In seiner wachsenden Porträtsammlung wichtiger albanischer Persönlichkeiten, in der sich unter anderem Mutter Theresa befindet, hat der Linzer Künstler Gazmend Freitag dem Schauspieler Alexander Moissi einen Ehrenplatz zugewiesen. Denn als Exil-Albaner, der 1990 vor den Zwangsmaßnahmen des serbischen Regimes im Kosovo flüchtete, fühlt sich der bei Selbstdefinition österreichische Maler noch immer seiner verlorenen Heimat verbunden. Und findet sich in jenen Menschen wieder, deren Lebensweg in fremde Länder geführt und ihnen letztendlich Anerkennung und Erfolg gebracht hat.
Alexander Moissi (* 2. April 1879 in Triest, Österreich-Ungarn; † 22. März 1935 in Wien) war da Kind einer italienischen Mutter und eines albanischen Geschäftsmannes. Zwischen 1910 und 1930 galt er als berühmtester Schauspieler im deutschsprachigen Raum, wegen seiner vielen Tourneen auch als Weltstar.
Franz Kafka schrieb ins Tagebuch: „Runde Wangen und doch ein kantiges Gesicht. Weiches Haar, mit weichen Handbewegungen immer wieder gestrichen. Trotzdem so viele Melodien zu hören waren, die Stimme gelenkt schien wie ein leichtes Boot im Wasser, war die Melodie der Verse eigentlich nicht zu hören. Manche Worte wurden von der Stimme aufgelöst, sie waren so zart angefasst worden, dass sie aufsprangen und nichts mehr mit der menschlichen Stimme zu tun hatten …“ (Prag, am 28. Februar 1912).
Obwohl Alexander Moissi und Gazmend Freitag ein Jahrhundert trennt, verbindet die beiden eine tiefe Hingabe an das Künstlerleben. Und dass die Sprachmuster der Kindheit sie nie losgelassen haben.
Bei Moissi war es sein italienischer Akzent, geerbt von seiner Mutter, der seine Sprache und sein Singen bestimmte – den einen zur Freude, den anderen zum Spott.
Gazmend Freitag, der nach seiner Flucht aus dem Kosovo zuerst in Deutschland lebte und sich seit 2004 in Linz, Österreich, erfolgreich etabliert hat, spricht noch immer das für die innere Zerrissenheit der Diaspora Kosovaren so typisch holprige Deutsch. Auch seine Bildsprache ist von der zurückgelassenen Heimat geprägt ─ seine Gemälde von der farbigen Üppigkeit und den sinnlichen Details einer osteuropäischen Dorfkindheit und Kleinstadtjugend, seine Illustrationen von einer Jahrhunderte alten Geschichte der Unterdrückung und des Widerstandes.
Mit dem Verlust bringt die Fremde aber auch die Möglichkeit, das Vertraue mit neuen Augen zu betrachten und den künstlerischen Sprachschatz zu erweitern. So hat sich die Bildsprache des vorwiegend autodidaktischen Künstlers von stark impressionistisch beeinflussten Menschenporträts über eine farbintensive Üppigkeit hin zu einer reduzierteren Moderne entwickelt. Zu finden in Gazmend Freitags neuesten Naturporträts, in denen Farbe und Struktur sich gleichwertig ergänzen und die dargestellten Bäume und Blüten mit zauberhafter Leichtigkeit in den Mittelpunkt stellen.
Bilder © Gazmend Freitag
Text: Monika Grill