Egon Friedell

Post vom Kollegen

Egon Friedell (Geburtsname Egon Friedmann, * 21.1.1878 in Wien; † 16.3.1938 ebenda; rechtsgültig geänderter Name) war ein österreichischer Journalist und Schriftsteller, der als Dramatiker, Theaterkritiker und Kulturphilosoph hervortrat. Außerdem wirkte er als Schauspieler, Kabarettist und Conférencier.
1908 wurde Friedell mit seinem Sketch „Goethe“ bekannt. Später leitete er das Kabarett „Die Fledermaus“. Ab 1913 spielte er bei Max Reinhardt in Berlin, Salzburg und Wien. Sein bekanntestes Hauptwerk ist „Kulturgeschichte der Neuzeit“. 1938, als zwei SA-Männer in seine Wohnung eindrangen beging er Selbstmord, indem er sich aus dem dritten Stock stürzte. Seine letzten Worte waren an die Passanten auf dem Gehsteig gerichtet: „Treten Sie zur Seite!“



Der berühmte Kaffeehausliterat und Freund Friedells Anton Kuh war – so wie viele seiner Kollegen – unter dauerndem finanziellen Druck, um nicht zu sagen stets pleite. Normalerweise schrieb er in solchen Situationen einen Zeitungsratikel, den er dann rasch verkauft hätte, oder zumindest bis zur Veröffentlichung einen Vorschuß hätte kassieren können. Oft genug hatte er Vorschuß erhalten ohne daß die Artikel dann veröffentlicht wurden. Allerdings fiel ihm nichts ein, worüber er hätte schreiben können. Also tippte er ein bereits veröffentlichtes Feuillton Friedells ab, setzte seinen Namen darunter und verkaufte den Artikel im Glauben, daß auch dieser Beitrag nicht veröffentlicht wird. Zu seinem Entsetzen mußte er allerdings feststellen, daß just dieser Beitrag gedruckt wurde. Bald schon erhielt er Post von Egon Friedell:
„Sehr geehrter Herr!
Überrascht stellte ich fest, daß Sie meine bescheidene Erzählung
Kaiser Joseph und die Prostituierte unverändert, nur unter Hinzufügung der Worte ‚Von Anton Kuh‘, veröffentlicht haben. Es ehrt mich selbstverständlich, daß Ihre Wahl auf meine kleine launige Geschichte gefallen ist, da Ihnen doch die gesamte Weltliteratur seit Homer zur Verfügung stand. Ich hätte mich deshalb gerne revanchiert, aber nach Durchsicht Ihres Gesamtwerks fand ich nichts, worunter ich meinen Namen hätte setzen mögen.“

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