Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 16
„Wer schreit, hat Unrecht!“ Mit dieser (oft sogar zutreffenden) Weisheit versuchen seit Generationen Eltern ihren Kindern eine vernünftige und respektvolle Sprache zu vermitteln. Die mit dem Schreien verbundene Lautstärke macht es nämlich auch schwierig, den oder die Anderen zu hören. Manch Menschen schreien so laut, daß sie nicht einmal die eigenen Gedanken hören. – Natürlich im übertragenen Sinne.
Das Vertreten des eigenen Standpunktes durch Übertönen anderer Standpunkte ist nicht nur eine Frage des Geschmacks, oder der Kinderstube, sondern auch ein Abbild dessen, wie man es mit der Demokratie hält.
Ein gutes (und gleichzeitig ganz mieses) Beispiel dafür sind so ziemlich alle politischen Gruppierungen, die mit lautstark vorgebrachten Weltuntergangswarnungen für sich und ihr Anliegen Werbung machen. Stets schwingt eine moralische Überheblichkeit mit. Nur selten lassen sich die Vertreter solcher Bewegungen zum Dialog und zum konstruktiven Gespräch einladen. Wer von Haus aus der festen Überzeugung ist, alleine im Besitz allumfassender Wahrheit, ja einer beinahe göttlichen Weisheit zu sein, wird nur in den seltensten Fällen die notwendige Toleranz aufbringen, dem Gegenüber zuzuhören und seine Ideen mit in Betracht zu ziehen. Messianisches Bewußtsein – im Normalfall eine Selbstüberhöhung, die mehr nach Hilfe als nach Tribünen schreit – ist die Basis für Intoleranz und autokratisches Gehabe. Es gibt kaum einen Weg, wie sich dieser Zugang zur Entscheidungsfindung bei Problemsituationen mit demokratischem Grundverständnis in Einklang bringen läßt.
Die Schreihälse wollen ihre Wünsche, ihre Vorstellungen immer umgehend umgesetzt haben. Vollkommen gleich, ob es sich um ein unerzogenes Kind handelt, das bei einer Supermarktkasse nach Süßigkeiten schreit oder hysterisch einen Hitzetod prophezeiende „Aktivisten“ in einem TV-Studio. Es macht den Eindruck, daß diese „Aktivisten“, die heute meinen, daß ihr Anliegen zu dringend sei, um die Wege einer Demokratie, die Regeln eines Rechtsstaates einzuhalten, genau jene (groß gewordenen) Kinder sind, denen man vor Jahren an der Supermarktkasse die gewünschten Leckereien kaufte, um ihr Geschrei nicht mehr weiter anhören zu müßen. Diesen falschen Ansatz gilt es heute wieder richtig zu stellen, da sonst eine grundsätzlich auf Regeln und Respekt aufgebaute Gesellschaft von intoleranten Schreihälsen diktiert wird.
Und davor möge uns das Schicksal und vor allem ein funktionierender Rechtsstaat bewahren.
Bereits veröffentlichte Folgen:
Demokratie! Eine Liebeserklärung!
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 2
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 3
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 4
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 5
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 6
Demokratie! Eine Liebeserklärung! Teil 7
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