollkommener Schamlosigkeit wurden Vorwürfe vom Stapel gelassen, die man wirklich nur im Schutze der parlamentarischen Immunität von sich gibt. Jeder Normalbürger müßte sich vor zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen in Acht nehmen, wenn man solchen bösartigen Mist verzapft. Und diese unterirdische Sprache kam genau aus den Reihen, die Kickl und der FPÖ „Bierzelt-Niveau“ vorwerfen.
Was diese vereinigten Schlaumeier allerdings vergessen, ist, daß das Bierzelt – Schon den Begriff „Bierzelt“ sprachen sie mit Abscheu aus. – ein Ort ist, an dem man die sogenannten kleinen, die normalen Leute trifft. Leute, die sich nicht alle drei Jahre ein neues 90.000 EURO-E-Auto kaufen können. Es sind die Menschen, die unter den Fehlern der Regierung leiden und stinkesauer sind, daß sich die Regierungsmitglieder mit ihren Parteien auch noch für haargenau diese Fehler feiern.

Klubobfrau Beate Meindl-Reisinger (NEOS)

Die Damen und Herren der Bundesregierung, sowie einige Vertreter anderer Parteien können ruhig die Nase rümpfen und über diese Bierzelt-Menschen herziehen. Im Endeffekt gibt es erheblich mehr Bierzelte als Regierungsmitglieder. Und es wird sich spätestens nächstes Jahr zeigen, wie sehr sich die Bierzelt-Besucher darüber freuen, wenn die Politiker, die sich über sie abschätzig ausließen, auf der Matte stehen und um Stimmen betteln. Da kann der Bundeskanzler gleich üben und ein paar gewasserte Krügerl auf Ex saufen.

Wir wünschen Ihnen noch einen angenehmen Sonntag!
Bleiben Sie uns gewogen!
Bitte unterstützen Sie die heimische Wirtschaft!


Fotos:
Herbert Kickl © Parlamentsdirektion / Thomas Topf
Claudia Plakolm © Parlamentsdirektion / Thomas Topf
Michael Reimon © Parlamentsdirektion / Thomas Topf
Beate Meindl-Reisinger © Parlamentsdirektion / Thomas Topf

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