Wenn die Zinsen steigen

Wohnen in Österreich

Im Zusammenhang mit den Kosten für Mieten, Erhaltung und Errichtung von Wohnraum wird man nicht um das Thema Zinsen, Kredite, etc. herumkommen.
Es geht ums Geld. Und es geht darum, was die Beschaffung von Geld kostet. Denn einer Logik folgend muß Wohnraum mit Geldmitteln bezahlt werden. Der Bau kostet Geld. Die Instandhaltung, allfällige Umbauten, Sanierungen, Modernisierungen und Adaptionen, … All das kostet Geld. Da nur in den seltensten Fällen die nötigen Mittel für derartige Vorhaben am Auftraggeberkonto zum Abruf warten, wird man sich der Finanzierungsinstrumente des Finanzmarktes, der Banken bedienen müßen. Man benötigt also einen Kredit.
Das Thema der Finanzierung und Sicherung von Krediten und Zahlungen ist bereits ein Thema für sich. Für den Konsumenten kaum durchschaubar und auch für viele gewerbliche „Häuslbauer“ oft genug ein Buch mit sieben Siegeln, das nur wenige verstehen. Es hat schon seine Gründe, warum es Immobilienentwickler, Bauträger und andere Geschäftsleute in der Branche gibt, die finanziellen Schiffbruch erleiden.

Die derzeit größte Sorge vieler Mieter, Eigentümer, wie auch Vermieter und Verkäufer, ist die Zinsentwicklung der Kredite. Auch bei bereits abbezahlten und ausfinanzierten Wohnanlagen werden schon alleine durch die dauern notwendigen Reparaturen, Sanierungen und allfälligen Umbauten neue Zahlungen fällig, die im Normalfall über Kredite finanziert werden. Da diese Kredite auf die durchschnittliche „Lebensdauer“ der Investition oder die steuerliche Abschreibung ausgelegt sind, machen sich Zinserhöhungen stark bemerkbar, daß der Anteil der Zinsbelastung im Verhältnis zum Tilgungsanteil bei langfristigen Krediten natürlich höher und spürbarer ist. Je länger die Laufzeit, desto höher die Mehrbelastung durch Zinsen. Je kürzer ein Kreditfinanzierungsmodel ausgelegt ist, desto weniger werden Zinsveränderungen spürbar. Allerdings wird die Ratenbelastung natürlich entsprechend höher. Zudem werden steuerliche Notwendigkeiten, wie die Angleichung an Abschreibungsdauern, dadurch ignoriert. Man ist in einer Zwickmühle.

Doch wer verantwortet die Zinsen? Entgegen landläufiger Annahme sind es nicht die Banken, die als Kreditgeber „an der Front“ mit den Häuslbauern stehen. Es ist DIE Bank, die EZB – Europäische Zentralbank. Den dort refinanzieren die heimischen, kreditgebenden Banken ihren eigenen Kapitalbedarf. Und wenn die EZB ihren Leitzins erhöht, müssen auch Banken mehr für das durch sie ausgeliehene Geld bezahlen und die erhöhten Kosten in Form von Zinsen an die Kunden, die Kreditnehmer, die Häuslbauer, Sanierer und Bauunternehmer weitergeben. Und diese geben die gestiegenen Kosten in Form von Mieten oder Kaufpreisen an die Mieter und privaten Häuslbauer weiter.
Der Leitzins selbst wird vom EZB-Rat, einem 26-köpfigen Gremium, dem neben der Führung der EZB noch die Präsidenten der Nationalbanken oder auch Finanzminister der Unionsländer angehören. Für Österreich sitzt der Gouverneur der österreichischen Nationalbank Robert Holzmann im EZB-Rat. Ein Wirtschaftswissenschaftler, der für seine hohe Expertise und Überparteilichkeit bekannt ist.

Die Erhöhung des Leitzinses war und ist aus volkswirtschaftlicher Sicht längst überfällig. Nach dem Platzen der US-Immobilienblase mit dem anschließenden Bankencrash 2008 hat die EZB den Leitzins radikal nach unten gedrückt. (Sehen Sie sich dazu die EZB-Tabelle zur Leitzinsentwicklung an!) Allerdings hat man den Zins seither nie wieder auf ein Normalmaß zurückgehoben und damit den Eindruck vermittelt, daß Fremdfinanzierung nichts kostet. Ein grundsätzlich fataler Eindruck. Und da sich die EZB in den vergangenen Jahren im Überschwemmen des Wirtschaftsraums mit Geldmitteln überschlug, war es nur noch eine Frage, wann sich der Leitzins in Richtung Normalität bewegt, und nicht ob. Die an ein ungesund niedriges Zinsniveau angepaßte Wirtschaft und die an 0%-Finanzierungen gewöhnte Konsumgesellschaft wurde nun durch eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit in die Realität zurück katapultiert. Schuld an diesem nun ruckartigen und entsprechend schmerzhaften Zurückpendeln des Leitzins und der von ihm abhängigen Kreditzinsen sind die Reihe der EZB-Präsidenten und EU-Kommissionspräsidenten seit Mitte der 2000er, die derartige vorprogrammierte Korrekturbewegungen ignoriert, kaschiert, hinausgezögert und damit verschlimmert haben.

EZB in Frankfurt.

Leidtragende sind nun nicht nur die Endverbraucher in ihrer Situation als Mieter oder Hauskreditnehmer, sondern auch das damit verbundene Gewerbe, vom Vermieter, Bauträger und Immobilienentwickler bis zum Bauunternehmer. Doch sogar die Banken haben Nachteile. Abgesehen davon, daß sie nun als Sündenböcke herhalten dürfen, sind sie genauso in der Zinsfalle und müssen den Kapitalbedarf zu erhöhten Kosten decken, während die Guthabensverzinsung ihrer Mittel kaum gestiegen ist. Bankkunden verlangen aber logischerweise höhere Habenzinsen bei steigenden Kreditzinsen und sehen hier die Banken in der Pflicht. Zudem haben die Banken durch die Zinsentwicklung ein erhöhtes Ausfallsrisiko bei Krediten. Und auch dieses mit Mehrkosten verbundene Risiko wird auf niedrigere Guthabensverzinsungen bei gleichzeitig höheren Kreditzinsen umgeschlagen. Ein Gesamtdilemma, bei dem sich die Kunden und Verbraucherbanken immer mehr in die Haare kriegen, während die Verursacher der Krise in der EZB sitzen und hoffen, daß auch nach der nächsten EU-Wahl alles gleich bleibt.

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