
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk greift freie Medien an
Die Arbeit öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten steht in Österreich, wie in Deutschland berechtigt in Kritik. Zu einseitig, zu schwach in der Recherche, zu regierungshörig, aber auch zu teuer, zu gierig und zu abgehoben sollen die Anstalten sein. Dies wird – mit leider sehr guten Argumenten unterfüttert – den Sendern ZDF, ORF, ARD, etc. vorgeworfen. Dazu kommen dann noch Anlaßfälle wie öffentlich gewordene Bezüge von Mitarbeitern, deren Vorlieben für – vom Sender finanzierte – Büroeinrichtungen und Dienstwagen, und, und, und, … Nur werden diese Sender eben mit dem Geld der Bürger finanziert. Mit GEZ, GIS, Haushaltsabgaben oder auch direkten Unterstützungen aus den Steuertöpfen werden Rundfunkanstalten am Leben gehalten, deren ursprüngliche Idee grandios war, deren Umsetzung dieses Auftrags aber zur Farce verkam. Von Bildungsauftrag, objektiver und ausgewogener Berichterstattung kann beim besten Willen keine Rede mehr sein.
Zu diesen hinlänglich bekannten und kritisierten Umständen kommen nun weitere bemerkenswerte Details aus den Arbeitsweisen der Staatsfunk-Protagonisten, die bislang viel zu wenig Aufmerksamkeit erfuhren: Eine Vielzahl der – im Vergleich zum freien, nicht mit Steuergeld gefütterten Medienmarkt – fürstlich entlohnten Journalisten und Redakteure betreibt neben der Tätigkeit im Sender noch lukrative Nebentätigkeiten. Diese vom Sender zu genehmigenden lukrativen Jobs sind bspw. Moderatorentätigkeiten bei Veranstaltungen diverser Ministerien. Und da kann man schon einmal € 1.000,– in einer Stunde verdienen, weil man als bekanntes TV-Gesicht einem Minister den rhetorischen roten Teppich vor einer Rede auslegt oder vorbereitete Bauchpinselfragen aufsagt. Die betroffenen Sendeanstalten sehen kein Problem mit den Nebenjobs ihrer Journalisten und Redakteuren. Sie sehen auch kein ungesundes Naheverhältnis zwischen denen, die objektiv fragen, berichten und recherchieren sollten und den Anderen, über die recherchiert und berichtet, die befragt werden sollten. Hand aufs Herz, welcher Journalist nimmt den Politiker ins Kreuzverhör, von dem er Aufträge mit einem Stundenlohn im vierstelligen, also im Tausender-Bereich zu erwarten hat?

Darüber berichtet haben neue und freie Medienformate, wie „Achtung, Reichelt!“, „Stimmt! Der Nachrichtentalk“, und andere. Diese neuen, sicherlich nicht nach jedermanns Geschmack konzipierten, aber durchaus interessanten Medien liefern nun dem interessierten Medienkonsumenten die Argumente und Begründungen, warum die öffentlich-rechtlichen Anstalten haargenau das abliefern, was die Seher (und Hörer) nicht wollen, was die Seher (und Hörer) nicht verdienen, und was im krassen Gegensatz zum ursprünglichen Gedanken des öffentlich-rechtlichen Rundfunks steht.

Die öffentlich-rechtlichen Sender, bzw. ihre Akteure sehen sich in ihrem Streben ein Nachrichten-, Informations-, Meinungs-, ja Erziehungsmonopol auszubauen und zu verfestigen natürlich durch solche Medien bedroht und schießen mit dem, was sie zur Verfügung haben zurück: Sie „Bericht erstatten“. – Und hier paßt das Zitat des genialen Fritz Grünbaum: „Man kann, wenn sie Bericht erstatten, genau wer sie besticht, erraten.“ Speerspitze im Kampf war das Medienmagazin „ZAPP“ des NDR. Das Magazin, das sich auch immer wieder als „Factfinder“ oder „Faktenchecker“ präsentiert, hielt ein kleines „journalistisches“ Tribunal ab. Vorgeladen zur peinlichen Befragung war der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki. Kubickis Missetat war, bei Julian Reichelts „Achtung, Reichelt!“ ein Interview gegeben zu haben. In der Sendung warf man dem Politiker ernsthaft vor, er hätte Reichelts Sendeformat durch sein Interview „geadelt“ und dadurch zu einem ernst zu nehmenden Format gemacht. Zudem wurde der FDP-Mann befragt (verhört?) nach welchen Gesichtspunkten er denn seine Interviewpartner aussuche. Kubicki reagierte so, wie man es von einem ansatzweise liberalen Menschen erwartete: Er gab an, daß er auch mit denen rede, deren Meinung er nicht teile, schon deswegen, um seine Meinung auch Andersdenkenden gegenüber zu vertreten. Und als ihm dann noch die Frage gestellt wurde, ob die Medienlandschaft überhaupt derartige Formate, wie Julian Reichelts „Achtung, Reichelt!“ benötige, verwies Kubicki darauf, daß es sich die Seher und Leser selbst aussuchen sollen, was sie als Medium konsumieren.
Ein Vorgang, eine Aussage, die von einem Team des öffentlich-rechtlichen Rundfunks so augenscheinlich nicht goutiert wurde, daß es schon bedenklich ist, wofür Steuergelder ausgegeben werden.
Daß sich derartige Dinge in den geschützten Werkstätten der öffentlich-rechtlichen Anstalten Deutschlands (und natürlich auch Österreichs) abspielen, zeigt, wie notwendig ausgewachsene Reformen dieser Medienbereiche sind und wie schlecht es um die Ideale von öffentlich-rechtlichen Medien bestimmt ist.
Fotos: screenshots Facebook / ZAPP / Julian Reichelt