Krieg der Worte, Krieg der Bilder – Israel und die Hamas

Man konnte beinahe den Wecker stellen, so pünktlich sind die üblichen Verdächtigen, wenn es darum geht, aus der Situation des Entsetzens über den Terror der Hamas umzuschwenken in die zuvor und nun wieder vertretene Position der „Kritik“ an Israel und seinen Maßnahmen.
Und es sind erwarteterweise die hinlänglich bekannten „Meinungsmacher“ der linken Seite, die sich hier zur moralischen Letztinstanz ernennen und nun lauthals erklären, wie sich Israel wehren darf und wie nicht. – Dabei wird in der Zwischenzeit auch der Begriff des „Wehrens“ schon wieder vermieden und die Notwendigkeit von militärischen Aktionen in Abrede gestellt. 
Nun gibt es verschiedene Herangehensweisen an dieses Problem im Nahen Osten, das uns in Europa nicht ohne Grund sehr bewegt: Man kann einen historischen Abriß über die Ereignisse der letzten Jahrzehnte, oder Jahrhunderte, oder auch Jahrtausende liefern. Denn eine der beiden Konfliktparteien wird irgendwann im Zuge der Diskussion das scheinbare Totschlagargument „Wir waren vorher da!“ bringen. 

Doch muß man der Wahrheit die Ehre erweisen und einfach einmal feststellen, daß es bei dem, was als Auslöser dieses nunmehrigen heißen Konflikts geschah, nicht mehr um Land, nicht mehr um Grenzziehungen, um Zäune, Mauern oder um Religionen geht. Es geht darum, ob man noch menschlich ist! Es gibt genügend Personen, die nach den Anschlägen, dem Morden des Wochenendes vom 7. zum 8. Oktober die Ansicht vertreten, daß diese Lebewesen, die loszogen, um Wehrlose, um Mädchen, Jungs, Frauen und Kinder zu töten, sich kraft ihrer Handlungen aus der Gemeinschaft der Menschen ausgeschlossen haben. Sie haben sich selbst entmenscht. 
Und es ist nicht abwegig, den Standpunkt mit Vehemenz zu vertreten, daß die Personen, die lachend und feixend ihre Opfer quälten, vergewaltigten, verstümmelten, entführten, vor laufender Smartphone-Kamera demütigten und töteten, keine Behandlung wie Menschen erwarten sollten. 
Wir erlauben uns hier – vor allem im Hinblick auf die im ersten Absatz angesprochenen und angeklagten Vertreter einer linken Meinungswelt, die hinter diesem Artikel sicher schon eine strafbare Handlung, eine Verhetzung oder Schlimmeres wahrnehmen – darauf hinzuweisen, daß wir mit Menschen aus Europa, mit Menschen aus Israel mit Vertretern unterschiedlichster Glaubensrichtungen, mit Christen, Moslems, Juden und Atheisten sprachen. 
Was die angesprochenen Menschen, die Juden, Moslems, Christen, … aus Europa, Amerika, Asien und Afrika eint, ist die Abscheu. Und man ist sich einig darüber, daß diese Kreaturen aufgehört haben, Menschen zu sein. 

Nun will man auf jeden Fall Israel dafür kritisieren, daß sie tabula rasa machen. Eine vernünftige Begründung für die Kritik bleibt man allerdings schuldig. Vielmehr setzt man auf die Macht von Bildern. Die Herren (und kaum Damen) in den palästinensischen Gebieten haben es zur fächerübergreifenden Kunstform erhoben, erst Anschläge zu verüben und dann die israelische Reaktion samt ihren Folgen mit Foto und Filmaufnahmen festzuhalten, und diese (selbst verschuldeten und provozierten) Bilder des Leids über alle Kanäle in die Welt hinaus zu schicken…
Soweit so schlecht: Und so sollte man sich heute einmal darüber Gedanken machen, ob das, was „da unten“ passiert, überhaupt Krieg ist. Die Hamas behauptet ja, Krieg zu führen. Nein, es ist kein Krieg. Denn Krieg ist der Versuch, den Gegner militärisch zu überwinden, zu schlagen. Man geht auf die Soldaten, auf militärische Einrichtungen, auf strategisch für den Gegner wichtige Infrastruktur los. Die dabei getöteten Zivilisten sind nie das Hauptziel des operativen Handelns. Sonst wäre es schließlich ein Kriegsverbrechen.
Als die Hamas die Grenzen durchbrach, suchten sie nicht die Konfrontation mit dem israelischen Militär. Bis auf ein paar Mini-Stützpunkte wurde nichts von ihnen angegriffen. Sie suchten nach Opfern, nach Unbewaffneten, nach Wehrlosen. Sie gingen gezielt in Wohngebiete, um dort zu töten. Sie attackierten gezielt ein Festival, wo sie am frühen Morgen, nach einer durchfeierten und durchtanzten Nacht nur müde und überraschte junge Menschen vorfanden. Das war keine kriegerische Handlung. Die Hamas führt keinen Krieg. Die Kämpfer der Hamas sind auch keine Soldaten.
Genau der Sachverhalt, daß es eigentlich gar kein „echter“ Krieg ist, macht die Angelegenheit aber auch kompliziert. Die Befürworter der Hamas – die es ja offiziell in Europa gar nicht gibt, die sich jedoch ständig in Worten und Taten outen – sehen es als unbeschreibliches Problem, wenn sich Israel mit militärischen Mitteln, aber auch dem Kriegsrecht folgend mit der Hamas auseinandersetzt. Man muß jedoch einwenden, daß dies die freundlichste Art, die humanste Möglichkeit ist, diesen unumgänglichen bewaffneten Konflikt umzusetzen. Denn das Kriegsrecht bietet Schutz, gebietet Schonung für Zivilisten und verbietet unnötige Grausamkeiten. Das Kriegsrecht, genau die Rechtsnorm, die von der Hamas zu keinem Zeitpunkt angewendet wurde, bietet ihnen und vor allem den Zivilisten im Gazastreifen ein Mindestmaß an Schutz.

