Aus Sicht der Kirche…
Hans Hotter (* 19.1.1909 in Offenbach am Main; † 6.12.2003 in München) war ein deutscher Opernsänger und Gesangspädagoge. Hotters Debüt war in Troppau. Danach war er vor allem in Strauss- und Wagner-Werken auf den großen Bühnen der Welt zu sehen und zu hören.
Es waren Proben. In der Wiener Staatsoper sollte Hans Pfitzners Oper „Palestrina“ gegeben werden. Hotter spielte den „Kardinal Borromeo“. Und im dritten Akt ging dieser „Kardinal“ bei der Begegnung mit einer anderen Figur der Oper auf die Knie.
Dem Staatsoperndirektor Franz Salmhofer paßte das gar nicht und umgehend wies er Hotter zurecht:
„Also lieber Hansl, des mit dem Niederknien vor dem Palestrina… Des is nix! A ehrwürdiger Kardinal geht net vor an weltlichen Musikanten in die Knie. Gell, des laß ma weg! I hab ja sonst die gaunze katholische Kirch’n gegen mich!“
Scheinbar waren Hotter die eindringlichen Worte Salmhofers herzlich egal, denn schon bei der Premiere kniete er wieder. Und unter den Zuschauern war niemand geringerer als der Erzbischofkoadjutor Franz Jachym. Und genau dieser hohe kirchliche Würdenträger kam nach der Vorstellung hinter die Bühne um den Beteiligten zu ihrem Werk zu gartulieren. Zu Hotter meinte er in freundlichem Ton:
„Herr Hotter! Ich möchte Ihnen sagen, daß Sie für uns eine ganz gefährliche Konkurrenz darstellen!“
Salmhofer stand die ganze Zeit neben den beiden Herren, schaltete sich nun ein und fragte den Geistlichen:
„Sagen Sie, Eminenz, hat es Sie gestört, daß der Kardinal vor dem Palestrina kniet?“
Darauf der Bischof:
„Im Gegenteil! Er kniet nicht vor dem Menschen, sondern vor dem göttlichen Funken in ihm!“
Nun neigte sich Salmhofer zu Hotter und sagte ihm leise ins Ohr:
„No, was hab i Dir g`sagt? Knien mußt Du! Knien!“