Blick durch Europa
Seit Wochen wiederholen sich Bilder des Schreckens am Mittelmeer. Die italienische Insel Lampedusa, die näher an der tunesischen Küste als am italienischen Festland liegt, wird als strategisches Ankunftsziel von Schleppern und ihren Komplizen mißbraucht.
Nach wie vor sind Tausende und Abertausende von falschen Hoffnungen geleitete und falschen Versprechen aufgesessene Menschen auf der Jagd nach einem Glück in Europa, das es einfach nicht gibt.
Und es sind nicht die von Elend und Krieg vertriebenen Familien, die da anlanden, sondern die Teile afrikanischer Gesellschaften, die am stärksten, am durchsetzungsfähigsten sind, wenn es darum geht, sich irgendwo kurzfristig einen Platz zu erdrängeln, ein paar Tausend Dollar zu verdienen. Es sind nicht die bestausgebildeten ihrer Länder, sondern oft die Rücksichtslosen, die meinen mit Frechheit und Beharrlichkeit ans Ziel zu gelangen. Das Ziel sind Länder wie Deutschland oder Österreich. Nach wie vor. Schweden und Dänemark bspw, ehemalige „Premium-Destinationen“ für Migranten haben ihren Reiz verloren, seit man sie dort nicht mehr mit Bargeld und beinahe kitschiger Aufmerksamkeit überschüttet.
Europäische Politiker trifft man neuerdings immer häufiger auf Lampedusa. Man steht am Hafen und blickt mit betretener Miene aufs Meer hinaus. Über die angelegten Schlepperkähne, die nun ihren Dienst getan haben. Man gibt sich nicht einmal die Mühe, diese Selbstmordfahrzeuge, diese Werkzeuge krimineller Menschenhändler zerstören zu lassen.
Aber man schwafelt von Kontrollen. Die Grenzen sollen kontrolliert werden. Wie beruhigend hört sich das an! Kontrollieren. Kontrolle.
In Wahrheit handelt es sich um nichts weiter als die Bürokratisierung des politische gewollten Kontrollverlusts, da man die uneingeladen ankommenden Menschen aus Nigeria, Burkina Faso, Kamerun, Somalia, Algerien, Afghanistan, … nicht zurückschickt oder zurückbringt, sondern die Annahme und Verteilung einfach früher organisiert.
Massiv ist der Widerstand gegen echte Grenzkontrollen, die – so wie der Begriff vermittelt – Kontrolle darüber zurückgeben, wer die Grenze überschreitet, und wer eben nicht.
Man zeichnet absurd grausame Szenarien von Marinefahrzeugen, die auf Flüchtlingsboote schießen würden und einem Grenzschutz, der nichts als eine Horde blutrünstiger Mörder darstellt, die – so das gängige Narrativ – fürsorgliche Mütter und großäugige Kinder mit Waffengewalt abwehren und ihre Boote auf den Meeresgrund schickt.
Das australische System „No Way“ wird gar nicht erst als Erfolgsmodel erkannt und wahrgenommen. Nichts, was Realität ist, wird von den verantwortlichen Damen und Herren aus Brüssel ernst genommen.
Erst die Winterstürme werden Entspannung nach Lampedusa bringen.
Titel-/Vorschaubild: wikimedia / flickr / Luca Siragusa/ cc by 2.0