Wie bereits erwähnt: Seltsamer-, ja unangebrachterweise, beschwert man sich nun lautstark über das geplante militärische Vorgehen der israelischen Armee. Man befürchtet bekanntlich, daß Zivilisten in Mitleidenschaft gezogen werden. Und man gebärdet sich, als ob hier Verbrechen ungeahnten Ausmaßes stattfinden. Und immer wiederkehrend taucht die freche und stumpfsinnige Lüge des „Befreiungskampfes“ gegen Besatzer auf. Hier kommt die Macht der Worte wunderbar zur Entfaltung, da man sich im angeblich so kultivierten Kreis der westlichen Berufshumanisten doch immer so gut auskennt… Israel hatte keinen m² palästinensischen Bodens militärisch besetzt, als man zu den letzten weltweit beachteten Terroranschlägen ansetzte. Der Gazastreifen war (und ist mehr oder weniger) von den Palästinensern und der von ihnen gewählten Hamas kontrolliert. Und die drei Zonen des Westjordanlandes sind auch gemäß der vertraglich festgelegten Bedingungen verwaltet.
Was meinen die Terroristen und ihre Unterstützer also mit „besetztem Land“? Die Antwort ist unbeschreiblich einfach: Israel! Sämtliche „Befreiungs“-Organisationen – eigentlich nicht mehr als Terroristenbanden – verfolgen einzig das Ziel, an dem die arabischen Staaten in mehreren Angriffskriegen seit der israelischen Staatsgründung scheiterten: Die Israelis ins Meer werfen, den Staat Israel vernichten und auflösen.
Es sollte nachvollziehbar sein, warum die Israelis, und speziell ihre Armee, immer mit einem offenen Auge schlafen und im Konfliktfall rasch und gezielt zuschlagen. Und wenn die israelische Armee zuschlägt, dann qualmt es auch!
Aber nur zum Mitdenken: Israel, die israelische Armee, warnte immer vor. Als vom Gazastreifen aus Raketen nach Israel geschossen wurden, warnte man nicht. Als die israelische Armee die Abschußvorrichtungen – meist in zivilen Einrichtungen versteckt – lokalisierten, warnte die israelische Armee vor. Sie gaben den Zivilisten die Chance, sich in Sicherheit zu bringen, bevor sie einen scharfen Luftschlag durchführten. Die israelische Armee gab vergangene Woche den Menschen in Gaza bekannt, sie sollten sich in den Bereich außerhalb ihrer Angriffsziele zurückziehen. Menschlicher geht es kaum!
Gibt es trotzdem zivile Opfer? Ja. Sind sie vermeidbar, wenn man die Hamas bekämpfen, und am besten für immer unschädlich machen will? Höchstwahrscheinlich leider nein.

Was von der israelischen Armee, was von Israel an Rücksicht verlangt wird, ist unrealistisch, wenn sich Israel nur ansatzweise zur Wehr setzen will. Der Logik sämtlicher pseudohumaner Möchtegernmilitärsachverständiger folgend, hätte es den D-Day, die Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944 nie geben dürfen. Denn die Amerikaner, Briten, Franzosen und Kanadier schossen aus allen Rohren auf französisches Gebiet, töteten dabei auch unschuldige französische Zivilisten und bereiteten damit den Angriff vor, der in den darauffolgenden 11 Monaten dem dritten Reich das Genick brach. 

Hinkt dieser Vergleich? Vielleicht.
Wir müssen uns auf jeden Fall als Mitteleuropäer von der beinahe naiven Vorstellung verabschieden, daß es einen sauberen Krieg gibt, bei dem es nur die Bösen trifft. Das ist Fantasterei. Krieg ist grausam und entsetzlich und gerade bei diesem Krieg bleibt zumindest die Hoffnung, daß möglichst alle von denen, die aufgehört haben Mensch zu sein, erwischt werden.
Denn eines muß uns in Europa auch klar sein: Das, was sich an besagtem Wochenende in Israel abspielte, die Morde, die Gräueltaten, wird es bei uns geben, wenn wir uns nicht bald besinnen und die Urheber der Geisteshaltung, die derartige Gräueltaten ermöglicht, so behandeln, wie sie es verdienen: Mit Abscheu statt Gesprächsrunden. Mit Ablehnung statt Integration. Mit Abschiebebescheiden statt Klimabonus.



Fotos:
Titel-/Vorschaubild: Screenshot X (früher Twitter) / IDF
Israelischer Panzer ©
IDF Spokesperson’s Unit / cc by-sa 3.0
IsraelischeStreitkräfte 1948 ©
Boris Carmi / Meitar Collection / National Library of Israel / The Pritzker Family National Photography Collection / cc by 4.0

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