Der Jubel über den Zweifrontenkrieg

Während der ukrainischen Offensive zerstörtes Gebäude im Oblast Kursk.

Mit unverhohlener Freude wird seit dem 6. August über die ukrainische Attacke auf russisches Staatsgebiet berichtet. Nur wenig brauchbare und vertrauenswürdige Daten und Fakten dringen vom Kampfgebiet zu uns in „den Westen“.
Wir beziehen uns bei unserer Analyse des (noch lange nicht abgeschlossenen) Vorgangs auf die Daten, die uns von bislang glaubwürdigen Quellen zugetragen wurden.
Zur Orientierung: Der angegriffene russische Oblast Kursk hat etwa 30.000 km². Das ist mehr als ein Drittel der Gesamtfläche Österreichs. – Etwas weniger als die gemeinsame Fläche von Ober- und Niederösterreich. Die Kampfhandlungen, bzw. die von ukrainischen Kräften kontrollierten Gebiete erstrecken sich auf rund 1.000 km². Die ukrainischen Kräfte sind am 6. August mit drei Brigaden – etwa 3.000 Mann – zügig über die Grenze vorgestoßen und haben wenig bis keinen Widerstand erhalten. Die spärlich stationierten russischen Kräfte flohen oder wurden gefangen genommen. In der Zwischenzeit wurden russische Kräfte herangeführt, die den Vormarsch erst gebremst, und nun mehr oder weniger gestoppt haben. Wie bereits erwähnt, gibt es kaum verifizierbare Nachrichten aus diesem Frontgebiet.

Doch was will die Ukraine mit dieser Operation erreichen?
Unumwunden gab der ukrainische Präsident Selenskij zu, daß ein Zweck der Operation die Gefangennahme von möglichst vielen Russen sei. Ein seltsames militärisches Ziel, das mehr an Geiselnahme zu erinnern vermag.
Ein weiterer Punkt ist natürlich das Signal an die Sponsoren aus dem Westen, daß die ukrainische Armee noch immer handlungsfähig sei und dem Gegner schweren Schaden zufügen kann.
Noch ein Ziel war es, eine Situation herzustellen, in der die russischen Streitkräfte gezwungen sind, Truppen aus dem Donbass abzuziehen und damit die dort in schweren Abwehrkämpfen verblutenden ukrainischen Einheiten zu entlasten. Dieser Plan ging nicht auf. Die russische Armee geht nun in Kursk täglich stärker ins Gefecht und hat den Druck am Donbass massiv erhöht.
Die ukrainischen Kräfte haben einen Achtungserfolg hinlegen können, der militärisch gesehen Bewunderung abringen muß. Strategisch wird die Aktion eher nach hinten losgehen. Die Ukraine hat bekannterweise viel zu wenig Truppen, hat sich aber eine zweite Front eröffnet. Die russische Föderation hat noch nicht einmal eine Teilmobilisierung der eigenen Reservisten gestartet, kommt nach wie vor ganz gut mit Wehrpflichtigen und ausländischen Freiwilligen über die Runden. Wenn die nächsten russischen Schritte eine Mobilisierung weiterer Kräfte darstellen, kann dies eine weit schärfere und vor allem schnellere Vorgangsweise der russischen Truppen bedeuten. Man darf auch nicht damit rechnen, daß die in Kursk zum Gegenangriff angetretenen Truppen an der ukrainischen Grenze Halt machen werden. Sie werden durchmarschieren, oder eine Front aufbauen, die wieder unzählige im Donbass auf ukrainischer Seite benötigte Einheiten bindet.
Wir betonen hier, daß es sich hier um Vermutungen, keinesfalls um Prognosen handelt. Aber es sollte nachvollziehbar sein, daß diese Militäroperation eher den schlafenden russischen Bären aufweckt, statt weiter ruhen zu lassen.

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