Geist & Ungeist im Netz
Die Übernahme von Twitter durch Elon Musk und das damit verbundene Großreinemachen in der Rechtsabteilung und all den kleinen Stellen, die Kontrollbeauftragten und „Faktenchecker“, die über das Verhalten der User wachten, eröffnet einen Einblick in die Praktiken der Gesinnungswächter.
Und man kann sich entsetzt zurücklehnen, wenn man über die Vorfälle und Praktiken hört. Was gestern noch als Verschwörungstheorie galt, ist in der Zwischenzeit eine Ansammlung von Fakten und Tatsachen. Daß zu landesweiten Wahlkämpfen in den USA massiv eingegriffen wurde, ist nun bereits hinlänglich bekannt. Infos und Postings über Skandale und Fehlverhalten im Umfeld demokratischer Kandidaten wurden gelöscht, mit (sehr) eingeschränkter Reichweite klein gehalten und die Verbreiter solcher Nachrichten gar gelöscht.
Es fand auf diesem Wege eine massive Manipulation des Wahlkampfes ein. Ähnliche Eingriffe gab es auch bei anderen Themen, wie bspw. zur Corona-Krise oder dem Ukraine-Krieg, aber auch auf anderen Social Media-Plattformen.
Die Eingriffe in die Mechanismen der freien Meinungsbildung waren erheblich heftiger als die der angeblichen russischen Trollfabriken, für deren Wirken es bis dato keinen Beleg, abgesehen von diesen Cliquen nicht genehmen Wahlergebnissen, gibt. Wenn in der Politik etwas nicht so läuft, wie es einem passt, wenn die Wähler entscheiden, ohne auf die Weisheiten aus irgendeiner Twitter-Bubble zu hören, gibt man irgendwelchen ominösen Russen die Schuld. Und man verlangt, die (innerhalb besagter Bubbles) unbeliebten Damen und Herren zu sperren, zu löschen, …
Um das Löschen, das Sperren und Manipulieren ist nun wieder eine kleine, aber umso erbärmlichere Diskussion ausgebrochen. Was darf der Betreiber einer Plattform? Wo, wann und wie darf er eingreifen? Als vor über einem Jahrzehnt – die sozialen Medien waren noch vergleichsweise klein und hatten nicht den Einfluß, den sie heute haben – von konservativen Kreisen argumentiert wurde, daß es sich um mehr oder weniger private Bereiche handle, um „digitalisierte Stammtische“, wurden (selbsternannte) Meinungsmacher meist linker Provenienz nicht müde, die sozialen Medien zum öffentlichen Raum zu erklären, in denen es kein Briefgeheimnis, keine Gespräche unter vier Augen, sondern ausschließlich Verlautbarungen mit dem Wirkungsgrad eines TV-Spots zur Hauptsendezeit gäbe. Man schrie nach gesetzlichen Eingriffen. Die Vorschläge, daß die Social Media-Betreiber nur noch verifizierte User zulassen, und diese im Falle von Straftaten auch an die Justiz ausliefern müssen, war zu ihnen wenig. Man forderte die Einführung des Verbots der Verbreitung dieser und jener Meinungen. Hier hielt man sich allerdings wieder nicht an das bewährte Strafrecht, das bislang das Zusammenleben ganz gut regeln konnte, sondern erfand den „Haß im Netz“! Man untersagte zu hassen. Was auch immer das bedeuten soll, weiß man bis dato nicht genau. Haß ist genauso wie Liebe ein Gefühl, eine zutiefst persönliche Angelegenheit. Haß ist juristischen nicht als Tatbestand zu qualifizieren. Und mit dem nicht greifbaren Ungetüm des „Haß im Netz“ oder den ziemlich nah verwandten „Fake-News“ wurde auf Teufel komm raus gelöscht, wenn etwas nicht ins persönliche Wertekonzept paßte.
Und heute, wenn die – vor allem eher konservativen – User sich über die Willkür, das undemokratische und politisch motivierte Eingreifen durch die Kontrollstellen der sozialen Medien aufregen, argumentieren die gleichen Linken, die einst Twitter, Facbook und Co als öffentlichen Raum definierten: Das sind Privatunternehmen. Da darf man löschen und stehen lassen, wie man will.