Hiller. Das fotografische Gedächtnis des Bregenzerwalds – vorarlberg museum

Das sich über 70 Jahre erstreckende Archiv der Fotografenfamilie Hiller aus dem Bregenzerwald bildet die Basis für eine neue Sonderausstellung im vorarlberg museum. Seit 27. Mai sind dort 5.000 Landschaftsaufnahmen, Familienporträts und Postkarten zu sehen, die das Leben im Tal und seine Veränderung dokumentieren. Parallel dazu erzählt die von Arno Gisinger kuratierte Schau die Geschichte der Fotografie im 20. Jahrhundert und reflektiert unseren heutigen Umgang mit Fotografie.

Die Ausstellung „Hiller. Das fotografische Gedächtnis des Bregenzerwalds“ geht auf eine Schenkung der Familie Hiller-Berchtel zurück, die dem Bregenzerwald Archiv den gesamten Negativ-Nachlass schenkte. In Zusammenarbeit mit der Vorarlberger Landesbibliothek und dem vorarlberg museum wurde der 100.000 Fotos umfassende Bestand aufgearbeitet und digitalisiert. Der 1887 geborene Johann Kaspar Hiller kam als Bildhauer zur Fotografie, als Soldat im Ersten Weltkrieg machte er über 150 Fotografien von der italienischen Front. Nach der Hochzeit 1922 mit Maria Dünser richtete er im Haus der Schwiegereltern in Bezau ein Fotostudio ein, das auf lange Zeit das einzige im Tal war.

Vor den gemalten Hintergründen ließen sich aus dem ganzen Tal Menschen zur Geburt, zur Erstkommunion, Hochzeit oder nach der Musterung ablichten. Auch Fotos am Sterbebett waren üblich. Der aufkommende Tourismus ab den 1930er-Jahren brachte durch Postkarten, Hotelfotos und Touristen, die sich in Tracht fotografieren lassen wollten, eine weitere Einnahmequelle. Alle fünf Kinder erlernten das Fotografenhandwerk, Sohn Rudolf fiel im Zweiten Weltkrieg. Seine Aufnahmen aus Frankreich sind in der Schau jenen des Vaters aus dem Ersten Weltkrieg gegenübergestellt, eingebettet in idyllische Landschaftsaufnahmen. Nach dem Tod von Johann Kaspar 1946 übernahm Sohn Kaspar den Betrieb, er starb jedoch 1958 früh. Seine Schwester Hedwig Berchtel führte daher 1959 den Betrieb fort, sie legte als erste Frau in Vorarlberg die Fotografenmeisterprüfung ab. Als Frau in einer Männerdomäne führte sie das Studio, das sie Anfang der 1960er-Jahre durch den damals noch unbekannten Architekten Leopold Kaufmann umbauen ließ, bis Mitte der 1990er-Jahre.

„Mir gefällt besonders, dass es eine Ausstellung ist, die die Menschen zeigt“, so Museumsdirektor Andreas Rudigier und lobte die große Initiative der Kooperationspartner und der Familie. Katrin Netter, Leiterin des Bregenzerwald Archiv, berichtete über hunderte Arbeitsstunden, bis der Bestand für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnte. So wurden tausende Originalglasplatten, mehrere hundert Landschaftsaufnahmen und mehrere tausend Studioporträts für die Digitalisierung vorbereitet. Netter sprach von einem „einzigartigen Schatz“, denn die Fotografenfamilie habe die abgebildeten Personen, Daten und Orte akribisch aufgezeichnet, was es in Zusammenarbeit mit Ortschronisten ermöglichte, den Lebenszyklus von Personen nachzuvollziehen.

Fast 4.000 Fotos aus der Sammlung finden zudem Eingang in das rund 300.000 Aufnahmen umfassende Fotoportal „volare“ der Vorarlberger Landesbibliothek, das im vergangenen Jahr fast eine Mio. Zugriffe verzeichnete, wie Leiter Thomas Feurstein berichtete. Für die Ausstellung versammelte der in Paris lebende Vorarlberger Fotograf und Künstler Arno Gisinger rund 6.000 Bilder aus der Sammlung. Die Fotografenfamilie Hiller habe nicht nur die Geschichte des Tals dokumentiert und eine soziale Aufgabe erfüllt, sondern auch das touristische Bild des Bregenzerwalds und seiner Lebenswelt durch die fotografische Konstruktion von Wirklichkeit geprägt. „Sie gaben dem Bregenzerwald ein Bild“, so Gisinger. Darüber hinaus lade die Schau ein, über seinen Umgang mit Handyfotos nachzudenken. Über Handystationen kann man sich selbst im Studio Hiller inszenieren. Zu sehen ist die Schau bis April 2025.



Bis 01.04.2025
Di, Mi und Fr – So, 10:00 – 18:00
Do, 10:00 – 20:00

Vorarlberg Museum
Kornmarkt 1
6900 Bregenz
+43-5574-46050
info@vorarlbergmuseum.at
http://www.vorarlbergmuseum.at


Titel-/Vorschaubild / Ausstellungsansicht © Daniel Furxer

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