Kein Grund zu lachen
Alexander Girardi (* 5. Dezember 1850 in Graz; † 20. April 1918 in Wien) war ein österreichischer Schauspieler und Operettensänger (Tenor). Girardi erlernte nach dem Tod seines Vaters das Schlosserhandwerk, aber trat einer Laienspielfruppe namens „Die Tonhalle“ bei. Dort wurde er dann auch entdeckt. Ab 1874 spielte er am Theater an der Wien und feierte dort große Erfolge. Der Träger des Iffland-Ringes spielte in unzähligen Stücken von Ferdinand Raimund und in vielen Operetten. Girardi war mit Katherina Schratt gut befreundet.
In der Ordination des berühmten Psychiaters Rödl tauchte eines Tages ein nicht mehr ganz so junger Patient auf. Er klagte über seine Traurigkeit, seine Depressionen, und es entwickelte sich folgender Dialog:
„Herr Professor, ich weiß nicht mehr, was ich machen soll. Ich bin nur mehr traurig, und ich kann mir nicht erklären, warum. Ich hab großen Erfolg im Beruf, und die Frauen mögen mich. Es gibt also eigentlich gar keinen Grund für meine Tristesse. Aber ich komm halt nicht los davon.“
„Mein lieber Freund, es wäre die beste Therapie für Sie, wenn Sie einmal von ganzem Herzen lachen könnten, damit Sie endlich einmal einsehen, daß das Leben auch wunderschön sein kann und nicht ganz so traurig, wie Sie sich das ständig einzureden versuchen.“
„Ja, aber worüber soll ich den lachen, Herr Professor?“
„Hören Sie zu, ich habe zwei Karten für die heutige Vorstellung im Theater an der Wien. Man spielt dort den „Zigeunerbaron“ mit der Musik vom Strauß. Eine der beiden Karten bleibt mir übrig, weil meine Frau nicht mitkommen will. Deshalb schlage ich Ihnen vor, daß Sie mit mir hingehen und wir werden uns gemeinsam den Girardi anschauen. Der ist doch der beste Komiker in ganz Österreich. Sie werden sich ganz sicher vor Lachen schütteln, und dann sieht die Welt für Sie gleich wieder ganz anders aus.“
„Allerdings gehe ich heute Abend ins Theater an der Wien, aber wissen S‘, Herr Professor, über den Girardi werd ich sicher nicht lachen. Der bin ich nämlich selber.“